Goodwill: Never Ending Story – aktuelles Stimmungsbild und Ergebnisse aus 13 Jahren Impairment-Only-Ansatz

Habe ich nicht vor kurzem die Anglizismen kritisiert? Richtig. Und nun verwende ich sie selbst? Ja. Sie ziehen einfach mehr. Auch wenn man den Goodwill einfach mit Geschäfts- oder Firmenwert übersetzen kann: In der deutschsprachigen Literatur hat es sich durchgesetzt, bei IFRS-Diskussionen zum Goodwill den englischen Begriff zu verwenden. Never Ending Story klingt besser als „endlose Geschichte“. Zumindest vermute ich das. Der Titel soll ansprechend sein.

Aber nun zum eigentlichen Thema: Wie steht es um den Goodwill? Seit nunmehr 13 Jahren wird der Goodwill nach IFRS nicht mehr planmäßig abgeschrieben. Aktuell wird beim IASB der Impairment-Only-Ansatz diskutiert. Wurde aber auch Zeit. Wissenschaftler wie beispielsweise Prof. Dr. Peter Leibfried warnen seit Jahren vor „Luft in den Bilanzen“. Ist das nicht übertrieben? Schauen wir die empirischen Ergebnisse der letzten 13 Jahre an.

Zur Erinnerung: In diesem Zeitraum durchkreuzten die Finanzkrise, Bankenkrise sowie die Überbewertung beispielsweise von Telekommunikations- und Internetunternehmen die Wege des Aufschwungs der börsennotierten Unternehmen. Auch zunehmende Staatsverschuldung sowie eine mittlerweile ca. ein Jahrzehnt andauernde Niedrigzinsphase prägen diesen Zeitraum.

Untersuchungen zeigen: Seit Einführung des Impairment-Only-Ansatzes ist der Goodwill im Durchschnitt ca. acht Prozent pro Jahr gewachsen. Klar. Denn seither wird nicht mehr planmäßig abgeschrieben. Und außerplanmäßig? Theoretisch schon. Praktisch? Kaum. Die durchgeführten Abschreibungen betrugen ca. 0,2 bis 3,6 %. Dies führt zu einer Nutzungsdauer des Goodwills zwischen 28 und 500 Jahren. Realistisch? Keineswegs. Hintergrund? Unternehmen versuchen außerplanmäßige Abschreibungen auf den Goodwill soweit es geht in die Zukunft zu schieben. Frei nach dem Motto: Etwas Luft zum Abschreiben kann nicht schaden. Gibt es einen Wechsel im der Führungsriege, wird der neue Vorstand zuerst einmal Frühjahrsputz machen. Sprich: Außerplanmäßig abschreiben. Der Restmüll wird also den Abfluss hinuntergespült. Dann ist einerseits aufgeräumt. Außerdem kann die Säuberungsaktion auf den Vorgänger geschoben werden. Und danach? Weiter geht es mit ansammeln von Luft für den nächsten Führungswechsel. Kaum zu glauben? Wurde aber in einigen Studien nachgewiesen.

Zudem wurden hohe Kaufpreise auch durch die Niedrigzinsen befeuert.  Auch dadurch wurde der Kauf von Unternehmen und vor allem aber auch die hohen Kaufpreise befeuert. Hoher Kaufpreis bei nicht viel höherem Zeitwert des Eigenkapitals führt zu einem höheren Goodwill. Anderes Thema. Andere Baustelle.

Bei der Jahresabschlussanalyse wird der Goodwill bei der Aufstellung der Strukturbilanz in der Regel gestrichen. Dadurch wird das Eigenkapital um den Buchwert des Goodwills verringert. Konsequenz? Das Eigenkapital schrumpft und wird im schlimmsten Falle negativ. Der Goodwill macht im Durchschnitt der börsennotierten Unternehmen, die in der Studie untersucht wurden, ca. 36 % des bilanzierten Eigenkapitals aus. Gar nicht so wenig.

Wieso wurde die planmäßige Abschreibung denn überhaupt abgeschafft? Ziel war damals, durch den Impairment-Only-Ansatz den Investoren entscheidungsnützlichere Informationen zur Verfügung zu stellen. Gute Idee. Nur leider wurde das Ziel verfehlt. Arbeitsbeschaffungsmaßnahme? Sicherlich. Denn die Kosten und Komplexität der Wertminderungstests sind nicht unerheblich.

Die Diskussionen beim IASB dauern an. Mindestens bis Ende 2017. Warten wir es ab, was diese ergeben. Hoffentlich wird der Impairment-Only-Ansatz die Teenie-Zeit nicht überstehen. Aber bis dahin ist noch etwas Luft. Er ist schließlich erst gerade in das Teenie-Zeitalter hineingewachsen.

Die ausführlichen Studienergebnisse finden Sie in folgendem Aufsatz: Zülch/Stork (2017): 13 Jahre Impairment-only-Ansatz zur Goodwillbilanzierung in Deutschland, KoR Nr. 9, S. 362-371 (kostenfplichtig)

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