Serie Bilanzskandale: Aufgehübschte Bilanzen haben Hochkonjunktur – tickende Zeitbomben ticken immer lauter

Die konjunkturelle Lage ist derzeit bescheiden – um es vorsichtig auszudrücken. Die Aussichten sehen teilweise noch schlimmer aus. Ein großer Nährboden für aufgehübschte Bilanzen. Ganz einfach: Je schlechter ein Unternehmen wirtschaftlich dasteht, desto eher besteht der Anreiz, dies zu verschleiern.

Mit Verschleiern meine ich hier jedoch nicht, die Grenze zu Legalität zu überschreiten. Es werden lediglich die Möglichkeiten der legalen Bilanzkosmetik genutzt, um das ganze etwas besser darzustellen. Langfristige Probleme können dadurch nicht gelöst werden. Ganz im Gegenteil: Durch das Aufhübschen der Zahlen wird so der Schein erweckt, dass es doch gar nicht so schlimm aussieht wie vielleicht vermutet.

Das in dem ein oder anderen Fall die Grenze zur Legalität überschritten wird, davon ist auszugehen. „Es gibt keinen anderen Ausweg, sonst bekommen wir keine Kredite mehr.“ – so eine Aussage eines Mitarbeiters zur Rechtfertigung der Geschäftsleitung des eigenen Vorgehens in einem Gespräch.

Verkauf von Tafelsilber löst keine langfristigen Probleme

Zugegeben, sich die echten Zahlen anzuschauen ist sicherlich für viele derzeit keine große Freude, denn nun zeigen sich auch vermehrt Risiken in der Bilanz. Doch leider muss man sagen: Auf tickende Zeitbomben in Bilanzen habe nicht nur ich in der Vergangenheit mehrfach hingewiesen (vgl. Lesetipps am Ende des Beitrags). Leider war das Interesse daran oftmals überschaubar. Wenn nun beispielsweise Abschreibungen beim Goodwill drohen oder höhere Rückstellungen gebildet werden müssen – das war vorhersehbar. Unklar war nur, wann und wie viel Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Filmtipp „Wirecard – Die Milliarden-Lüge“

Eigentlich wollte ich etwas über den Indien-Deal von Wirecard schreiben. Doch seit Anfang Mai hat sich eine Frage geklärt, die ich mir schon lange gestellt hatte: Wer war der Whistleblower in Singapur? Die Antwort hat nicht nur die Presse, sondern auch die neue Doku „Wirecard – Die Milliarden-Lüge“ beantwortet: Pav Gill. Ein Jurist aus Singapur.

Ein weiteres Rätsel wird gelöst

Endlich hat der Whistleblower ein Gesicht. Und Pav Gill ist nicht der Einzige, der bei Wirecard den Eindruck hatte, dass nicht alles echt ist. Auch der Online-Kritiker „Jigajig“ berichtet aus seiner Perspektive, wie er nächtelang den Konzern Wirecard rekonstruiert, Fragen aufwirft. In seinem Bekanntenkreis stößt er eher auf Unverständnis. Auch bei ihm habe ich den Eindruck, dass diese jahrelange Arbeit große Spuren hinterlassen hat. Damals hielten viele derartige Manipulationen bei dem DAX-Liebling für unmöglich. Seit einem Jahr ist bekannt, dass auch DAX-Konzerne wegen Bilanzmanipulationen Insolvenz anmelden und ehemalige DAX-Vorstände sich auf der Flucht befinden können. Weiterlesen

Lehren aus Wirecard (Teil 7): Was sich am Kapitalmarkt ändern sollte

Reformvorschläge des IDW unter der Lupe

Ein insolventer DAX-Konzern, dessen (mittlerweile) Ex-Vorstand sich auf der Flucht befindet und nach den aktuellen Pressemeldungen (Stand: 20. Juli 2020) sich möglicherweise in Russland aufhält. Ein wahrer Thriller, den sich selbst ein Bestseller-Autor, wie beispielsweise Harlan Coben, kaum besser ausdenken könnte.

Bisher haben sich vermutlich nur wenige dafür interessiert, wie ein Unternehmen in den DAX kommt. Diese Frage habe ich seit dem 18. Juni 2020 doch von vielen meiner Bekannten gehört: Wie kommt so ein Unternehmen in den DAX? Warum wird Wirecard nicht sofort aus dem DAX geworfen? Mir stellt sich noch eine andere Frage: Wie kann ein Unternehmen ohne Prüfungsausschuss und ohne ein funktionierendes Internes Kontrollsystem in die erste Börsenliga kommen? Gute Corporate Governance sieht anders aus. Weiterlesen

Lehren aus Wirecard (Teil 6): Aufsicht über Unternehmen und Abschlussprüfer

Reformvorschläge des IDW unter der Lupe

Mit dem Wirecard-Skandal sind nicht nur die Wirtschaftsprüfer zunehmend in der Kritik. Die deutsche Bundesregierung hat den Vertrag mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) zum Ende 2021 gekündigt. Dabei war der Grund für die Gründung der Bilanzpolizei 2005 eine Reihe von Bilanzskandalen, die mit der Schaffung der privatrechtlichen Organisation verhindert werden sollten. Wie sich zeigt, ist dies ordentlich schief gegangen. Weiterlesen

Lehren aus Wirecard (Teil 5): Verbesserung der Prüfung durch den Abschlussprüfer

Reformvorschläge des IDW unter der Lupe

Am 18. Juni 2020 sollte es endlich so weit sein: Als letztes DAX-Unternehmen sollte der testierte Abschluss von Wirecard veröffentlicht werden. Fehlanzeige. EY hat das Testat verweigert. Es fehlten ausreichende Prüfungsnachweise über die Existenz von 1,9 Milliarden Euro – immerhin ca. ein Viertel der Bilanzsumme. Dabei handelt es sich um Guthaben auf Treuhandkonten. Mittlerweile hat EY Wirecard das Testat für 2019 versagt.

Es gibt bereits Kanzleien, die den Wirtschaftsprüfer verklagen wollen. Dabei stellt sich die Frage der Haftung von EY als Abschlussprüfer bei Wirecard (s. https://ey-klage.de/). Der aktuelle Bilanzskandal zeigt: Es gibt Reformbedarf. Der IDW wehrt sich allerdings vehement gegen allgemeine Änderungen des Regulierungsrahmens der Abschlussprüfung. Ich sehe dies anders: Gerade der aktuelle Skandal zeigt, dass es dringenden Reformbedarf gibt. Schauen wir uns die Vorschläge des IDWs genauer an. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Wirecard-Skandal übertrifft alle bisherigen Bilanzskandale

„Die Leute glauben nicht, was sie sehen. Sie sehen, was sie glauben.“

 Nun ist es sicher: Beim DAX-Konzern Wirecard wurden Bilanzen gefälscht. Dies nicht erst seit gestern. Bereits im Januar hatte ich mich auf meinem FINANCE-Blog „Abgeschminkt“ geäußert, warum Kleinaktionäre Wirecard unter Druck setzen. Die Veröffentlichung des Geschäftsberichtes 2019 wurde in diesem Jahr mehrmals verschoben. Am 18. Juni 2020 sollte es dann endlich soweit sein.

Was seit dem 18. Juni passiert ist…

Mittlerweile wissen wir: Der Wirtschaftsprüfer hat dem DAX-Konzern das Testat verweigert. Auch das erteilte Testat für 2018 wurde mittlerweile zurückgezogen. Die Ereignisse haben sich in den letzten Wochen überschlagen. Während der ehemalige Vorstand Markus Braun nach einem Kurztrip in den Knast gegen Kaution wieder freigelassen wurde, ist sein Ex-Kollege Jan Marsalek derzeit noch auf der Flucht (Stand: 7. Juli 2020). Weiterlesen

Update Bilanzskandale: Ansteckungsgefahr durch Corona-Virus auch für Bilanzen

Das Interesse an Bilanzskandalen ist gestiegen, so mein Eindruck. Die Anfragen und Nachrichten, die ich dazu erhalte, haben sich in den letzten Wochen deutlich erhöht. Mit einem Konjunktureinbruch steigt auch die Gefahr von Bilanzmanipulationen. Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten besteht der Anreiz, die Zahlen künstlich aufzupumpen, um die wahre wirtschaftliche Lage zu verschleiern.

Besonderheit: Corona-Problem für Fälscher

Der Bilanzfälscher hat über kurz oder lang immer ein Problem: die Liquidität. Denn mit gefälschten Bankbelegen und fingierten Rechnungen können auch in Zeiten von Bitcoin und Co. noch keine Rechnungen beglichen werden. In der Regel pumpen die Täter die Bilanzen und den Gewinn des Unternehmens auf, um sich besser darzustellen.

Wieso? Weiterlesen

Serie Bilanzskandale – Wie Mitarbeiter als Werkzeug für Manipulationen eingesetzt werden

Wie die Erfahrung zeigt, gibt es bei Bilanzmanipulationen in den wenigsten Fällen nur einen Täter. Oft werden Mitarbeiter gezielt manipuliert, um durch Versprechungen, wie beispielsweise einem Aufstieg im Unternehmen, für die eigene Zielerreichung eingesetzt werden zu können. Der folgende Beitrag deckt einige Details dazu auf. Weiterlesen