Befristete Beschäftigung – Reisekosten als Werbungskosten?

Neues Reisekostenrecht vom BFH bestätigt


Das steuerliche Reisekostenrecht, das seit dem Jahr 2014 den Werbungskostenabzug für nicht ortsfest eingesetzte Arbeitnehmer und Beamte einschränkt, ist verfassungsgemäß, so der BFH in seinem Urteil vom 10.04.2019 (VI R 6/17).

Zum Hintergrund

Steuerrechtlich sind beruflich veranlasste Fahrtkosten von nichtselbständig Beschäftigten grundsätzlich in Höhe des tatsächlichen Aufwands als Werbungskosten abziehbar. Abzugsbeschränkungen bestehen allerdings für den Weg zwischen der Wohnung und dem Arbeits- oder Dienstort. Werbungskosten liegen hier nur im Rahmen der sog. Pkw-Entfernungspauschale i.H.v. 0,30 € je Entfernungskilometer vor.

Dabei definiert das neue Recht den Arbeits- oder Dienstort als „erste Tätigkeitsstätte“ (bisher: „regelmäßige Arbeitsstätte“). Nach dem neuen Recht bestimmt sich die erste Tätigkeitsstelle anhand der arbeitsvertraglichen oder dienstrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber (§ 9 Abs. 4 EStG). Demgegenüber kam es zuvor auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers an. Diese Änderung ist für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG) sowie der Verpflegungspauschalen (§ 9 Abs. 4a Satz 1 EStG) von Bedeutung, so der BFH.

Streitfälle um befristet Beschäftigte

Der Kläger war seit Mai 2012 bei der GmbH als Helfer beschäftigt. Die GmbH verfügt über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Unter § 3 des Arbeitsvertrags wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er an verschiedenen Orten bundesweit eingesetzt werden kann. Er musste arbeitsvertraglich sein Einverständnis erklären, anderen Firmen zur Arbeitsleistung überlassen zu werden. Der Kläger wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Verleiher sich vorbehalte, aus betrieblichen Gründen Umsetzungen und Versetzungen vorzunehmen. Das Leiharbeitsverhältnis war zunächst bis zum 30.11.2012 befristet. Jeweils mit Ablauf der Befristung erfolgte jedoch eine Verlängerung des Leiharbeitsverhältnisses.

Seit November 2012 war der Kläger bei der AG eingesetzt, von der er im Mai 2015 in eine Festanstellung übernommen wurde.

Mit der Einkommensteuererklärung 2014 beantragte der Kläger die Berücksichtigung der Fahrtkosten zur AG als Reisekosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit mit 0,30 € je gefahrenen Kilometer. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrtkosten lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale. Es ging davon aus, dass keine Auswärtstätigkeit vorliege, weil der Kläger dem Entleihbetrieb dauerhaft zugeordnet gewesen sei.

Das Urteil des BFH

Mit seinem Urteilen (VI R 6/17) hat der BFH bei befristeten Arbeitsverhältnissen entschieden, dass eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer des befristeten Dienst- oder Arbeitsverhältnisses an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung tätig werden soll.

Erfolgt während der Befristung eine Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte, stellt letztere keine erste Tätigkeitsstätte mehr dar, weshalb ab diesem Zeitpunkt wieder die Dienstreisegrundsätze Anwendung finden.

Damit war der Kläger in der Sache (VI R 6/17) erfolgreich. Der BFH bestätigte hier die Klagestattgabe durch das Finanzamt, so dass dem Kläger Reisekosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit mit 0,30 € je gefahrenen Kilometer zustehen.

In einem zweiten Fall eines Gesamthafenarbeiters in Hamburg (VI R 36/16) kam es zu einer Zurückverweisung an das Finanzgericht, damit geprüft wird, ob überhaupt ortsfeste Einrichtungen vorliegen.


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