Verspäteter Aprilscherz? – Wert des Immobilienportfolios bei Steinhoff schmilzt wie ein Eis in der Sonne

Schon wieder eine Fortsetzung zum Tatort der Serie „Steinhoff“? Ja, da haben Sie Recht. Aber die Schlagzahl der neuen Meldungen im Bilanzskandal um Steinhoff hat sich in den letzten drei Monaten deutlich erhöht. Laut einer Nachricht des Handelsblattes vom 4. April 2018 wurden die Immobilien der Tochtergesellschaft Hemisphere International mit einem überhöhten Wert angesetzt. Genauer gesagt: 1,1 Milliarden Euro lösen sich in Luft aus. Verspäteter Aprilscherz? Leider nicht. Was könnte man denn ansonsten mit einer Milliarde anfangen? Sich den Fußballspieler Neymar kaufen – wie es Pari Saint-Germain letzten Sommer getan hat – und eine Weile seinen Gehalt bezahlen. Eine kurze Weile zumindest. Für den Bau des Berliner Flughafens reicht es jedoch bei Weitem nicht.

Fraglich ist, wie es zu dem überhöhten Wert des Immobilienportfolios kam. Ausgewiesen wurden die 140 Produktionsstätten und Grundstücke, die u.a. in Österreich, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden liegen, mit 2,2 Milliarden Euro. In dem neuen Gutachten wurden Leerstände berücksichtigt. Dadurch halbiert sich der Wert – er schmilzt wie Eis in der Sonne.

Vermutlich wurden erforderliche Abschreibungen nicht erfasst, um die Wertminderungen zu vertuschen. Durch Unterlassen der außerplanmäßigen Abschreibungen können Gewinne aufgeblasen werden. Auch dieses Beispiel zeigt: Gewinn und Liquidität sind zwei Paar Schuhe. Denn Geld fließt bei einer Überbewertung nicht. Außer Schmiergelder für Gutachten oder andere Gefälligkeiten vielleicht.

Insgesamt ist der Skandal ein internationales Geflecht, das zuerst entzerrt werden muss. Haben sich die Prüfer am Ende auf vorliegende Gutachten verlassen, die den Wert von Immobilien beziffert wurde? Inwieweit kann eine Prüfung der Werthaltigkeit einer Immobilie in einem anderen Land beurteilt werden?

Beim Thema Immobilien in den Medien gibt es derzeit in Deutschland nur ein Thema: Die immer weiter steigenden Preise. Dennoch gibt es weltweit leerstehende Immobilien, die bei der Bewertung berücksichtigt werden müssen. Daher scheint Leerstand aus Sicht eines Münchners, der verzweifelt eine Wohnung sucht, kaum vorstellbar. Allerdings gibt es vor allem bei Gewerbeimmobilien deutliche regionale Unterschiede. Möglicherweise wurden für die Immobilien überhöhte Preise bezahlt.

Im Gegensatz zu größere Skandalen der letzten zwanzig Jahre wie beispielsweise Enron, Flowtex und Co. ist mir eines bisher völlig schleierhaft: Kann ein solches „Werk“ das eines Einzelnen oder mehreren Beteiligten sein? Die internationale Dimension scheint so groß: Da fällt die Vorstellung schwer, dass jemand einen „Überblick über das Ausmaß der Bilanzfälschung“ hatte. Sofern dies überhaupt in einem solchen Fall möglich ist. Für weitere Aufdeckungen ist Geduld gefragt.

Fazit: Die nächste Folge der Serie kommt. Bis dahin können wir das Eis in der Sonne genießen an diesem Wochenende – bevor es schmilzt wie der Immobilienwert bei Steinhoff.

Lesen Sie dazu auch folgende meiner Beiträge hier im NWB Experten-Blog:

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