Mobilfunkverträge mit Smartphone – Latente Steuern wegen fragwürdiger Auffassung des BFH

Mobilfunkverträge mit der Abgabe eines „vergünstigten“ Smartphones führen zu einem immer wieder diskutierten Bilanzierungsproblem im handelsrechtlichen Jahresabschluss, in der Steuerbilanz wie auch im IFRS-Abschluss. Bedauerlicherweise hat der BFH hierzu in der Vergangenheit eine nur schwer vertretbare Auffassung verlautbart, die von der h.M. zur handelsbilanziellen Abbildung wie auch von der Bilanzierung nach IFRS abweicht. Daraus können Abweichungen zwischen Steuer- und Handelsbilanz resultieren. Diese Abweichungen lassen die Frage nach der Bildung latenter Steuern in der Handelsbilanz folgen.

Spätestens seit der Entwicklung des Entwurfs eines DRS zur Abbildung von Erlösen nach HGB (E-DRS 17) durch unseren Arbeitskreis hat sich die Praxis und Literatur zur handelsrechtlichen Bilanzierung von Mehrkomponentengeschäften hin zur US-amerikanischen Vorgehensweise entwickelt. Danach ist der Transaktionspreis im Falle mehrerer eigenständiger Leistungskomponenten auf die Komponenten im Verhältnis ihrer Einzelwerte zu verteilen. Die Realisationsfrage ist dann für jede Komponente entsprechend der Leistungserbringung einzeln zu beantworten. Der Zeitpunkt der Zahlung des Entgelts durch den Kunden ist für die Realisation regelmäßig irrelevant. Für Mobilfunkverträge mit der Abgabe eines „vergünstigten“ Smartphones zu Beginn der Laufzeit führt das zur anteiligen Erlöserfassung aus der Lieferung des Smartphones bereits zu Vertragsbeginn, auch wenn das Mobilgerät erst über das monatliche Entgelt während der Vertragslaufzeit „abgestottert“ wird.

Während nach dem inzwischen aufgehobenen IAS 18 über die Möglichkeit einer hiervon abweichenden Bilanzierung gestritten wurde, erzwingt der seit 2018 anwendungspflichtige IFRS 15 die beschriebene Vorgehensweise auch im IFRS-Abschluss.

Wie aber werden solche Verträge in der Steuerbilanz behandelt? Hierzu ist vor einigen Jahren ein BFH-Urteil ergangen, das leider kaum zu den Höhepunkten steuerbilanzieller Rechtsprechung gezählt werden kann. Danach wird zwar die Verbundenheit der Lieferung des Mobilgeräts mit dem Mobilfunkvertrag akzeptiert. Jedoch löst der BFH das Problem durch die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens. Danach soll das Mobilfunkunternehmen die Differenz zwischen dem höheren Einstandspreis und dem niedrigeren Verkaufspreis für das Mobilgerät als Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) aktivieren. Der aRAP soll dann über die Laufzeit des Mobilfunkvertrages aufgelöst werden.

Um zu einem RAP zu kommen, müsste eigentlich eine Vorauszahlung für eine zeitabhängige Leistung vorliegen. Dieses Problems entledigt sich der BFH durch eine arg weite, das Gesetz überdehnende Auslegung der „Ausgabe“ als „nicht nur Bar- und Buchgeldzahlungen, sondern auch Vermögensminderungen durch geldwerte Sachleistungen“. Die regelmäßig überschießende Auslegung der Regelungen zum RAP durch den BFH hatte ich im Blog schon im Zusammenhang mit passiven RAP problematisiert. Der BFH geht hier scheinbar von einer antiquierten dynamischen Sichtweise zur Rechnungslegung aus. Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer sieht das Urteil kritisch.

Für den Steuerpflichtigen mag die Sichtweise des BFH im Zusammenhang mit solchen Mehrkomponentengeschäften gar nicht unangenehm sein. Die Erfassung der Differenz zwischen Einstandspreis für das Mobilgerät und dem niedrigeren Verkaufspreis als aRAP hält den Vorgang erfolgsneutral. Bei Bilanzierung als Mehrkomponentengeschäft wäre hingegen ein anteiliger Erlös zu erfassen, der i.d.R. auch einen Gewinnanteil enthält. Das würde zu einer früheren Besteuerung des Gewinnanteils führen.

Kommt es in der Folge der unterschiedlichen Bilanzierung zwischen Handels- und Steuerbilanz zu einer Differenz, stellt sich die Frage der Bildung latenter Steuern. Es sei unterstellt, der vereinbarte Verkaufspreis für das Mobilgerät beträgt 0 Euro, der anteilige Erlös im Rahmen des Gesamtvertrages jedoch 150 Euro, während der Einstandspreis für das Gerät 100 Euro betrug. Während im handelsrechtlichen Jahresabschluss bzw. im IFRS-Abschluss eine Forderung bzw. ein contract asset in Höhe von 150 Euro anzusetzen ist, erfolgt steuerlich die Aktivierung eines RAP mit dem Betrag von 100 Euro. Die Differenz von 50 Euro baut sich über die Laufzeit des Mobilfunkvertrages ab, weswegen es zum Ansatz passiver latenter Steuern in Höhe der Differenz von 50 Euro multipliziert mit dem Steuersatz des Unternehmens kommt. So wie sich die Differenz über die Laufzeit des Vertrages abbaut, ist dann auch die latente Steuer aufzulösen.

Ich habe wenig Hoffnung, dass der BFH seine Sichtweise zum RAP in absehbarer Zukunft aufgibt. Damit macht die unterschiedliche Behandlung betroffener Verträge in Handels- und Steuerbilanz die Bildung latenter Steuern wohl auf künftig erforderlich.

Lesen Sie hierzu auch meine weiteren Beiträge hier im NWB Experten-Blog:

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