Doppelter Haushalt: Anerkennung trotz langjährigem Zusammenlebens am Arbeitsort

Nicht selten nimmt der auswärts beschäftigte Arbeitnehmer seine Ehefrau, seinen Lebenspartner oder seine Lebensgefährtin mit an den auswärtigen Beschäftigungsort und lebt mit dem Partner gemeinsam in der Zweitwohnung. Gleichzeitig behalten sie am Heimatort ihre Wohnung bei und kehren immer wieder dorthin zurück. Zuweilen arbeiten auch beide Partner gemeinsam an dem auswärtigen Tätigkeitsort. Für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist dann entscheidend, ob die Hauptwohnung noch als Lebensmittelpunkt anzusehen ist oder ob infolge des Zusammenlebens die Zweitwohnung zum Lebensmittelpunkt geworden ist. Das Zusammenleben in der Zweitwohnung ist für die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung so lange unschädlich, wie die Zweitwohnung nicht zum neuen Lebensmittelpunkt wird.

Aktuell hat das FG Münster entschieden, dass eine doppelte Haushaltsführung selbst dann anzuerkennen sein kann, wenn Ehegatten mit ihrem Kind viele Jahre zusammen am gemeinsamen Beschäftigungsort leben (Urteil vom 26.9.2018, 7 K 3215/16 E).

Der Fall:

Die miteinander verheirateten Kläger sind seit 1998 in Westfalen berufstätig und lebten hier gemeinsam mit ihrer Tochter in einer angemieteten 80 m² großen Wohnung. In ihrem mehr als 300 km entfernten Heimatdorf ist die Klägerin neben ihrer Mutter und ihrer Schwester Eigentümerin eines Bungalows (120 m² Wohnfläche). Dieser wird von der Mutter sowie von der Familie der Kläger bewohnt. Jedem stehen eigene Wohn- und Schlafzimmer zur Verfügung, den Klägern zusätzlich ein Kinderzimmer. Küche, Bad und Esszimmer nutzen sie gemeinsam mit der Mutter. Die Haus- und Zahnärzte der Kläger und der Tochter befinden sich in der Umgebung des Heimatdorfes und der Kläger ist dort Mitglied im Angelverein. Ferner trugen die Kläger laufende Kosten und Instandhaltungsmaßnahmen am Bungalow.

Die Kläger machten wöchentliche Fahrten in das Heimatdorf sowie die Unterkunftskosten am Beschäftigungsort als Werbungskosten geltend, was das Finanzamt ablehnte, da nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass der Lebensmittelpunkt inzwischen am Beschäftigungsort liege und die Kläger in ihrem Heimatdorf auch keinen eigenen Hausstand unterhielten. Zur Begründung ihrer Klage führten die Eheleute aus, dass sie sich – aufgrund des Schichtdienstes des Ehemannes gelegentlich auch getrennt – an sämtlichen freien Tagen im Heimatdorf aufhielten, dort auch die Tochter ihren Freundeskreis unterhalte und sie am Beschäftigungsort über keinerlei soziale Kontakte verfügten.

Das FG Münster gab der Klage statt. Die Kläger hätten in ihrem Heimatdorf einen eigenen Hausstand unterhalten und seien dort nicht als bloße Gäste der Mutter anzusehen. Dies ergebe sich aus dem Alter der Kläger (beide waren in den Streitjahren über 40), den von ihnen übernommenen laufenden Kosten und den durchgeführten außerordentlichen Instandhaltungsmaßnahmen (z.B. Hofpflasterung). Die Kläger hätten auch ihren Lebensmittelpunkt dort beibehalten. Zwar sei dies bei Verheirateten grundsätzlich nicht der Fall. Im Streitfall bestehe aber die Besonderheit, dass sich auch nach so langer Zeit das gesamte Privatleben der Kläger dort abspiele und sie sich sogar getrennt voneinander im Heimatdorf aufhielten. Hierfür sprächen auch die nicht unerheblichen Investitionen in das Anwesen (z.B. Bau eines Gewächshauses) und die Anschaffung zusätzlicher Flächen, die zum Anbau von Obst und Gemüse von der Klägerin selbst genutzt würden. Auch der Umstand, dass sich die Ärzte der gesamten Familie in der Umgebung befinden, werteten die Richter als gewichtiges Anzeichen. Der Vergleich der Wohnsituationen spreche nicht gegen die Annahme eines Lebensmittelpunkts. Zwar sei die Wohnung am Beschäftigungsort als familiengerecht anzusehen, was aber wegen des Kindes notwendig sei. Demgegenüber verblieben den Eheleuten im Bungalow trotz der teilweisen Mitbenutzung durch die Mutter noch genügend Rückzugsmöglichkeiten. Durch die Gartennutzungsmöglichkeit weise das Grundstück eine höhere Wohnqualität auf als die Dachgeschosswohnung.

Da die Fahrtkosten nach der gesetzlichen Regelung pauschal zu gewähren seien, könne jeder der Ehegatten unabhängig vom tatsächlichen Aufwand eine Familienheimfahrt pro Woche mit 0,30 EUR pro Entfernungskilometer geltend machen (Quelle: Newsletter FG Münster 10/2018).

Hinweis:

Damit trotz Zusammenlebens mit dem Ehegatten / Lebenspartner / Lebensgefährtin eine doppelte Haushaltsführung anerkannt wird, müssen diese Argumente vortragen, weshalb ihr Lebensmittelpunkt weiterhin am Hauptwohnort ist. Einzelheiten hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 8.10.2014 (VI R 16/14) mit Hinweis auf die Urteile vom 22.2.2001 (z.B. VI R 192/97) vorgegeben.

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