Verkauf eines Tochterunternehmens als Sale-Leaseback nach IFRS 16 – Update

Bereits in früheren Blogs hatte ich einen Überblick zum neuen Leasingstandard IFRS 16 und seinen Auswirkungen sowie einigen Anwendungsvoraussetzungen gegeben. Besondere Regelungen enthält der Standard für Sale-Leaseback-Gestaltungen. Jüngst war die Frage zu klären, wie es sich auswirkt, wenn man nicht einen Vermögenswert verkauft und zurückmietet, sondern als Konzernmutterunternehmen die Anteile an einem Tochterunternehmen veräußert, das einen Vermögenswert hält, und dann den Vermögenswert zurückleast.

Das Interpretationskomitee IFRIC hatte sich mit einem derartigen Fall zu befassen und hat ihn im Rahmen einer vorläufigen Agenda-Entscheidung zunächst schulbuchmäßig gelöst.

Nach dem Grundprinzip wird ein Sale-Leaseback-Geschäft nach IFRS 16 aufgeteilt in einen Leaseback-Teil, für den beim Verkäufer/Leasingnehmer ein Nutzungsrecht sowie eine Leasingverbindlichkeit eingebucht werden und ein Gewinn aus dem Sale nicht erfasst werden kann. Soweit das Nutzungspotenzial am Vermögenswert hingegen auf den Käufer/Leasinggeber übergegangen ist, erfasst der Verkäufer/Leasingnehmer den Abgangsgewinn.

Fraglich war, ob etwas anderes gilt, wenn die Transaktion nicht als Veräußerung des Vermögenswertes durch das Mutterunternehmen selbst, sondern durch Veräußerung der Anteile des Tochterunternehmens (TU) erfolgt, das den Vermögenswert hält. Betrachtungsgegenstand ist dabei der Konzernabschluss des Mutterunternehmens (MU).

Im entschiedenen Fall hält das MU sämtliche Anteile am TU, das wiederum nur über ein Gebäude verfügt und keinerlei Schulden aufweist. Das Gebäude ist dabei nicht als Unternehmen im Sinne von IFRS 3 zu qualifizieren. Der Buchwert des Gebäudes beträgt im Konzernabschluss 500. MU verkauft die Anteile am TU zum Zeitwert des Gebäudes in Höhe von 800 an einen Dritten. Das Gebäude wird zurückgemietet, wobei der Barwert der angemessenen Leasingraten 600 beträgt.

MU verliert durch die Anteilsveräußerung die Kontrolle IS von IFRS 10 am TU. Zugleich ist aus Konzernsicht der Verkauf des Gebäudes als Sale im Sinne von IFRS 15 zu qualifizieren. Ohne einen Sale gäbe es aus wirtschaftlicher Sicht auch kein Leaseback und der gesamte Vorgang wäre als besichertes Darlehen des Dritten an MU zu werten. Daher muss im Einzelfall genau geprüft werden, ob die Voraussetzungen für einen Sale im Sinne von IFRS 15 vorliegen. Schädlich wäre etwa die Vereinbarung einer Kaufoption für MU.

IFRIC hatte zunächst wenig überraschend vorläufig entschieden, dass die vorliegende Fallkonstellation im Ergebnis wie ein Sale-Leaseback des Gebäudes zu behandeln ist, auch wenn hier eine Entkonsolidierung des TU sowie ein Leasing des Gebäudes abzubilden ist.

Damit stellt sich die Frage, wie bei einem Sale-Leaseback der erhaltene Kaufpreis in Höhe von 800 und der Zugang von Nutzungsrecht sowie Leasingverbindlichkeit abzubilden sind.

Aus Konzernsicht ist ein Zugang der liquiden Mittel in Höhe von 800 und der Abgang des Gebäudes mit seinem Buchwert in Höhe von 500 zu erfassen. Jedoch darf die Differenz von 300 nicht in voller Höhe als Gewinn gebucht werden, weil ein Teil des Nutzungspotenzials am Gebäude über die Leaseback-Vereinbarung an MU zurückfällt und damit nicht abgegangen ist. Aus bilanzieller Sicht wurde also nur der Anteil am Nutzungspotenzials des Gebäudes gewinnwirksam veräußert, der nicht über das Leaseback-Geschäft an MU zurückfällt. Fraglich ist, wie man diese Aufteilung vornimmt. Eine Möglichkeit, das nicht veräußerte Nutzungspotenzial zu bestimmen, ist die Ermittlung des Verhältnisses von Barwert der Leasingraten zum Zeitwert des Gebäudes, also 600/800 = 0,75. Wenn 75 % des Nutzenpotenzials zurückbleiben, sind 25 % abgegangen und der Gewinn ist insoweit zu erfassen.

Das Nutzungsrecht wird bestimmt durch das Produkt von letztem Buchwert des Gebäudes und Anteil des zurückbehaltenen Nutzenpotenzials, also 500 x 0.75 = 375. Der zu erfassende Gewinn ergibt sich als Produkt aus dem Abgangserfolg und dem veräußerten Nutzenpotential, also (800 – 500) x 0,25 = 75.

Mithin bucht MU:

Bank 800                            an  Gebäude  500
Nutzungsrecht  375            an   Leasingverbindlichkeit  600
an   Abgangserfolg  75

Nichts anderes ergäbe sich, wenn MU das Gebäude selbst gehalten hätte und als Veräußerer/Leasingnehmer für das Gebäude aufgetreten wäre. Im Ergebnis macht IFRS 16 die Abgangserfolge beim Veräußerer in dem Umfang „kaputt“, wie das Nutzenpotenzial am Leasingobjekt wegen der Rückmietung wirtschaftlich gar nicht auf den Erwerber/Leasinggeber übergegangen ist.

Will man durch einen Sale-Leaseback einen möglichst hohen Abgangserfolg erzielen, ist einerseits darauf zu achten, den Verkauf als Sale iS von IFRS 15 auszugestalten, also z.B. keine Rückkaufoption zu vereinbaren. Andererseits muss der Leasingvertrag einen möglichst geringen Anteil am Nutzenpotenzial des Leasingobjekts umfassen. Nur will man im Einzelfall wirklich soweit die Kontrolle des Nutzenpotenzials an einen Dritten geben, gerade bei Transaktionen mit betriebsnotwendigen Vermögenswerten? Wer jetzt klagt, möge Bedenken, dass es den IFRS um eine zutreffende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage geht. Diese hat sich durch ein Sale-Leaseback über das ganz wesentliche Nutzenpotenzial des Leasingobjekts nicht maßgebend verändert.

Update: Im obigen Text wurde die Vorläufigkeit der beschriebenen Entscheidung betont. Inzwischen hat das IFRIC dem IASB derartige Sachverhalte im Rahmen eines „narrow-scope standard-setting“ grundsätzlich zu regeln.

Weitere Informationen:

Sale and Leaseback of an Asset in a Single-Asset Entity, IFRIC Update September 2020 (auf ifrs.org)

Agenda-Paper: Sale and Leaseback of an Asset in a Single-Asset Entity v. Februar 2021 (IFRS10 and IFRS 16) (auf ifrs.org)

Lesen Sie hierzu auch meine weiteren Beiträge hier im NWB Experten-Blog und in der StuB:

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