Fahrten von Leiharbeitern zum Tätigkeitsort – weiteres Verfahren beim BFH

Viele Zeit- bzw. Leiharbeitnehmer sind der Auffassung, dass sie ihre Fahrtkosten zum jeweiligen Tätigkeitsort nach Dienstreisegrundsätzen geltend machen und gegebenenfalls sogar Mehraufwendungen für Verpflegung abziehen können. Naturgemäß hat die Finanzverwaltung dazu eine ganz eigene Meinung und lässt in den meisten Fällen lediglich die Entfernungspauschale und schon gar keine Verpflegungsmehraufwendungen zum Abzug zu.

Allerdings ist die Rechtslage auch schwierig – und durch die Neuregelung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), die seit dem 1.4.2017 gilt, wird es noch komplizierter. Jedoch könnte sich ebenjene Neuregelung für unzählige Leiharbeitnehmer in steuerlicher Hinsicht auszahlen, denn wenn man der Auffassung des FG Düsseldorf in einem aktuellen Urteil folgt, könnten viele Betroffene ihre Fahrtkosten nun nach Reisekostengrundsätzen geltend machen (Urteil vom 20.11.2024, 15 K 1490/24 E). Doch der Reihe nach. Weiterlesen

Aufreger des Monats Dezember: Steuerliche Rechtslage für sicherheitsgefährdete Arbeitnehmer verschlechtert

Fast täglich liest man in den Zeitungen von Angriffen auf Politiker, auf Polizeibeamte, ja sogar auf Rettungssanitäter. Und immer häufiger wird beteuert, wie wichtig es ist, für den Schutz der betroffenen Personen zu sorgen. Wie fast alles im Leben hat auch das Thema „Schutz“ eine steuerliche Komponente. Das heißt, es ist zu beurteilen, ob Aufwendungen des Arbeitgebers zum Schutz seiner Arbeitnehmer steuerfrei sind oder zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führen. Und ob Aufwendungen, die die Arbeitnehmer selbst tragen, steuerlich abgezogen werden dürfen.

Das BMF hat nun umfassend zur lohnsteuerlichen Behandlung der Aufwendungen des Arbeitgebers für sicherheitsgefährdete Arbeitnehmer Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 11.11.2024, IV C 5 – S 2332/23/10006 :001). Es hat damit ein altes BMF-Schreiben vom 30.6.1997 (BStBl 1997 I S. 696) ersetzt. Das Schreiben soll hier nicht in allen Einzelheiten vorgestellt, doch ein wichtiger Punkt sei hier erwähnt, nämlich die Übernahme der Kosten für den Einbau von Sicherheitseinrichtungen. Hier gibt es nämlich eine Verschlechterung der Rechtslage für betroffene Arbeitnehmer (und ihre Arbeitgeber). Weiterlesen

Sind die Aufwendungen eines Regelinsolvenzverfahrens abziehbar? BFH hat salomonisch entschieden

Für das Verbraucherinsolvenzverfahren hatte der BFH bereits entschieden, dass die Tätigkeitsvergütung des Insolvenzverwalters oder -treuhänders beim Insolvenzschuldner steuerlich nicht zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 4.8.2016, VI R 47/13; BFH-Urteil vom 16.12.2021, VI R 41/18). Nun hat der BFH zu den Kosten eines Regelinsolvenzverfahrens – aus meiner Sicht salomonisch – geurteilt (BFH-Urteil vom 13.8.2024, IX R 29/23).

Der Sachverhalt:

Über das Vermögen der Klägerin wurde wegen Zahlungsunfähigkeit ein Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Im Eigentum der Klägerin stehende Vermietungsobjekte wurden durch die Insolvenzverwalterin verwertet. Aufgrund der Verwertung des Vermögens kam es zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger. Durch den Verkauf der Immobilien wurden allerdings steuerpflichtige Veräußerungsgewinne erzielt. Die Klägerin beantragte, dass die Gewinne um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu reduzieren seien. Das Finanzamt lehnte dies ab; die Klage vor dem FG blieb erfolglos. Weiterlesen

Ein interessantes Urteil für Soldaten: Rechtsanwaltskosten im Wehrdisziplinarverfahren als Werbungskosten

Ein Berufssoldat veröffentlichte einen strafrechtlich relevanten Beitrag auf seinem Social-Media-Account und wurde dafür rechtskräftig verurteilt. Parallel zum Strafverfahren leitete die Bundeswehr ein Wehrdisziplinarverfahren ein.

Gegenstand dieses Verfahrens ist die Ahndung von Dienstvergehen durch Verhängung von Disziplinarmaßnahmen. Hierzu gehören z.B. die Kürzung der Dienstbezüge, Beförderungsverbot, Dienstgradherabsetzung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

Die Rechtsanwaltskosten für seine Vertretung im Disziplinarverfahren wollte der Soldat als Werbungskosten abziehen. Zu Recht? Weiterlesen

Entfernungspauschale: Wann kann die verkehrsgünstigere Straßenverbindung angesetzt werden?

Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte werden mit der Entfernungspauschale berücksichtigt. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG). Die Betonung liegt auf den Worten „offensichtlich verkehrsgünstiger“ und „regelmäßig“.

Das Niedersächsische FG hat entschieden, dass es nicht ausreicht, wenn die Umwegstrecke bei extremen Stauverhältnissen auch ´mal verkehrsgünstiger und schneller sein kann als die kürzere Verbindung. Entscheidend sei vielmehr, dass die erste Tätigkeitsstätte trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen durch Benutzung der Umwegstrecke in der Regel schneller und pünktlicher erreicht wird (Niedersächsisches FG, Urteil vom 3.4.2024, 9 K 117/21). Weiterlesen

Sind die Aufwendungen eines Regelinsolvenzverfahrens abziehbar? BFH muss entscheiden

Für das Verbraucherinsolvenzverfahren hat der BFH entschieden, dass die Tätigkeitsvergütung des Insolvenzverwalters oder -treuhänders beim Insolvenzschuldner nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 16.12.2021, VI R 41/18). Er ist damit von seiner früheren Rechtsprechung abgerückt, wonach ein Abzug wenigstens dann zulässig war, wenn der Steuerpflichtige die Ursache seiner Überschuldung und damit die Notwendigkeit eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht selbst gesetzt hatte (BFH-Urteil vom 4.8.2016, VI R 47/13). Diese Ansicht hat der BFH ausdrücklich aufgegeben.

Es ist aber noch die Frage offen, ob die Kosten eines Regelinsolvenzverfahrens abgezogen werden können, und zwar gegebenenfalls sogar als Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Das FG Hamburg jedenfalls versagt den Abzug. Weiterlesen

Fahrten von Leiharbeitern zur Tätigkeitsstätte – neues Verfahren beim BFH

Viele Zeit- bzw. Leiharbeitnehmer sind der Auffassung, dass sie ihre Fahrtkosten zum jeweiligen Tätigkeitsort nach Dienstreisegrundsätzen geltend machen und gegebenenfalls sogar Mehraufwendungen für Verpflegung abziehen können. Naturgemäß hat die Finanzverwaltung dazu eine ganz eigene Meinung und lässt zumeist lediglich die Entfernungspauschale und schon gar keine Verpflegungsmehraufwendungen zum Abzug zu. Allerdings ist die Rechtslage auch schwierig.

Es gilt: Der Betrieb des Entleihers ist die erste Tätigkeitsstätte, wenn Leiharbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung des Kunden dauerhaft zugeordnet sind. Von einer dauerhaften Zuordnung zum Entleiher ist dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder von vornherein über einen Zeitraum von 48 Monaten an einer Tätigkeitsstätte tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG). Bei Leiharbeitnehmern, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Verleiher stehen, hat der BFH entschieden, dass bei nur befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses keine dauerhafte Zuordnung zur Entleihfirma und damit dort keine erste Tätigkeitsstätte besteht (BFH-Urteil vom 12.5.2022, VI R 32/20). Weiterlesen

Kosten der Strafverteidigung als Werbungskosten – interessantes Urteil des FG Düsseldorf

Kosten einer Strafverteidigung sind nur selten abzugsfähig – und zwar selbst dann nicht, wenn es einen „mittelbaren“ Bezug zum Beruf gibt. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen einem Strafverfahren und der beruflichen Tätigkeit besteht nur dann, wenn dem Steuerpflichtigen eine Tat zur Last gelegt wird, die er in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen hat.

Lediglich in diesem Ausnahmefall können die Kosten der Strafverteidigung als Werbungskosten abziehbar sein. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird aber wiederum aufgehoben, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde (vgl. BFH-Beschluss vom 17.8.2011, VI R 75/10). Letztlich ist die Rechtsprechung des BFH diesbezüglich sehr restriktiv.

Diejenigen, die sich mit dem (unbegründeten) Vorwurf einer Straftat konfrontiert sehen, sollten nun aber ein aktuelles Urteil des FG Düsseldorf studieren, mit dem die Kosten einer Strafverteidigung zum Abzug als Werbungskosten zugelassen wurden (Urteil vom 22.3.2024, 3 K 2389/21 E). Weiterlesen

Aufwendungen im Zusammenhang mit Disziplinarverfahren sind Werbungskosten

Kosten eines Rechtsstreits sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Auch Kosten einer Strafverteidigung sind nur selten abzugsfähig.

Prozess- und Anwaltskosten im unmittelbaren Zusammenhang zum beruflichen bzw. betrieblichen Bereich stellen hingegen abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben dar. Manchmal bewegen sich Aufwendungen aber im Spannungsfeld zwischen den einzelnen Bereichen.

So musste der BFH nun entscheiden, ob Kosten im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Sein Beschluss lautet: Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten abzugsfähig, auch wenn das Verfahren wegen eines strafbaren Kommentars in den sozialen Medien eingeleitet wurde (BFH-Beschluss vom 10.1.2024, VI R 16/21). Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: Fahrzeitersparnis von einer Stunde pro Strecke reicht nicht aus

Um die Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abziehen zu können, muss der Zweitwohnsitz aus einem beruflichen Anlass heraus begründet worden sein. Dabei wird auch geprüft, ob durch den Zweitwohnsitz eine nennenswerte Fahrzeitersparnis erzielt wird. Ohne eine solche Einsparung wird der Werbungskostenabzug versagt.

Das FG Münster hat diesbezüglich entschieden, dass eine doppelte Haushaltsführung nicht anzuerkennen ist, wenn die Hauptwohnung und die erste Tätigkeitsstätte lediglich 30 Km auseinanderliegen und die Fahrzeit zur Arbeit mit dem Auto maximal eine Stunde beträgt (FG Münster, Urteil vom 6.2.2024, 1 K 1448/22 E). Weiterlesen