Reform der Gewerbesteuerzerlegung bei Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden?

Gewerbliche Einkünfte unterliegen der Gewerbesteuer, soweit der Gewerbebetrieb im Inland betrieben wird. Auf die Rechtsform des Gewerbebetriebs kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Mit einem Aufkommen von zirka 55 Milliarden Euro im Jahr 2019 werden durch die Gewerbesteuer zwar „lediglich“ knapp 7% der Steuereinnahmen des Bundesrepublik Deutschland erzielt (Quelle: https://www.destatis.de), da das Aufkommen der Gewerbesteuer den Gemeinden zufließt, stellt die Gewerbesteuer eine wesentliche Einnahmequelle der Städte und Gemeinden dar.

Eine Besonderheit ergibt sich bei Gewerbetrieben, die in mehren Gemeinden Betriebsstätten unterhalten. In diesem Fall ist der Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile zu zerlegen (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Ausnahmen und Rückausnahmen bzgl. der Zerlegung sind in § 28 Abs. 2 GewStG normiert. Durch die Multiplikation von Gewerbesteuermessbetrag mit dem jeweiligen Hebesatz der Gemeinde ergibt sich die festzusetzende Gewerbesteuer. Für die Zerlegung ist de lege lata das Verhältnis der Arbeitslöhne in allen Betriebstätten des Gewerbebetriebs und die Arbeitslöhne der Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden maßgeblich (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG). Hierzu sind wiederum Ausnahmen für Gewerbebetriebe, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben, in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG aufgenommen.

Ob die Zerlegung weiterhin auf Basis der Arbeitslöhne vorzunehmen ist, bleibt abzuwarten. Jüngst hat das Land Sachsen-Anhalt einen „Entschließung des Bundesrates für eine Neubewertung der Gewerbesteuerzerlegung bei Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden“ eingebracht (vgl. BR-Drucks. 382/20). Weiterlesen

Arbeitsrechtliche Zuordnung von AN: Wann es zum Konflikt zwischen Lohnsteuer und Gewerbesteuer kommt

Seit der Reisekostenreform 2013 wird durch dienst- oder arbeitsrechtliche Weisungen des Arbeitgebers bestimmt, ob und an welchem Ort Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte begründen. Diese Regelungssystematik hat der BFH in ersten Urteilen inzwischen bestätigt (Az: VI R 27/17, VI R 40/16 und VI R 12/17).

Was zunächst Lohn- und Einkommensteuer des Arbeitnehmers beeinflusst, wirkt sich auch im Rahmen der Zerlegung des Gewerbesteuer-Messbetrags des Arbeitgeber-Unternehmens aus. Denn der Zerlegungsmaßstab der Gewerbesteuer sind die Arbeitslöhne, die in den einzelnen Betriebsstätten des Gewerbebetriebs gezahlt wurden. Ergeben sich bei der Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte Zweifel, steht auch ein Fragezeichen hinter dem Zerlegungsmaßstab der Gewerbesteuer. Weiterlesen

Gewerbesteuer-Zerlegung: Kommt die Änderung der Rechtsprechung bei Arbeitnehmerüberlassungen?

Arbeitnehmerüberlassung zur Gewerbesteuer-Minderung 


Häufiger Streitpunkt bei der Gewerbesteuer-Zerlegung sind die verschiedenen Formen der Arbeitnehmerüberlassung (z. B. Beschäftigung von Leiharbeitnehmern). Dabei stellt sich die Frage, wem die Arbeitslöhne für Arbeitnehmer, die in einem Unternehmen oder Unternehmensteil vertraglich angestellt sind, aber in einem anderen Unternehmen oder Unternehmensteil tätig sind, zur Bestimmung des Zerlegungsmaßstabs zuzurechnen sind. Insbesondere zwischen verbundenen Unternehmen spielen dabei nicht nur wirtschaftliche Aspekte eine Rolle, sondern auch die die Minderung der effektiven Gewerbesteuer-Belastung, indem möglichst viele Arbeitslöhne den Betriebsstätten zugeordnet werden, die in Kommunen mit niedrigen Hebesätzen belegen sind. Weiterlesen

Sind die Arbeitslöhne als Zerlegungsmaßstab der Gewerbesteuer zeitgemäß?

Seit dem Gewerbesteuergesetz 1937 bilden die Arbeitslöhne in den Betriebsstätten eines Gewerbebetriebs den Regelzerlegungsmaßstab der Gewerbesteuer. Trotz häufiger Kritik blieb der Regelzerlegungsmaßstab über die Jahre hinweg nahezu unverändert – eine echte Ausnahme im Ertragsteuerrecht.

Hintergrund des Zerlegungsmaßstabs

Die Gewerbesteuer soll den Gemeinden einen gewissen Ausgleich für die Lasten bieten, welche die Betriebe der Industrie, des Handels und des Handwerks den Gemeinden verursachen. Daher ist es das Ziel der Zerlegung, den Gemeinden den Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zuzugestehen, der deren eigenen durch den Betrieb und dessen Arbeitnehmer inkl. Angehöriger entstehenden Aufwendungen entspricht (sog. Arbeitnehmerfolgekosten, z. B. Bau und Unterhaltung von Schulen, Straßen und Krankenhäusern). Hierfür hat der historische Gesetzgeber die Zerlegung nach den anteiligen Arbeitslöhnen als geeignet angesehen. Der Regelzerlegungsmaßstab der Arbeitslöhne entstand vor dem Hintergrund der Wirtschaftsstruktur der 1930er Jahre. Ist der Zerlegungsmaßstab in der heutigen Wirtschaftsrealität noch angemessen?

Veränderte Unternehmens- und Beschäftigtenstruktur

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5 bzw. 10 Jahre Sonderzerlegungsmaßstab für Erzeuger von Wind- und Solarenergie – eine Zwischenbilanz

Einführung zur Stärkung der Standortgemeinden von Wind- und Solarparks


Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde im GewStG ein besonderer Zerlegungsmaßstab für die Betreiber von Windkraftanlagen eingeführt, der sich zu 30 % nach Arbeitslöhnen und zu 70 % nach dem wesentlichen Sachanlagevermögen richtet. Der besondere Zerlegungsmaßstab ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf Rechtsprechung des BFH, nach deren Ergebnis den Standortgemeinden der Windkraftanlagen kein Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag der Energieerzeuger zugewiesen wurde. Durch das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz wurde der besondere Zerlegungsmaßstab ab Erhebungszeitraum 2014 auf Anlagen zur Erzeugung von Solarenergie erweitert.

Der besondere Zerlegungsmaßstab wurde bereits im Vorfeld seiner Einführung in Politik und Steuerliteratur stark kritisiert. Im fünften bzw. zehnten Geltungsjahr des Sonderzerlegungsmaßstabs kann ein Zwischenfazit zu dessen Anwendung und Wirksamkeit gezogen werden. Weiterlesen