Aufstiegs-BAföG: Werbungskosten gegebenenfalls rückwirkend mindern, oder?

Beim so genannten Aufstiegs-BAföG werden Zuschüsse gewährt, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Zudem besteht die Möglichkeit, ein zinsgünstiges Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu erhalten. Einzelheiten dazu finden sich beispielsweise auf den Internetseiten des Bundesministeriums  für Bildung und Forschung (https://www.aufstiegs-bafoeg.de/aufstiegsbafoeg/de/home/home_node.html).

Dass die Zuschüsse gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei sind, dürfte wohl außer Frage stehen. Auch dürfte klar sein, dass die Zuschüsse folglich die abziehbaren Werbungskosten mindern (§ 3c Abs. 1 EStG). Doch es bleibt die Frage, in welchem Jahr die Werbungskosten zu mindern sind, wenn ein Zuschuss beispielsweise im Januar 2023 für die Lehrgangsgebühr 2022 geleistet wurde.

Das Niedersächsische FG hat hierzu entschieden, dass der Zuschuss in dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit die Werbungskosten mindert. Das heißt, es werden diejenigen Werbungskosten, für die der Zuschuss geleistet worden ist, gekürzt. Auf das Jahr des Zuflusses kommt es nicht an (Urteil vom 20.9.2023, 4 K 20/23).

Denkanstoß:

Es wurde die Revision zugelassen. Ob diese eingelegt wurde, ist mir noch nicht bekannt. Allerdings muss sich der BFH ohnehin bald mit dem Thema “Aufstiegs-BAföG” befassen. Die Frage in dem Verfahren mit dem Az. VI R 9/21 lautet: Stellt ein aufgrund bestandener Fortbildungsprüfung gewährter Darlehenserlass durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau in der betreffenden Fassung des § 13b Abs. 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes keine Einnahme bei der Einkunftsart (hier: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) dar, bei der die durch das Darlehen finanzierten Lehrgangs- und Prüfungsgebühren steuermindernd in den Vorjahren berücksichtigt worden sind? Die Vorinstanz, hier ebenfalls das Niedersächsische FG, hat entschieden, dass der Darlehenserlass keine Einnahme ist und deshalb steuerfrei bleibt (Urteil vom 31.3.2021,14 K 47/20).

Vom Aufstiegs-BAföG zu unterscheiden ist übrigens der so genannte Meisterbonus für bestandene Meisterprüfungen. Diesbezüglich sei auf das Urteil des FG München vom 30.5.2016 (15 K 474/16) hingewiesen. Danach müssen die Werbungskosten nicht um den Meisterbonus gekürzt werden. Das Bayerische Landesamt für Steuern akzeptiert die Entscheidung, belässt den Meisterbonus steuerfrei und beim Werbungskostenabzug auch anrechnungsfrei (Verfügung vom 6.7.2016, S 2324.2.1-262/6 St32).

Doppelte Haushaltsführung: BFH muss sich erneut mit der 1.000-Euro-Grenze befassen

Ist eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, sind die Kosten der Zweitwohnung als Werbungskosten abzugsfähig. Als Unterkunftskosten dürfen (im Inland) allerdings höchstens 1.000 Euro im Monat angesetzt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG).

Das FG des Saarlandes hat indes – rechtskräftig – geurteilt, dass die Kosten für einen angemieteten Stellplatz oder für eine Garage nicht zu den Unterkunftskosten gehören und damit nicht unter die 1.000 Euro-Grenze fallen. Sie sind damit auch dann abziehbar, wenn bereits die Miete für die Wohnung so hoch ist, dass die Grenze überschritten wird (Gerichtsbescheid vom 20.5.2020, 2 K 1251/17).

Und auch das FG Mecklenburg-Vorpommern hat in diesem Sinne entschieden: Weiterlesen

Erstausbildung: BFH entscheidet zur alten und zur neuen Rechtslage

Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ist extrem teuer, dennoch dürfen die Ausbildungskosten nur in Höhe von maximal 6.000 Euro als Sonderausgaben abgezogen werden. Eine Ausnahme gilt lediglich, wenn es sich um eine Zweitausbildung handelt oder – ausnahmsweise – ein Ausbildungsdienstverhältnis gegeben ist. Da beim Sonderausgabenabzug kein “Verlustvortrag” möglich ist, bleiben die hohen Kosten der Pilotenausbildung steuerlich zumeist vollkommen ohne Auswirkung. Dass dies zulässig ist, hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2019 bestätigt (Beschluss vom 19.11.2019, 2 BvL 22/14, 2 BvL 27/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 23/14). Insofern wäre es für einen angehenden Piloten von Vorteil, wenn er vor der Pilotenausbildung eine Erstausbildung absolviert hätte. Denn die Kosten einer Zweitausbildung sind als Werbungskosten voll abziehbar und auch ein Verlustvortrag kommt bei negativen Einkünften in Betracht.

Was ist aber eine Erstausbildung?

Nach der alten Rechtslage bis 2014 reichte eine so genannte Schnellausbildung aus, beispielsweise die Ausbildung zum Rettungssanitäter mit einer Dauer von acht Monaten (BFH 27.10.2011, VI R 52/10) oder die Ausbildung zur Flugbegleiterin mit einer Dauer von sechs Monaten (BFH 28.2.2013, VI R 6/12). Seit 2015 liegt eine Erstausbildung hingegen nur dann vor, wenn die Ausbildung mindestens zwölf Monate in Vollzeit dauert und mit einer Prüfung abgeschlossen wird.

Kürzlich musste der BFH nochmals zur alten Rechtslage bis 2014 entscheiden

Sein positives Urteil: Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: Wann eine ausreichende Kostenbeteiligung vorliegt

Wenn Berufstätige weit entfernt von ihrem Lebensmittelpunkt arbeiten und dort eine Wohnung nutzen, dürfen sie die Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abziehen. Die Betonung liegt aber auf dem Wort “doppelte”, denn schon rein begrifflich setzt der Abzug das Vorliegen eines zweiten Hausstandes voraus. Die Finanzverwaltung verlangt zumindest bei Ledigen im Übrigen den Nachweis, dass der Steuerpflichtige nachweislich mehr als zehn Prozent der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der heimatlichen Haushaltsführung übernimmt (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl 2014 I S. 1412; BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl 2020 I S. 1228).

Schaut man ins Gesetz, finden sich die Worte “monatlich regelmäßig anfallend” allerdings nicht. Das BMF hat insoweit neue Tatbestandsmerkmale geschaffen. Daher hatte das Niedersächsische FG entschieden, dass eine regelmäßige Beteiligung an den laufenden Wohnungs- und Verbrauchskosten nicht erforderlich ist, da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien hierauf hindeuten (Urteil vom 18.9.2019, 9 K 209/18). Der BFH hat das Urteil nun bestätigt (BFH-Urteil vom 12.1.2023, VI R 39/19). Weiterlesen

Erste Tätigkeitsstätte oder wenn der Springer nicht springt

Im Jahre 2019 hatte das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein Feuerwehrmann, der nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet ist, seinen Dienst an verschiedenen Einsatzstellen zu leisten, keine “erste Tätigkeitsstätte” hat. Nach diesem Urteil hätte er für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht nur die Entfernungspauschale, sondern die tatsächlichen Fahrtkosten bzw. die Dienstreisepauschale als Werbungskosten geltend machen können (Urteil vom 28.11.2019, 6 K 1475/18).

Doch soeben hat der BFH das Urteil wieder kassiert. Dies ist sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich interessant, so dass die Entscheidung nachfolgend vorgestellt werden soll. Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: 1.000 Euro sind nicht immer 1.000 Euro, oder?

Ist eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, sind die Kosten der Zweitwohnung als Werbungskosten absetzbar, allerdings begrenzt auf 1.000 Euro pro Monat (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG).

Doch es gibt einige Urteile, nach denen ein Abzug über den Höchstbetrag hinaus möglich ist. Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: Wenn sich das Familienheim im Ausland befindet

Die Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung werden als Werbungskosten berücksichtigt. Bei Ledigen ist dabei oftmals die finanzielle Beteiligung an der Haushaltsführung in der heimatlichen Wohnung streitig. Bei Ehegatten hingegen wird die finanzielle Beteiligung üblicherweise unterstellt. So heißt es im BMF-Schreiben vom 25.11.2020 (BStBl 2020 I S. 1228, Rz. 113): “Für den steuerfreien Arbeitgeberersatz kann der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern mit den Steuerklassen III, IV oder V ohne Weiteres unterstellen, dass sie einen eigenen Hausstand haben, an dem sie sich auch finanziell beteiligen.”

Allerdings gilt die Unterstellung, dass eine Beteiligung an den Kosten erfolgt, nur, wenn sich die Familienwohnung im Inland befindet. Wie das Niedersächsische FG soeben entschieden hat, kann die finanzielle Beteiligung bei Fällen mit Auslandsbezug nicht unterstellt werden, nur weil der Arbeitnehmer verheiratet ist (Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.9.2022, 9 K 309/20/NWB Online-Nachricht). Weiterlesen

Fahrten von Leiharbeitern zur Tätigkeitsstätte – BFH urteilt zugunsten der Arbeitnehmer

Als das steuerliche Reisekostenrecht im Jahre 2014 geändert und aus der regelmäßigen Arbeitsstätte die erste Tätigkeitsstätte wurde, sollte alles besser und einfacher werden. Rund neun Jahre später weiß man, dass nichts besser und schon gar nicht einfacher wurde. Angesichts der unzähligen streitigen Verfahren darf man wohl zurecht die Frage stellen, was die damalige Reform überhaupt für einen Nutzen hatte.

Besonders umstritten waren – und sind – mitunter Fälle rund um Zeit- bzw. Leiharbeitnehmer. Mit zwei Urteilen aus dem Jahre 2019 (VI R 36/16 und VI R 6/17) hatte der BFH zwar versucht, für Klarheit zu sorgen, doch offenbar ist ihm dies nicht zur Gänze gelungen. Jedenfalls ließ ein Urteil des Niedersächsischen FG vom 28.5.2020 (1 K 382/16) aufhorchen. Weiterlesen

Kein Kostenabzug für Studienreise nach Israel

Bis zum Herbst 2009 hätte die Aussage, dass eine Religionslehrerin die Kosten ihrer Studienreise nach Israel nicht absetzen kann, vielerorts für Zustimmung gesorgt. So war die Rechtslage damals halt: Die private Mitveranlassung einer Reise, und davon konnte man bei Studienreisen oft ausgehen, führte zum kompletten Nichtabzug der Kosten. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ließ grüßen.

Doch dann kam der Beschluss des Großen Senats vom 21.9.2009 (GrS 1/06, BStBl 2010 II S. 672), der für Aufsehen sorgte: Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen können grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Weiterlesen

Was sind eigentlich Schuldzinsen?

Wer eine Immobilie errichtet, die der Einkünfteerzielung dienen soll, kann die damit im Zusammenhang stehenden Schuldzinsen als Werbungkosten oder gegebenenfalls als Betriebsausgaben abziehen, und zwar – von wenigen Ausnahmen abgesehen – im Jahr der Zahlung in voller Höhe. Anschaffungs- oder Herstellungskosten hingegen sind nur mittels AfA begünstigt.

Nun gibt es durchaus Fälle, in denen sich vermeintliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei genauerer Betrachtung als Finanzierungskosten entpuppen. So auch in einem Fall, über den der BFH jüngst entschieden hat. Sachverhalt und Begründung sollen hier nur kurz vorgestellt werden. Ich empfehle aber, das Urteil genau zu studieren, wenn jemand hohe Kosten für die Bauaufsicht und Bauleitung aufgewendet hat. Weiterlesen