Ausnahmeregelungen bei der Kassenbonpflicht – Bundeswirtschaftsminister lässt nicht locker!

Bereits im Dezember 2019 hatte Bundeswirtschaftsminister Altmaier heftige Kritik an der seit 1.1.2020 geltenden Bonpflicht geäußert. Jetzt hat er seine Kritik erneuert: In einem aktuellen Schreiben an die Länderfinanzminister fordert der Bundeswirtschaftsminister Lockerungen bei Befreiungsanträgen.

Wird er sich diesmal gegen den Bundesfinanzminister durchsetzen?

Hintergrund

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassenmanipulationsschutzgesetz vom 28.12.2016, BGBl 2016 I S. 3152) wurde u.a. eine Belegausgabepflicht ab dem 1.1.2020 eingeführt (§ 146a Abs. 2 S.1 AO / BT-Drs. 18/10667).

Die Kritik von Verbänden, Handwerkern, Gastronomen oder Einzelhändlern ist seitdem massiv. Handwerksbetriebe haben ihre Kunden etwa dazu aufgerufen, die Bons gesammelt an Finanzämter zu senden oder veröffentlichen Fotos von riesigen Müllbergen, die durch die Bons auf Thermopapier entstehen, das im Restmüll teuer entsorgt werden muss.

Der Gesetzgeber hatte sich bei der Einführung der Anforderungen an elektronische Aufzeichnungssysteme gegen eine Registrierkassenpflicht entschieden. Daher kann jeder Unternehmer auch eine offene Ladenkasse anstelle des Einsatzes eines elektronischen Aufzeichnungssystems verwenden. Eine Belegausgabepflicht besteht dann nicht. Es sind bei offenen Ladenkassen jedoch die gesetzlichen Vorschriften, wie z.B. § 146 AO, also einzelne, vollständige, richtige, zeitgerechte und geordnete Aufzeichnungen und weitere Vorschriften und Rechtsprechung zu beachten. Unabhängig davon, ob eine offene Ladenkasse oder ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet wird, kann die Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben mittels der Kassen-Nachschau verifiziert werden. Betroffen sind Kassen, welche vor dem 25.11.2010 gekauft worden sind, danach müssen alle umgestellt werden. Falls es sich um Nicht-Computerkassen handelt und sie nicht umstellbar sind, dann dürfen diese noch bis Ende 2022 verwendet werden.

Was will das Bundeswirtschaftsministerium?

Minister Altmaier hat Verständnis für den großen Unmut in Wirtschaft und Gesellschaft über die Bonpflicht. „Was die Leute ärgert, ist nicht nur die Papierflut oder die Bürokratie“, ist in den Medien zu lesen. Nach der Begründung Gesetzes sei die Bonpflicht sei unerlässlich, Steuerbetrug zu bekämpfen. „Das rechtfertigt nicht, dass man ganze Branchen in die Situation bringt, dass sie sich rechtfertigen müssen“, meint Altmaier – zu Recht. Und: „Es wäre möglich, 80 Prozent der Kritik aufzufangen mit einem simplen Anwendungshinweis an die Finanzämter, dass sie von der gesetzlich vorgesehenen Ausnahmeregelung Gebrauch machen.“

Dieses Ziel verfolgt der Bundeswirtschaftsminister jetzt dem Vernehmen nach in einem Schreiben an den Bundesfinanzminister und seine Länderkollegen. Hiernach wird vorgeschlagen, dass „sämtliche Geschäfte des täglichen Bedarfs, die einen Wert von zehn Euro nicht übersteigen“, wieder aus der Kassenbonpflicht entlassen werden. Denn mit dem aktuellen Regelwerk sei die „Verhältnismäßigkeit der gesetzlich vorgegebenen Mittel und ihres Vollzugs derzeit nicht gewährt“.

Der Vorstoß aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist richtig, das Einlenken des BMF überfällig. In Frankreich ist man schon weiter: Bereits heute gibt es dort einen nach Einkaufswert gestaffelten Dispens von der Bonpflicht, inzwischen soll mit dem Gesetz über „Kreislaufwirtschaft und zum Kampf gegen Verschwendung“ die Pflicht des Einzelhandels gänzlich abgeschafft werden, beim Einkauf gedruckte Kassenbons auszugeben.

Was hat der Gesetzgeber vor?

Am 05.03.2020 ist nun vorgesehen, dass der Bundestag in zweiter und dritter Lesung über das von der FDP eingebrachte „Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung – Gesetz zur Verhinderung einer Bon-Pflicht für Bäcker“ (BT-Drs. 19/15768) abstimmt. Dazu legt der Finanzausschuss eine Beschlussempfehlung vor.

Der Entwurf sieht vor, dass die Finanzbehörden im Fall der Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen eine Befreiung von der Pflicht zur generellen Ausgabe von Belegen aussprechen können. Allerdings: Zuletzt hat es Finanzausschuss geschafft, das Thema kurzfristig von seiner Tagesordnung abzusetzen, „weil noch Beratungsbedarf bestehe“. Das passt ins Bild: Wo keine Veränderungsbereitschaft besteht, findet sich schon eine Ausrede.

Dennoch: Wenn schon der Gesetzgeber nicht die Axt anlegen und § 146 a AO nachbessern will, wäre es ein leichtes, den entsprechenden BMF-Anwendungserlass zu ändern und auf Verwaltungsseite die Spielräume im Interesse von Unternehmen, Verbänden und Verbrauchern zu nutzen, die das Gesetz schon heute zulässt.

Weitere Informationen:

BT-Drs. 19/15768 (dip21.bundestag.de)

Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge hier im NWB Experten-Blog:

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