Unfallkosten: Jetzt doch (wieder) abzugsfähig!

Ende 2019 hat der BFH zu Ungunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass sich die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale im Grundsatz auch auf Unfallkosten erstreckt, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für „die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte“ handelt (BFH-Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18, BStBl 2020 II S. 291). Anders ausgedrückt: Unfallkosten sind nicht abziehbar, wenn sich der Unfall auf dem Weg zur Arbeit ereignet hat.

Immerhin hatte der BFH Krankheitskosten im Zusammenhang mit einem Wegeunfall zum Abzug zugelassen. Danach gilt:  Erleidet ein Steuerpflichtiger auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, kann er die durch den Unfall verursachten Krankheitskosten als Werbungskosten abziehen. Solche Krankheitskosten werden nicht von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale erfasst.

So weit, so klar. Oder? Nein, ganz und gar nicht. Denn in LStH H 9.10 (zu § 9 EStG) hieß – und heißt – es nach wie vor: „Neben der Entfernungspauschale können nur Aufwendungen berücksichtigt werden für die Beseitigung von Unfallschäden bei einem Verkehrsunfall auf der Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte … „.

Ich hatte daher in einem Blog-Beitrag Anfang des letzten Jahres empfohlen, dass Betroffene ihre Unfallkosten geltend machen und sich bis auf Weiteres auf die LStH berufen sollten (Fahrten zur Arbeit: Was gilt denn eigentlich bei Unfallkosten?).

Und siehe da: Nunmehr kommt – nochmalige- Unterstützung vom BMF (Schreiben vom 18.11.2021, IV C 5 – S 2351/20/10001 :002, BStBl 2021 I S. 2315). Es weist erneut auf Folgendes hin: „Unfallkosten, die auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder auf einer zu berücksichtigenden Familienheimfahrt entstehen, sind als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 1 EStG weiterhin neben der Entfernungspauschale zu berücksichtigen (vgl. Bundestags-Drucksache 16/12099, S. 6).

Damit ist der Abzug von Unfallkosten nun gesichert, oder? Antwort: Im Prinzip ja, doch der Gang vor ein FG ist unbedingt zu vermeiden, denn die Finanzgerichtsbarkeit ist strenger als die Finanzverwaltung. Ob ein FG oder gar der BFH die Selbstbindung der Finanzverwaltung akzeptieren wird, ist nämlich alles andere als sicher. Leider gibt es bei dem Thema „Selbstbindung“ keine einheitliche Linie der Gerichte. Zwar dürfte es angesichts des BMF-Schreibens gar nicht erst zu FG-Verfahren kommen, doch die Praxis zeigt, dass es immer ´mal wieder Finanzbeamte gibt, die die Grenzen des Machbaren ausloten, um es freundlich auszudrücken.


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