Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer führt zur Ungültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Die Einführung der Wirtschafts-Identifikationsnummer (sog. W-IdNr.) erfolgt stufenweise ab November 2024 in Deutschland und dient der Identifizierung von wirtschaftlich Tätigen im Besteuerungs- und Verwaltungsverfahren.

Laut der Homepage des Bundeszentralamts fürs Steuern erfolgt die Vergabe der W-IdNr. […] im Hintergrund automatisiert und vollständig elektronisch durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

Nach den ersten Vergaben ist nun das Ergebnis, dass die Einspielung der Daten beim lokalen Finanzamt zur Löschung der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei den Organgesellschaften führt!

Hintergrund: Das Signal „Organgesellschaft“ im Grundinformationsdienst beim lokalen Finanzamt wurde überschrieben, so dass das BZSt die Mitteilung erhält, die Organgesellschaft ist nicht mehr als solche erfasst. Das In-Aktiv-Setzen der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist die Folge.

Wir sind im Austausch mit dem Bundeszentralamt für Steuern und haben um Stellungnahme gebeten.

Praxishinweis: Deutsche Organgesellschaften müssen regelmäßig die eigene deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer prüfen. Die Möglichkeit besteht über die Seite der EU-Kommission unter dem Link:

Vies on-the-Web – European Commission

Sobald wir weitere Informationen erhalten haben, werden wir diese entsprechend teilen.

Update 29.11.2024

Auf der Seite des BZSt wurde am 28.11.2024 folgende irreführende Information geteilt:

Der Start der Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) im November 2024 erforderte die automatisierte Einspielung und Verarbeitung mehrerer Millionen Datensätze. Bei mehr als 99,9 % der Datensätze hat dies reibungslos funktioniert.

Leider kam es bei einigen Fällen, die ausschließlich Organgesellschaften betrafen, dazu, dass im Zuge der Vergabe der W-IdNr. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) als ungültig gekennzeichnet wurde.

Dieser Fehler konnte in der Zwischenzeit behoben werden, sodass die USt-IdNr. der betroffenen Organgesellschaften nun wieder gültig sind. Wir bedauern die entstandenen Unannehmlichkeiten. 

Diese Aussagen entsprechen so leider nicht der Wahrheit, denn es sind weiterhin zahlreiche USt-IdNr. der Organgesellschaften ungültig. Durch die Eingriffe des BZSt in die Stammdaten der Gesellschaften sind teilweise Schlüsselungen als Organgesellschaft bei der Organgesellschaft verloren gegangen.

Lösung des Problems:

Das Finanzamt der Organgesellschaft ist zu kontaktieren und dort ist jeweils die aktuell gültige Steuernummer des Organträgers zu hinterlegen. Im Nachgang sollte die Re-Aktivierung der USt-IdNr. automatisiert innerhalb von 1-2 Tagen erfolgen.

Hinweis zur Zusammenfassenden Meldung:

Bei der Prüfung zusammen mit dem BZSt haben wir festgestellt, dass die Zusammenfassenden Meldungen Oktober 2024 der Organgesellschaften trotz ungültiger USt-IdNr. der Organgesellschaft verarbeitet worden sind.

 

 

EuGH bestätigt deutsche Regelung zur Organschaft – kippt dennoch das Konstrukt der Innenleistungen?

Der EuGH hat heute mit Urteilen vom 01.12.2022 (Rs. C-141/20 und C-269/20) darüber entschieden, ob die umsatzsteuerrechtliche Organschaft in Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist. Die zentrale Erkenntnis: § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestimmt den Organträger zulässigerweise zum Steuerschuldner.

Organträger ist zulässigerweise Steuerschuldner – keine Rückforderungsansprüche für Organträger

Entgegen den Ausführungen der Generalanwältin in den beiden Vorlageverfahren sieht der EuGH in der deutschen Regelung keinen Verstoß gegen das EU-Recht, da die Organgesellschaften einerseits über § 73 AO für ihre Umsatzsteuerschulden haften und so keine Steuerausfälle für den Fiskus drohen. Daneben kann der Organträger aufgrund der erforderlichen Eingliederung nach deutschem Recht seinen Willen in den Organgesellschaften durchsetzen, was eine genaue Erhebung der Umsatzsteuer ermöglicht. Unter diesen Voraussetzungen ist es aus Sicht des EuGH zulässig, ein Mitglied des Organkreises (hier den Organträger) als Steuerschuldner für die Umsatzsteuern des gesamten Organkreises zu bestimmen.

Im Ergebnis sind daher die Steuerfestsetzungen gegen den Organträger rechtmäßig und dieser hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm entrichteten Umsatzsteuern. Die befürchteten Steuerrückforderungen in Milliardenhöhe (s. BFH, Beschl v. 07.05.2020 – V R 40/19) sowie ein „Bauträger 2.0“ bleiben somit aus. Weiterlesen

Finanzverwaltung rudert endlich bei der ZM zurück

Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 20.05.2022 ihre nicht haltbare Meinung aufgegeben, dass eine zu spät abgegebene Zusammenfassende Meldung (ZM) die finale Steuerpflicht der innergemeinschaftlichen Lieferungen zur Folge hat:

Hintergrund

Durch Einführung der Quick Fixes zum 01.01.2020 hat der Gesetzgeber bei der Umsetzung des Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG neu gefasst.

Demnach gilt die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat. Zusätzlich verweist der Gesetzgeber in Satz 2 auf die Vorschrift des § 18a Abs. 10 UStG. Diese Vorschrift wiederum verpflichtet den Unternehmer, eine fehlerhafte ZM innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Fehlers zu korrigieren. Weiterlesen

Fiasko bei der umsatzsteuerlichen Organschaft möglich – Kommt der Bauträger 2.0?

Mit Beschlüssen vom 11.12.2019 (XI R 16/18) und vom 07.05.2020 (V R 40/19) haben die beiden Umsatzsteuersenate des BFH dem EuGH eine zentrale Frage zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft vorgelegt: wer schuldet im Rahmen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft die Umsatzsteuer? Der Organträger, wie es § 2 Abs. 2 Nr. 2 S.1 UStG bestimmt, oder der Organkreis (die sog. Mehrwertsteuergruppe)?

Diese Frage ist von grundlegender Bedeutung. Sollte die deutsche Regelung gegen das Unionsrecht verstoßen und damit der Organträger nicht Steuerschuldner für die Umsätze des Organkreises sein, sind alle gegen diesen erlassenen Steuerbescheide insoweit rechtswidrig. Jeder Organträger hätte einen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, die er für den Organkreis abgeführt hat. Die Tragweite einer solchen Konsequenz würde einen Bauträger 2.0 Fall auslösen. Weiterlesen

Konjunkturpaket führt zur Umsatzsteuersenkung für 6 Monate

Mit Beschluss vom 03.06.2020 hat die Regierungskoalition verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Folgen beschlossen. Ziel der Maßnahmen ist insbesondere die Stärkung der Konjunktur und der Wirtschaftskraft in Deutschland. Als zentrales Element zur Erreichung dieses Ziels hat die Regierungskoalition beschlossen, dass „[z]ur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland […] befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 der Mehrwertsteuersatz von 19% auf 16% und von 7% auf 5% gesenkt [wird]“. Ungeachtet der Frage, ob diese befristete Maßnahme die gewünschte Wirkung zeigen kann, führt die Absenkung der Mehrwertsteuersätze für Unternehmen zu einem umfassenden kurzfristigen Handlungsbedarf, insbesondere sind Systeme und Prozesse anzupassen, Verträge zu ändern und die Buchhaltung ist umzustellen. Zugleich ist im Auge zu behalten, dass die Änderungen in sechs Monaten wieder rückgängig zu machen sind.

Insbesondere folgende Bereiche sind durch die Steuersatzänderungen betroffen und bedürfen einer kurzfristigen Anpassung: Weiterlesen

Bauträger erhalten Zinsen zur Umsatzsteuer

Mit einem Paukenschlag startet das neue Jahr für die Bauträger. Die Finanzverwaltung nimmt sämtliche Revisionen für die Frage des Zinsanspruches beim Bauträger zurück.

Für die Verfahren V R 3/18, V R 7/18 sowie V R 8/18 sind für Donnerstag, 10. Januar 2019 die Termine für die mündliche Verhandlung anberaumt. Diese Termine werden nun nicht stattfinden und sind ersatzlos aufgehoben.

Die Finanzverwaltung hat als Rechtsmittelführerin ihre Revisionen – auf Weisung der Oberbehörden – jeweils kurzfristig zurückgenommen. Folglich werden die drei finanzgerichtlichen Verfahren rechtskräftig. Diese sind im Einzelnen: Weiterlesen

Bauträger – BFH weist Finanzamt in die Schranken

Im Verfahren V R 49/17 hat der Bundesfinanzhof nun bestätigt, dass der Bauträger einen Anspruch auf Herabsetzung der Umsatzsteuer hat. Diesbezüglich kommt es nicht darauf an, dass die Umsatzsteuer vom Subunternehmer abgetreten wurde oder der Bauträger die Umsatzsteuer an den Subunternehmer bezahlt hat.

Anbei finden Sie die wichtigen Punkte aus der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2018:

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Erstattungszinsen beim Bauträger – Aktenzeichen ist bekannt

Zur Frage der Zinsfestsetzung auf die Erstattungsanträge des Bauträgers ist beim Finanzgericht München unter dem

Aktenzeichen 2 K 1368/17

ein Verfahren anhängig.

Die Finanzverwaltung lehnt aktuell eine Festsetzung von Zinsen beim Bauträger mit der Begründung ab, dass in analoger Anwendung von § 17 UStG erst eine Erstattung in Betracht kommt, wenn der Bauträger den Differenzbetrag an den Subunternehmer erstattet. Folglich würden keine Zinsen entstehen, da die Erstattung nur mehr heute erfolgen kann.

Finanzämter fordern Umsatzsteuer-Jahreserklärungen bei Ärzten

Leistungen eines Arztes sind umsatzsteuerfrei – diese Aussage hat nicht mehr für alle von den Ärzten angebotenen Leistungen bestand. Das Bayerische Landesamt für Steuern weist in einem Schreiben vom 26.04.2016 auf die mögliche Umsatzsteuerpflicht im Gesundheitswesen hin.

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Finanzämter stoppen Abwicklung der Bauträgerfälle

Neue Entwicklung

Der BFH hatte mit Beschluss vom 27.01.2016 – V B 87/15 zur Frage der Aussetzung der Vollziehung in den Bauträgerfällen Stellung genommen und dargelegt, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Subunternehmers durch § 27 Abs. 19 UStG bestehen. Darüber hinaus sieht der BFH in diesem Beschluss es für ernstlich zweifelhaft, ob der Anspruch des Subunternehmers auf Nachbelastung der Umsatzsteuer entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG uneinbringlich geworden ist.

Die Finanzverwaltung interpretiert nun diesen Beschluss wie folgt: Weiterlesen