Corona-Krise: Gesetzgeber beschließt Entschädigung bei coronabedingter Kinderbetreuung

Mit dem Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (InfSchG) hat der Bundesgesetzgeber insbesondere eine staatliche Entschädigungspflicht für Eltern von Kindern bis 12 Jahren beschlossen, wenn wegen einer epidemischen Lage eine Kinderbetreuungseinrichtung durch behördliche Anordnung geschlossen werden muss. Hiervon können Eltern, aber auch Arbeitgeber finanziell profitieren.

Hintergrund

Ich habe berichtet: Die Auswirkungen der Corona-Krise sind eine gewaltige Bewährungsprobe für unsere Gesellschaft; für unser Gesundheitssystem, die deutsche Wirtschaft, aber auch für uns alle, die Bürger. 156 Mrd. Euro haben Bundestag und Bundesrat bislang in die Gesellschaft gepumpt, um den Corona-Folgen Herr zu werden: Schuldenbremse ade.

Der Deutsche Bundestag hat nun am 25.3.2020 “eine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ festgestellt. Um einer Destabilisierung des gesamten Gesundheitssystems vorzubeugen, wird die Bundesregierung mit dem “Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ in die Lage versetzt, schnell mit schützenden Maßnahmen einzugreifen, auch in finanzieller Hinsicht. Bislang gilt diesbezüglich:  Werden Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund des InfSchG vorübergehend geschlossen oder deren Betreten untersagt und müssen erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind, in diesem Zeitraum die Kinder selbst betreuen, weil sie keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen können, und erleiden sie dadurch einen Verdienstausfall, sind sie durch das Gesetz grundsätzlich finanziell nicht geschützt. Das wird jetzt geändert: Durch eine Ausweitung der Entschädigung für Sorgeberechtigte von Kindern im Alter bis 12 Jahren, die wegen Corona-bedingter Schließungsanordnung ihre Kinder nicht in Betreuungseinrichtungen unterbringen, sondern selbst versorgen müssen, zahlt der Staat eine Entschädigung. Das haben Bundestag am 25.3.2020 (BT-Drs.19/18111 v. 24.3.2020) und Bundesrat am 27.3.2020 (BR-Drs. 151/20) beschlossen.

Welche neuen Entschädigungsleistungen gelten?

Entgeltfortzahlung bei Kinderbetreuung:
Mit den Änderungen im InfSchG ist unter anderem eine Entgeltfortzahlung im § 56 InfSchG beschlossen worden in Fällen, in denen Corona-bedingt die Kinderbetreuungseinrichtungen schließen. Sorgeberechtigte erhalten eine Entschädigung in Geld. Anspruchsberechtigte haben gegenüber der zuständigen Behörde, auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber, darzulegen, dass sie im Zeitraum der Kinderbetreuung keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherstellen können. Ein Anspruch besteht aber nicht, soweit eine Schließung ohnehin wegen der Schulferien erfolgen würde.

Anspruchsberechtigung:
Anspruchsberechtigt sind erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und deshalb auf Hilfe angewiesen sind. Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch ist, dass im Zeitraum der Schließung bzw. des Betretungsverbots der Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sichergestellt werden kann. Eine „zumutbare Betreuungsmöglichkeit“ ist beispielsweise gegeben, wenn ein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung in der Kindertagesstätte oder der Schule besteht, auf den anderen Elternteil zurückgegriffen werden kann oder andere hierzu bereite Familienmitglieder/Verwandte die Betreuung des Kindes oder – bei Geschwistern – mehrerer Kinder wahrnehmen können. Personen, die einer Risikogruppe in Bezug auf die Infektion oder übertragbaren Krankheiten angehören, zu deren Verhinderung oder Verbreitung die Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen von der zuständigen Behörde vorübergehend geschlossen bzw. mit einem Betretungsverbot belegt wurden, gelten aber  nicht als „zumutbare Betreuungsmöglichkeit“ im Sinne dieser Regelung.

Besonderheiten bei Kurzarbeit:
Ein Anspruch auf Entschädigung entsteht nicht, soweit die Arbeitszeit von Sorgeberechtigten aufgrund der Anordnung von Kurzarbeit verkürzt ist.  Denn Sorgeberechtigte, die wegen Kurzarbeit keine Arbeitsleistung erbringen müssen, können ihre Kinder während dieser Zeit selber betreuen.

Vorrang anderweitiger Entgeltfortzahlung:
Ein Entschädigungsanspruch besteht nur, wenn allein die Schließung oder das Betretungsverbot der Schulen oder Betreuungseinrichtungen zu einem Verdienstausfall führen. Das ist z. B. nicht der Fall, wenn und soweit der Erwerbstätige bereits nach anderen gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder individualrechtlichen Grundlagen unter Fortzahlung des Entgelts oder einer der Höhe nach dem Entgelt entsprechenden Geldleistung der Arbeit fernbleiben kann. Soweit eine solche Möglichkeit besteht, ist diese prioritär zu nutzen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn dem sorgeberechtigten Erwerbstätigen noch Zeitguthaben zusteht. Auch dieses ist vorrangig abzubauen, um eigene Kinder zu betreuen. Soweit ein Arbeitgeber bislang ohne rechtliche Verpflichtung auf freiwilliger Basis das Gehalt fortgezahlt hat, führt die Neuregelung folglich auch zu einer Entlastung des Arbeitgebers von Personalkosten, da die Entschädigungsleistung an die Stelle des Gehalts tritt.

Nachweispflichten:
Anspruchsberechtigte haben gegenüber der zuständigen Behörde bzw. auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber darzulegen, dass eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind nicht besteht oder ggf. in welchem Umfang eine solche nicht besteht. Hierzu gehört beispielsweise die Darlegung, dass kein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung besteht und anderweitige Betreuungspersonen (z.B. Freunde, Verwandte) nicht zur Verfügung stehen. Informationen zu einem ggf. bestehenden Anspruch auf Kurzarbeitergeld oder zum Stand von Überstundenkonten sind dem antragstellenden Arbeitgeber selbst bekannt; diese Informationen muss der Anspruchsberechtigte offenlegen. Gleiches gilt, soweit die Möglichkeit des ortsflexiblen Arbeitens (z. B. Homeoffice) besteht und die Nutzung dem Arbeitnehmer zumutbar ist.

Dauer und Höhe des Entschädigungsanspruchs:
Der Entschädigungsanspruch ist der Dauer nach auf einen Zeitraum von längstens sechs Wochen und der Höhe nach auf 67 Prozent des dem erwerbstätigen Sorgeberechtigen entstandenen Verdienstausfalls bis zu einem Höchstbetrag von 2.016 Euro monatlich für einen vollen Monat begrenzt. Endet die Schließung oder das Betretungsverbot vor dem Ablauf des Zeitraumes, endet damit auch der Entschädigungsanspruch.

Zuständige Behörde:
Das InfSchG des Bundes wird durch die Länder ausgeführt, die zuständige Behörden und Verfahren bestimmen. In den Ländern sind regelmäßig die Gesundheitsämter die zuständigen Behörden, soweit die Länder nicht andere Zuständigkeiten geregelt haben.

Ab wann gilt die Neuregelung?

Nachdem der Bundestag das Gesetz am 25.3.2020 beschlossen und der Bundesrat am 27.3.2020 zugestimmt hat, ist es am am gleichen Tag vom Bundespräsidenten am gleichen Tag unterschrieben und ausgefertigt worden. Nach Verkündung gilt es ab 30.3.2020. Anspruchsberechtigte können also ab sofort unter den beschriebenen Voraussetzungen Entschädigungsanträge stellen, auch wenn die Bezugshürden hoch sind.

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