Parteien zur Bundestagswahl 2021 – Teil 2a: Unternehmenssteuerreform – zieht die Bemessungsgrundlage den Tarif über den Tisch?

Als Grundlage für die kommenden Koalitionsverhandlungen bieten Parteiprogramme einen validen Indikator, wie die Steuerpolitik der nächsten Legislaturperiode aussehen könnte. Dinge, die noch nicht mal in Wahlprogrammen stehen, haben nämlich aus den Erfahrungen der Vergangenheit kaum Aussichten in das Arbeitsprogramm einer kommenden Bundesregierung aufgenommen zu werden. Auch schon vor Kenntnis des Wahlausgangs lohnt ein genauer Blick auf die Agenda der Parteien, um die steuerpolitischen Erwartungen ab 2022 realistisch zu beurteilen. Die Vielfalt der steuerpolitischen Wahlprogrammversprechen wollen wir in einer kleinen Artikelserie beleuchten. Nachdem Daniel Käshammer sich in seinem Beitrag eingangs mit dem Steuertarif befasst hat, soll es hier darum gehen, worauf dieser Tarif angewendet wird.

Die umgangssprachliche Redewendung „Gewaltig ist des Schraubers Kraft, wenn er mit Verlängerung schafft“ verdeutlicht die große Wirkung eines mechanischen Hebels. Zu ähnlichen Hebelwirkungen kommt es sogar im Bereich der Unternehmensbesteuerung, nur dass dort die auftretenden Kräfte von finanzieller Natur sind und (bei gegebenem Tarif) der Hebel in der Bemessungsgrundlage liegt. Erst aus der Kombination beider Effekte ergibt das Steueraufkommen bzw. je nach Blickwinkel die finanzielle Belastung. Die verhältnismäßige Bedeutung und besondere Komplexität der steuerlichen Bemessungsgrundlage zeigt sich augenfällig auch daran, dass die (in Deutschland sehr umfangreiche) Steuerliteratur fast ausschließlich zu Fragen der Bemessungsgrundlagen veröffentlicht wird. Weiterlesen

Parteien zur Bundestagswahl 2021 – Teil 1: Unternehmenssteuerreform, rosige Aussichten oder rote Laterne – was bringen die 20er Jahre?

Mittlerweile haben sich alle im Bundestag vertretenen Parteien auf ihre Spitzenkandidaten festgelegt und ihre Wahlprogramme verabschiedet. Als Grundlage für die kommenden Koalitionsverhandlungen bieten die Programme einen nicht zu unterschätzenden Indikator, wie die Steuerpolitik in den nächsten vier Jahren der anstehenden Legislaturperiode aussehen könnte. Dinge, die noch nicht mal in Wahlprogrammen stehen, haben nämlich aus den Erfahrungen der Vergangenheit nur geringe Aussichten in das Arbeitsprogramm einer kommenden Bundesregierung aufgenommen zu werden. Ein genauer Blick in die Wahlprogramme der Parteien lohnt also, um die steuerpolitischen Erwartungen ohne rosa Brille zu betrachten und realistisch zu beurteilen, und einzuschätzen, ob auf Deutschland im Bereich der Unternehmensbesteuerung demnächst die rote Laterne eines europäischen Schlusslichts zukommen könnte.

Steuerpolitische Forderungen spielen in den Programmen eine wesentliche Rolle, da sie alle politischen Felder in verschiedenen Formen betreffen, bspw. in der Klimapolitik durch ihre Lenkungswirkung, zur Generierung von Einnahmen, um die Haushaltsdefizite der Corona-Krise auszugleichen, oder um die Wirtschaft nach der Krise per Steuersenkung wieder auf den Wachstumspfad zu bringen. Die Vielfalt der steuerlichen Wahlprogrammpunkte wollen wir in einer kleinen Blog-Artikelserie beleuchten. Im Rahmen einer dieser Serie zur Bundestagswahl 2021 wollen wir in einigen Blog-Beiträgen die steuerpolitischen Aussichten für Sie zusammenstellen und einordnen.

Nicht nur für Unternehmerinnen und Unternehmer ist die Frage einer Unternehmenssteuerreform von zentraler Bedeutung. Auch Arbeitnehmer und der Rest der Bevölkerung profitieren davon, wenn Deutschland eine prosperierende Region in einem herausfordernden weltwirtschaftlichen Umfeld bleibt. Wirtschaftlicher Erfolg deutscher Unternehmen auf nationalen und internationalen Märkten sichert Einfluss auf europäische Entscheidungen genauso wie er dem deutschen Arbeitsmarkt zugutekommt, das Gesundheitssystem und Rentensystem stützt und staatlichen Stellen durch nachhaltige Steuereinnahmen ausreichenden Handlungsspielraum bereitstellt. Doch das Umfeld hat sich seit der letzten größeren Unternehmenssteuerreform im Jahr 2008 deutlich gewandelt. Seitdem ist Deutschland in allen steuerlichen Ländervergleichen nach hinten durchgereicht worden und ist für Unternehmen mittlerweile ein Höchststeuerland. Geschieht nichts, droh die rote Laterne. Weiterlesen