Haushaltskrise nach dem BVerfG-Urteil – Ist der Bundeshaushalt 2024 wirklich beschlussfähig?

Am 21.11.2023 findet eine Sachverständigenanhörung zu den Auswirkungen des BVerfG-Urteils vom 15.11.2023 (2 BvF 1/22) auf die Haushaltsplanung 2024 statt, ab dem 28.11.2023 will der Bundestag die Einzelhaushaltspläne und das das Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 verabschieden. Aber: Ist der Bundeshaushalt 2024 wirklich beschlussreif?

Hintergrund

Es war ein Erdbeben: Am 15.11.2023 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Umwidmung von Corona-Krediten für Klimaprojekte im Nachtragshaushaltsgesetz des Bundes für 2021 für nichtig erklärt. Die Folge: Der Umfang des durch Umwidmung entstandenen Klima- und Technologiefonds (KTF) um 60 Milliarden Euro reduziert. Soweit hierdurch bereits eingegangene Verpflichtungen nicht mehr bedient werden können, muss der Haushaltsgesetzgeber dies anderweitig kompensieren. Inzwischen hat die Bundesregierung deshalb auch deshalb die Haushaltssperre dem Vernehmen auf nahezu den gesamten Bundeshaushalt 2023 ausgeweitet: Bestehende Verbindlichkeiten werden zwar weiter eingehalten, neue Verpflichtungen dürfen aber nicht eingegangen werden.

Bundeshaushalt 2024 in der Klemme

Da der Bundeshaushalt 2024 auf dem Bundeshaushalt 2023 aufbaut, muss der Bundestag jetzt auch die komplexen haushaltsrechtlichen und finanzverfassungsrechtlichen Probleme lösen, die sich nach dem BVerfG-Verdikt auch für den Haushalt 2024 stellen. In der Expertenanhörung am 21.11.2022 hat etwa der Bundesrechnungshof (BRH) massive Bedenken gegen eine Verabschiedung formuliert, Verfassungsjuristen und Ökonomen haben ähnlich argumentiert. Fest steht jedenfalls, dass eine faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr unzulässig.

Welche Optionen für einen verfassungskonformen Haushalt bestehen also? Weiterlesen

Uneinigkeit der BFH-Senate: Bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge?

Mit einem am 2.11.2023 veröffentlichten Beschluss (BFH v. 16.10.2023 – V B 49/22 (AdV)) rückt der V. BFH-Senat von seiner bisherigen Ansicht ab und hat keine ernstlichen Zweifel mehr an der Verfassungsmäßigkeit verwirkter Säumniszuschläge, auch soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind. Der VIII. Senat (v. 22.9.2023 – VIII B 64/22 (AdV)) ist aber anderer Ansicht. Was ist bei so viel Uneinigkeit zu tun?

Hintergrund

Säumniszuschläge sind vom Steuerpflichtigen zusätzlich zur Steuer zu entrichtende steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO), wenn der Steuerpflichtige eine festgesetzte bzw. angemeldete Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet (§ 240 Abs. 1 S. 1 AO). Sie sind ein Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuern. Sie dienen dazu, den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anzuhalten. Sie stellen darüber hinaus eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung und einen Ausgleich für angefallenen Verwaltungsaufwand dar. Seit der Entscheidung des BVerfG v. 8.7.2021 (1 BvR 2237/14; 2422/17) zur Verfassungswidrigkeit der Finanzamtszinsen (§233a; 238 AO) wird auch die Angemessenheit von Säumniszuschlägen in Zweifel gezogen.

Divergierende BFH-Entscheidungen häufen sich

Inzwischen gibt es in der jüngsten Vergangenheit mehrere divergierende BFH-Entscheidungen in Aussetzungsverfahren zum Säumniszuschlag.

Der VIII. Senat des BFH hat mit Beschluss vom 22.9.2023 (VIII B 64/22 (AdV)) noch ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge, die nach dem 31.12.2018 entstanden sind, bejaht und daher die Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen gewährt. Bis dahin sah das auch der V. BFH-Senat so (BFH vom 23.5.2022 V B 4/22 (AdV)).

In zwei Hauptsacheverfahren hat der VII.Senat verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Säumniszuschlags verneint (BFH v. 23.8.2022 – VII R 21/21 und BFH v. 15.11.2022 – VII R 55/20). Am 26.10.2023 und 2.11.2023 wurden jetzt neue Entscheidungen des X. und V. BFH-Senats veröffentlicht, in denen verfassungsrechtliche Zweifel ab 2019 nunmehr verneint werden (BFH v. 13.9.2023 – X B 52/23 (AdV); BFH v. 16.10.2023 V B 49/22 (AdV)).

Der V. Senat des BFH macht eine Rolle rückwärts und verabschiedet sich von seinen Zweifeln, die er am 23.5.2022 noch geäußert hat. Er begründet das – im Anschluss an den VII.BFH-Senat – insbesondere damit, dass die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen nicht Haupt-, sondern nur Nebenzweck sei (BFHE 278, 403, BStBl II 2023, 621, Rz 23 und BFHE 278, 1, BStBl II 2023, 304, Rz 32 f.), und sich beim Säumniszuschlag kein konkreter Anteil bestimmen lasse, der als Zins behandelt werden könne. Das gelte – und das ist neu -auch um Säumniszuschläge für Entstehungszeiträume nach dem 31.12.2018.

Was sollten Steuerpflichtige in dieser Situation tun?

Bei einer derart divergierenden „summarischen Beurteilung“ der Rechtslage liegen  „ernstliche Zweifel“ iSd. § 69 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 2 FGO für eine Aussetzung der Vollziehung eigentlich auf der Hand. Dass die Mehrheit der BFH-Senate bislang dennoch die Aussetzung der Vollziehung versagt, ist in der Praxis kaum vermittelbar und klingt wenig einleuchtend.

Was sollten betroffene Steuerpflichtige bzw. deren steuerlichen Berater in dieser Unsicherheit also tun? Entsprechende Verfahren und Abrechnungsbescheide über Säumniszuschläge sind nach Möglichkeit offenzuhalten, bis die angesprochenen Rechtsfragen endgültig geklärt ist. Die Erfolgsaussichten für Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sollte der BFH einheitlich beantworten – notfalls durch ein Machtwort des Großen Senats.

 

Bundestag beschließt Maßnahmen zur Dämpfung der Energiekosten

Der Bundestag auf Vorschlag der Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Dämpfung der Energiekosten für Wirtschaft und Bürger beschlossen, allerdings nach den Ausschussberatungen mit einigen Modifikationen. Die Fachverbände üben Kritik.

Hintergrund

Mit dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz – EWPBG (BGBl 2022 I S. 2560) und dem Strompreisbremsengesetz – StromPBG (BGBl 2022 I S. 2512) hat der Bund ab Januar 2023 weitere Entlastungen bei Erdgas, Fernwärme und Strom auf den Weg gebracht (Jahn, NWB 2022, 3736). Gas-/Wärme- bzw. Strompreisbremse gelten im Zeitraum vom 1.3.2023 bis Jahresende. Hinzu kamen weitere Entlastungsmaßnahmen mit der Differenzpreisanpassungsverordnung (DABV), einer wesentlichen Stellschraube der Preisentwicklung an den Energiemärkten, oder der reduzierten Senkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen.

Verkürzte Verlängerung der Energiepreisbremsen und Verlängerung der Differenzpreisanpassungsverordnung bis Ende März 2024

Am 16.11.2023 hat der Bundestag der Verordnung der Bundesregierung zur Verlängerung der Energiepreisbremsen – Preisbremsenverlängerungs-Verordnung (PBVV/BT-Drs. 20/9062, BT-Drs. 20/9243 Nr. 2.3) mit Änderungen zugestimmt. Danach werden die zum Jahresende auslaufenden Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme um vier Monate bis 31.3.2024 verlängert, und nicht wie zunächst vorgesehen bis 30.4.2024 (Jahn, NWB 2023 S. 3123); ferner wird die Differenzpreisanpassungsverordnung (DABV v. 17.3.2023, BGBl 2023 I Nr.81) bis 31.3.2024 verlängert. Dazu hat der Ausschuss für Klimaschutz und Energie eine Beschlussempfehlung (BT Drs.20/9346) und der Haushaltsausschuss gem. § 96 der GeschO einen Bericht zur Finanzierbarkeit (BT-Drs. 20/9370) vorgelegt. In den Ausschussberatungen wurde deutlich, dass ein zeitlicher Gleichlauf der Preisbremsen zum Entwurf der Verlängerung des Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) der EU angezeigt ist und auch die DABV verlängert werden muss. Die Änderungen beinhalten die Verlängerung der Energiepreisbremsen sowie zusätzlich der DABV bis zum 31.3.2024. Zudem soll die Strompreisbremse nicht für Letztverbraucher verlängert werden, soweit dieser Strom an einen Dritten weiterleitet.

Zum Verständnis: Nach § 48 Abs. 2 Strompreisbremsegesetz (StromPBG) sowie nach § 39 Abs. 3 Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) bedürfen die aufgrund des § 48 Abs. 2 StromPBG bzw. § 39 Abs. 1 und 2 EWPBG erlassenen Rechtsverordnungen der Zustimmung des Bundestages. Der Bundestag kann seine Zustimmung davon abhängig machen, dass seine Änderungswünsche übernommen werden. Übernimmt der Verordnungsgeber die Änderungen, ist eine erneute Beschlussfassung durch den Bundestag nicht erforderlich. Die Verordnung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, steht aber unter dem beihilferechtlichen Vorbehalt, dass die EU-Kommission die erforderliche Genehmigung erteilt, die vom BMWK im Bundesgesetzblatt bekannt zu machen ist.

Abgesenkte Umsatzsteuer auf Gas bis Ende Februar 2024

Die abgesenkte Mehrwertsteuer für Gas und Wärme soll nun doch bis Ende Februar (29.2.2024) gelten und nicht schon – wie von der Bundesregierung vorgeschlagen – am 31.12.2023 auslaufen. Nach einem Beschluss des Bundeskabinetts v. 11.10.2023 sollte die Rückkehr zum Umsatzsteuer-Regelsatz von 19 % auf Gas  bereits ab dem 1.1.2024 erfolgen, also drei Monate früher als im Gesetz (§ 28 Abs. 5, 6 UStG i. d. F. des StSenkG v. 19.10.2022) bislang vorgesehen. Die um zwei Monate verlängerte Frist zur Rückkehr von 7% auf 19% Umsatzsteuer geht aus einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Wachstumschancengesetz (BT-Drs. 20 /9341, S. 125) hervor, über das der Bundestag am 17.11.2023 beschlossen hat.

Berechtigte Verbändekritik der Energie- und Kommunalversorger

Die Verbände der Energiewirtschaft und Kommunalversorger haben die „in letzter Sekunde“ erfolgten Fristenänderungen kritisiert: So verständlich und sinnvoll es sei, die Umsatzsteuersenkung auf Gas und Wärme nicht – wie zwischenzeitlich geplant – bereits zum 1.1.2024 zu erhöhen, so unverständlich sei, dass deren Laufzeit nicht an die der Energiepreisbremsen angepasst wurde, sondern einen Monat früher enden soll. „Die Vorschläge mit zwei Umstellungsterminen im Vier-Wochen-Abstand machen das Ganze zusätzlich und unnötig kompliziert und für die Verbraucherinnen und Verbraucher wenig nachvollziehbar: Steuern erhöhen, weil die Krise vorbei sei und gleichzeitig Preisbremsen verlängern, weil die Krise noch anhalte – das widerspricht sich.“ Dies erhöhe den Aufwand bei Abrechnungen. Diese Kritik ist plausibel und nachvollziehbar.

(Stand 17.11.2023 – 12.30 Uhr)

Weitere Informationen:

Warten auf´s Christkind ohne happy end: Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt wieder auf 19 Prozent

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird zu Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent angehoben. Darauf verständigte sich die Ampel-Koalition. Der Kampf der Verbände war umsonst. Was hat das für Folgen?

Hintergrund

Ich hatte wiederholt im Blog berichtet: Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz durch das Corona-Steuerhilfegesetz (BGBl 2020 I S. 1385) auch für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden. Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis 31.12.2023. Im Bundestag gab es zahlreiche Initiativen der Opposition, die Mehrsteuersenkung auf Speisen dauerhaft zu entfristen oder wenigstens um ein weiteres Jahr zu verlängern. Daraus wird jetzt nichts: Die Umsatzsteuer auf Dienstleistungen und Speisen wird ab 1.1.2024 wieder auf den Regelsteuersatz steigen.

Warum hat sich die Regierungsmehrheit den Senkungsplänen widersetzt? Weiterlesen

Wie geht’s mit dem Deutschlandticket weiter?

Am 6.11.2023 haben sich Bund und Länder darauf verständigt, das sog. Deutschlandticket im kommenden Jahr beizubehalten. Die finanzielle Zukunft des Deutschlandtickets ist damit gesichert – aber nur vorerst.

Hintergrund

Das Deutschlandticket gilt ab 1.5.2023 zum Einführungspreis von 49 Euro im monatlichen kündbaren digitalen Abonnement. Ziel ist es, die Attraktivität des Regionalverkehrs zu steigern, einen Anreiz zum Umstieg auf den ÖPNV zu schaffen, Energie zu sparen – und Bürgerinnen und Bürger finanziell zu entlasten. Mit dem Ticket im monatlich kündbaren Abo kann man bundesweit im Nah- und Regionalverkehr fahren. Im Jahr 2023 trägt der Bund die Hälfte der Mehrkosten, die den Ländern durch das neue Ticket entstehen. In einer Bundesrats-Entschließung vom 31.3.2023 (BR-Drs.109/1/23) haben die Länder bereits auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Finanzierung dauerhaft zu sichern. Der Bund müsse auch in den Jahren 2024 und 2025 einen mindestens hälftigen Nachschuss leisten, sofern die tatsächlichen Kosten des Deutschlandtickets höher ausfallen als vom Bund angenommen. Seitdem wird gestritten: Um`s Geld!

Beschluss der MPK vom 6.11.2023

In der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder mit dem Bundeskanzler (MPK) wurde jetzt eine vorläufige finanzielle Einigung erzielt – aber nur für 2024. Bund und Länder zahlen jeweils 1,5 Mrd. Euro für die Jahre 2023 und 2024. Mittel für das Ticket, die in 2023 nicht abgerufen werden, sollen 2024 zur Finanzierung eingesetzt werden können, um die Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen zu kompensieren. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern sollen ein Konzept erarbeiten, wie das Deutschlandticket künftig ausgestaltet sein soll. Damit soll vermieden werden, dass Bund und Länder über ihre bisherigen Finanzierungszusagen hinaus Geld nachschießen müssen. Bund und Länder wollen sich über einen Mechanismus einigen, um den Ticketpreis fortzuschreiben. Weiterlesen

Bundesverfassungsgericht kippt Umwidmung von Corona-Krediten

Am 15.11.2023 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Umwidmung von Corona-Krediten für Klimaprojekte im Nachtragshaushalt des Bundes für nichtig erklärt. Welche Bedeutung hat die Entscheidung der obersten Verfassungshüter?

Hintergrund

Im Zuge der Corona-Pandemie hatte die Ampelregierung außerhalb des normalen Bundeshaushalts zur Finanzierung der Pandemie-Folgen zusätzliche Haushaltsmittel in Milliardenhöhe bereitgestellt. Wegen dieser Pandemie-Notkredite wurde damals – rechtmäßig – die Schuldenbremse des Grundgesetzes (GG) ausgesetzt. Mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (BGBl 2022 I S. 194 wurden das Gesamtvolumen des Bundeshaushalts 2021 von 547,7 Mrd, Euro auf 572,7 Mrd. Euro und das Volumen des EKF von 42,6 Mrd. Euro auf 102,6 Milliarden Euro erhöht. Nachdem absehbar war, dass diese Mitte nicht vollständig für die Finanzierung der Pandemie-Folgen benötigt werden, hat die Bundesregierung in 2022 60 Mrd. Euro im Bundeshaushalt des Vorjahres umgewidmet für Klimaprojekte und Ansiedlung von Zukunftstechnologien im inzwischen sog. Klima- und Transformationsfonds (ursprünglich Energie- und Klimafonds – EKF), der der Umstrukturierung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft dienen soll.

BVerfG erklärt Umwidmung für nichtig

Am 15.11.2023 hat das BVerfG (2 BvF 1/22) das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (BGBl 2022 I S.194) aus drei Gründen für nichtig erklärt: Weiterlesen

Unter Dach und Fach: Bundestag beschließt Mindeststeuergesetz

Mit den Änderungsvorschlägen des BT-Finanzausschusses hat der Bundestag am 10.11.2023 das Mindeststeuerrichtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen und damit die EU-Richtlinie fristgerecht umgesetzt.

Hintergrund

Ich habe mehrfach im Blog berichtet: Die Verschiebung von Gewinnen großer Konzernunternehmen in sog. Steueroasen waren den betroffenen Staaten schon seit Längerem ein Dorn im Auge. Deswegen hat sich die internationale Staatengemeinschaft auf Eckpunkte einer Mindestbesteuerung verständigt. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022 / 2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen kommt der Bundestag seiner europarechtlichen Umsetzungsverpflichtung nach. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs.20/8668) war vom Bundesrat begrüßt worden.

Bundestag beschließt Gesetz mit Änderungen

Der federführende Finanzausschuss hat allerdings im Gesetzgebungsverfahren noch Änderungen empfohlen (BT-Drs. 20/9190), denen der Bundestag in seinem Beschluss vom 10.11.2023 nun gefolgt ist. Weiterlesen

Schrumpfende Wirtschaft, steigende Zinslasten und rückläufiges Steueraufkommen – Naht das Ende großzügiger Ausgabenpolitik?

Rückläufiges Wirtschaftsaufkommen, hohe Inflation und sinkende Steuereinnahmen – die fetten Jahre sind vorbei. Kann sich der Staat noch eine großzügige Ausgabenpolitik leisten?

Hintergrund

Sogar noch während der Corona-Pandemie stand die deutsche Wachstumsampel auf Grün: Überproportionale Steuereinnahmen, eine geringe Inflation bei Niedrigzinsen und ein dickes Auftragspolster der deutschen Wirtschaft begünstigten diese Entwicklung. Doch dann wurden Lieferketten unterbrochen, der russische Angriffskrieg in der Ukraine ab Februar 2022 mit stark steigenden Energie- und Stromkosten führte zu einem dramatischen Einbruch, dessen Ende noch immer nicht absehbar ist – im Gegenteil. Weiterlesen

Bundesregierung einigt sich auf Strompreisentlastungen für die Industrie

Lange Zeit hat die Bundesregierung darum gerungen, wie der Industriestrompreis günstiger werden kann, weil große Industriekonzerne andernfalls abzuwandern drohen. Jetzt hat sich die Bundesregierung auf ein Konzept geeinigt.

Hintergrund

Seit Monaten herrschte innerhalb der Koalition Streit über Pläne für einen staatlich subventionierten Strompreis. Die Finanzierungspläne sahen dabei vor, die Finanzierung aus dem Klima – und Transformationsfonds darzustellen. Grüne und SPD-Bundestagfraktion waren für einen Industriestrompreis, FDP und der Bundeskanzler dagegen. Auch Unternehmensverbände und Gewerkschaften hatte eine unterschiedliche Sichtweise hinsichtlich eines staatlich regulierten Industriestrompreises. Jetzt steht die politische Einigung im Regierungslager.

Eckpunkte des Industriestrompreiskonzeptes

Am 9.11.2023 hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu senken und den Selbstbehalt bei der Strompreiskompensation zu streichen. Damit ist die Debatte um die Einführung eines Industriestrompreises in Deutschland beendet. Die Eckpunkte der Einigung sind folgende: Weiterlesen

Arbeit auf Abruf – Aufgepasst bei fehlender Arbeitszeitvereinbarung!

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 S. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart. Dies hat das BAG ganz aktuell entschieden (BAG v. 18.10.2023 – 5 AZR 22/23). Das kann für Arbeitnehmer nachteilig sein.

Worum ging es im Streitfall?

Die Klägerin war seit 2009 bei einem Unternehmen der Druckindustrie als „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Die Klägerin wurde – wie die übrigen auf Abruf beschäftigten Arbeitnehmerinnen – nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichem Umfang zur Arbeit herangezogen. Nachdem sich der Umfang des Abrufs ihrer Arbeitsleistung ab dem Jahr 2020 im Vergleich zu den unmittelbar vorangegangenen Jahren verringerte, meinte die Klägerin, ihre Arbeitsleistung sei in den Jahren 2017 bis 2019 nach ihrer Berechnung von der Beklagten in einem zeitlichen Umfang von durchschnittlich 103,2 Stunden monatlich abgerufen worden. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass dies die nunmehr geschuldete und von der Beklagten zu vergütende Arbeitszeit sei. Soweit der Abruf ihrer Arbeitsleistung in den Jahren 2020 und 2021 diesen Umfang nicht erreichte, verlangte sie Vergütung wegen Annahmeverzugs, § 615 S. 1 BGB. Die Klage blieb im Kern vor dem BAG erfolglos.

Wie hat das BAG entschieden? Weiterlesen