Aller guten Dinge sind drei: Finanzausschuss vertagt abermals Erleichterungen bei Kassenbonpflicht

Bei Handwerk, Handel und Gastronomie nimmt die Verärgerung über die seit Jahrebeginn geltende Kassenbonpflicht  nicht ab (§ 146a Abs.2  AO; § 6 Abs. 3 KassenSichV). Dennoch lässt sich der Gesetzgeber weiterhin Zeit: Am 4.3.2020 hat der Finanzausschuss des Bundestags die Beratungen über Befreiungserleichterungen bei der Bonpflicht bereits zum dritten Mal abgesetzt. Der Unmut der Betroffenen wächst.

Hintergrund

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassenmanipulationsschutzgesetz vom 28.12.2016, BGBl2016 I  S. 3152 ) wurde u.a. eine Belegausgabepflicht (§ 146a Abs. 2 S.1 der AO) ab dem 1.1.2020 eingeführt (BT-Drs. 18/10667 vom 14.12.2016). Doch von Anfang an gab es auf breiter Front Proteste. Die FDP-Fraktion hat deshalb in ihrem „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung – Gesetz zur Verhinderung einer Bon-Pflicht für Bäcker“ (BT-Drs. 19/15768) vorgeschlagen, dass die Finanzbehörden im Fall der Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen eine Befreiung von der Pflicht zur generellen Ausgabe von Belegen aussprechen können. Um die bislang zu restriktive Befreiungspraxis der Finanzämter zu lockern, sollte § 146a Abs.2 AO wie folgt abweichend neu gefasst werden:

„Bei Verkauf von Waren und bei der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen ist eine Befreiung von der Belegausgabepflicht zu erteilen, wenn die Besteuerung durch den Einsatz einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nicht beeinträchtigt wird.“ 

Die Finanzbehörden sollen damit im Fall der Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen eine Befreiung von der Pflicht zur generellen Ausgabe von Belegen aussprechen können. Das wäre ein nutzbringender Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Vermeidung überflüssiger Müllberge von Thermopapier. Kommt aber nicht – jedenfalls bislang.

BT-Finanzausschuss setzt Thema zum dritten Mal ab

Am 4.3.2020 hat der federführende Finanzausschuss mit der Regierungsmehrheit die Beratung über den FDP-Gesetzesantrag bereits zum dritten Mal von der Tagesordnung abgesetzt. Hieß es im Januar und im Februar noch, die neuen technischen Möglichkeiten der Digitalisierung müssten zunächst noch sondiert werden, heisst es nun am 4.3.2020: „es zeichne sich eine entsprechende Lösung ab“. Das ist schon bemerkenswert: Während Bundewirtschaftsminister Altmaier von seinem Kabinettskollegen Scholz eine schnelle Befreiungslösung fordert, blockieren seine Fraktionskollegen im Finanzausschuss eine vorbereitende Empfehlung an den Bundestag: Die politische Hängepartie findet also ihre Fortsetzung – leider!

Warum eigentlich Bonpflicht?

Zielsetzung des sog. Kassengesetzes aus 2016 ist, den Steuerbetrug von mindestens 10 Mrd. Euro/Jahr durch unterbliebene Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen zu unterbinden, vor allem in Gewerben mit hohen Bargeldbeständen wie Gastronomie, Handel oder Lebensmittelhandwerk. Deswegen hat der Gesetzgeber für Computerkassen vorgesehen, dass Aufzeichnungssysteme durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen sind sowie elektronische Aufzeichnungen und Speicherung der Daten zu erfolgen hat (§ 146a Abs.3  AO), außerdem ist für den Steuerpflichtigen eine Meldepflicht vorgesehen (§ 146a Abs. 4 AO).

Im Gesetzgebungsverfahren hatte 2016 allerdings der Bundesrat zusätzlich die Einführung einer Blegausgabepflicht gefordert, die in Ergänzung der gesetzlichen Sicherheitseinrichtungen an Kassensystemen auch umgesetzt wurde: Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle erfasst, muss den Beteiligten seit 1.1.2020 einen Beleg über den Geschäftsvorfall ausstellen (§ 146a Abs. 2 AO). Insbesondere die SPD will an der Belegeausgabepflicht festhalten, weil nur auf diesem Wege die Finanzverwaltung schnell und einfach prüfen könne, ob Umsätze korrekt erfasst sind. Denn Tatsache bei einem der größten IT-Projekte der Bundesregierung ist, dass es eine Infrastruktur mit  mehr als zwei Millionen ungesicherten Kassen und einen unübersichtlichen Kreis verschiedener Hersteller von Kassensystemen gibt. Die Bonpflicht erfüllt also auch eine technische Funktion: Da auf dem Kassenzettel neben Zahlbetrag und Steuernummer auch die Seriennummer der verwendeten TSE-Einheit samt Prüfnummer aufgeführt wird, die die Richtigkeit der Angaben garantiert, kann eine nachträgliche Manipulation über einen simplen Abgleich von Steuer-Kontrolleuren im Rahmen der Kassennachschau aufgedeckt werden. Mit anderen Worten: Statt einer prüfungsintensiven Nachschau der TSE-Kassen kann durch Abgleich des Kassenbons mit dem Kassenspeicher eine mögliche Steuerhinterziehung in kürzester Zeit aufgedeckt werden.

Erleichterungen müssen schnell umgesetzt werden!

Trotz aller Berechtigung zur Vermeidung von Steuerbetrügereien: Entlastungen bei der Kassenbonpflicht sind meines Erachtens überfällig. Kosten, Bürokratie und ein weiter anwachsender Müllberg an vermeidbaren Kassenbons, die keiner will, sind nach wie vor ein „Stein am Hals“ von vielen tausend Gewerbetreibenden aus Handwerk, Handel und Gastronomie. Auch wenn der Kassenbon ergänzend einen aus Sicht der Finanzverwaltung wichtigen Beitrag zur Steuerverkürzung leisten kann, bleibe ich dabei: Eingriffsmaßnahmen gegenüber dem Steuerbürger stehen unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Eine Kassenbonpflicht mag zur Zielerreichung zwar ein geeignetes Mittel sein. Ob sie aber auch „erforderlich“ und gar „zumutbar“ ist, darf im Zeitalter der Digitalisierung mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Mal schauen, wie es weitergeht: Nach der vorläufigen Sitzungsplanung steht das Thema nun wieder am 13.3.2020 auf der Agenda des Bundestages ….

Weitere Informationen:

Lesen Sie zu diesem Thema meine Beiträge hier im NWB Experten-Blog:

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