Aufwendungen für eine Adoption: Revision leider nicht eingelegt

Im Rahmen des Blog-Beitrages „Aufwendungen für eine Adoption: Kein Abzug als außergewöhnliche Belastung – oder?“ hatte ich ein Urteil des FG Münster vorgestellt. Dieses hatte zwar in Übereinstimmung mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung geurteilt, dass die Aufwendungen für eine Adoption nicht abziehbar sind, allerdings die Revision zugelassen (FG Münster, Urteil vom 25.6.2024, 14 K 1085/23 E).

Leider wurde die Revision nicht eingelegt. Dabei hätte sie vielleicht sogar Aussicht auf Erfolg gehabt.

Kurz noch einmal zum Hintergrund:

Mehrere Male hat der BFH entschieden, dass die Aufwendungen, die einem Paar aufgrund der Adoption eines Kindes entstehen, keine Krankheitskosten darstellen und folglich nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind (z.B. BFH-Urteil vom 20.3.1987, III R 150/86; BFH-Urteil vom 10.3.2015 VI R 60/11).

In den Jahren 2013 und 2015 gab es diesbezüglich aber einen seltsamen Vorgang beim BFH: Der VI. Senat wollte unter Aufgabe der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung Aufwendungen für eine Adoption doch als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG anerkennen und rief insoweit den Großen Senat an (BFH-Beschluss vom 18.4.2013, VI R 60/11). Aus mir nicht näher bekannten Gründen hat der VI. Senat dann aber einen Rückzieher gemacht und mit dem o.g. Urteil vom 10.3.2015 die bisherige Linie, die zuvor der III. Senat aufgezeigt hatte, bestätigt (vgl. dazu Geserich, NWB Nr. 29 vom 13.07.2015 Seite 2120). Weiterlesen

Was tun, wenn das Eigenheim wegen einer Schadstoffbelastung saniert werden muss?

Keine Sorge, ich schwinge mich im Rahmen dieses Blogs nicht zum Bausachverständigen auf. Nein, es geht hier – natürlich – nur ums Steuerrecht. Und da möchte ich auf eine interessante Entscheidung des FG Baden-Württemberg aufmerksam machen. Dieses hat sich mit der Frage befasst, welche Nachweise ein Immobilienbesitzer vorbringen muss, wenn er hohe Sanierungsaufwendungen zur Beseitigung einer Schadstoffbelastung seines Eigenheims getragen hat, die er nun als außergewöhnliche Belastung geltend machen möchte (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.2.2024, 1 K 1855/21). Weiterlesen

Aufwendungen für eine Adoption: Kein Abzug als außergewöhnliche Belastung – oder?

Mehrere Male hat der BFH entschieden, dass die Aufwendungen, die einem Paar aufgrund der Adoption eines Kindes entstehen, keine Krankheitskosten darstellen und folglich nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind (z.B. BFH-Urteil vom 20.3.1987, III R 150/86; BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11). In den Jahren 2013 und 2015 gab es diesbezüglich aber einen seltsamen Vorgang beim BFH: Der VI. Senat wollte unter Aufgabe der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung Aufwendungen für eine Adoption doch als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG anerkennen und rief insoweit den Großen Senat an (BFH-Beschluss vom 18.4.2013, VI R 60/11).

Aus mir nicht näher bekannten bekannten Gründen hat der VI. Senat dann aber einen Rückzieher gemacht und mit dem o.g. Urteil vom 10.3.2015 die bisherige Linie, die zuvor der III. Senat aufgezeigt hatte, bestätigt (vgl. dazu Geserich, NWB Nr. 29 vom 13.07.2015 Seite 2120).

Nun hat zwar auch das Finanzgericht Münster geurteilt, dass die Aufwendungen für eine Adoption keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen, allerdings die Revision zugelassen. Möglicherweise werden die obersten Steuerrichter also doch noch Gelegenheit erhalten, ihre Auffassung zu revidieren (FG Münster, Urteil vom 25.6.2024, 14 K 1085/23 E/NWB Online-Nachricht).

Der Sachverhalt:

Die Kläger waren ungewollt kinderlos. Im Jahr 2022 adoptierten sie zwei im Ausland geborene Mädchen. Die Adoptionen wurden in Deutschland von einer staatlich anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle begleitet. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger die Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG geltend. Sie verwiesen darauf, dass ihnen die Aufwendungen zwangsläufig entstanden seien. So hätten sie vor der Adoption die langwierige und strapaziöse Behandlung einer künstlichen Befruchtung erfolglos auf sich genommen. Da der BFH die Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung zur Erfüllung des individuellen Kinderwunsches als zwangsläufig anerkannt habe (z.B. BFH-Urteil vom 5.10.2017, VI R 2/17), müssten auch die Kosten einer Adoption als zwangsläufig gelten und folglich als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Finanzamt und Finanzgericht folgten dieser Argumentation jedoch nicht.

Die Begründung:

Die Aufwendungen, die einem Paar aufgrund der Adoption eines Kindes im Falle organisch bedingter Sterilität eines Partners entstehen, stellen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH keine Krankheitskosten dar. Weder liege eine medizinische Leistung vor noch könne der Vorgang einer Adoption einer solchen gleichgestellt werden. Adoptionen seien keine (medizinischen) Heilbehandlungen. Sie seien nicht medizinisch indiziert und werden nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnung der Ärzte vorgenommen. Etwas anderes gelte auch dann nicht, wenn der Entschluss zur Adoption erst nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung gefasst wurde. Der Entschluss zur Adoption beruhe vielmehr – auch nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung – auf einer vom Willen getragenen (neuen) freien Entscheidung, die ungewollte Kinderlosigkeit nunmehr durch Adoptionen zu beenden.

Denkanstoß:

Ich hoffe, dass die unterlegenen Kläger tatsächlich Revision einlegen. Übrigens weist BFH-Richter Dr. Geserich in der oben erwähnten Kommentierung darauf hin, dass Kosten der Adoption eines Kindes in Österreich abziehbar sind. Ich habe zu dem Thema in einem Erlass des österreichischen BMF vom 16.12.2016 (BMF-010222/0082-VI/7/2016, BMF-AV Nr. 211/2016) folgenden Satz gefunden: „Kosten der Adoption eines Kindes sind in Hinblick auf das öffentliche Interesse der Gesellschaft an Kindern als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (VwGH 06.06.2011, 2007/13/0150.“ Mir gefällt die Aussage sehr.

 

BFH: Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für eine Fettabsaugung

Aufwendungen für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems können jedenfalls ab dem Jahr 2016 ohne vorherige Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein. Das hat der BFH mit Urteil vom 10.08.2023 entschieden (BFH Az. VI R 36/20).

Zum Hintergrund

Die Klägerin (Kl.) machte in ihrer Einkommenssteuererklärung für das Streitjahr 2016 Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung (Liposuktion) infolge eines Lipödems als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Die Krankheit und die Erforderlichkeit der Operation wurde durch einen Arzt bestätigt. Die Krankenkasse der Kl. erstattete die entsprechenden Aufwendungen nicht.

Nach Durchführung der Operation bestätigte eine amtsärztliche Stellungnahme die medizinische Notwendigkeit der Liposuktion. Das FA verneinte das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung mangels Vorliegens eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vor Beginn der Behandlung gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. f EStDV. Nach erfolglosem Einspruch wies auch das angerufene FG die Klage mit der Begründung zurück, dass die Notwendigkeit der Liposuktion nicht durch ein vor Durchführung der Operation ausgestelltes amtsärztliches Gutachten nachgewiesen wurde und die Liposuktion (noch) keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode sei.

Entscheidung des BFH

Die Revision der Kl. war begründet und führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Weiterlesen

Burnout: Sind selbst getragene Behandlungsaufwendungen Werbungkosten?

Viele Menschen leiden unter einem Burnout, sie fühlen sich im wahrsten Sinne des Wortes ausgebrannt. Wie es leider häufig bei psychischen Krankheiten ist, kämpfen die Betroffenen nicht nur mit dem Leiden an sich, sondern treffen in vielerlei Hinsicht auf Unverständnis im Bekanntenkreis, beim Arbeitgeber, bei Behörden, bei Versicherungsträgern und auch vor Gericht.

Gerade die Finanzgerichtsbarkeit bildet hier ein schlechtes Beispiel, etwa der BFH-Beschluss vom 9.11.2015 (VI R 36/13). Weiterlesen

Kosten für einen Corona-Test als außergewöhnliche Belastung abziehbar?

Aufwendungen können als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn diese zwangsläufig erwachsen. Zwangsläufig sind Kosten nach § 33 Abs. 2 S. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige sich diesen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Für Krankheitskosten wird deren Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen unterstellt. Das gilt für alle Aufwendungen, die der Heilung einer Krankheit dienen (z. B. Medikamente, Operation) oder eine Krankheit erträglicher machen. Dagegen bleiben Aufwendungen für Maßnahmen, die lediglich der Vorbeugung oder Erhaltung der Gesundheit dienen, als Kosten der allgemeinen Lebensführung steuerlich grundsätzlich unberücksichtigt. Ob dies auch für Aufwendungen eines Infektions-Tests gilt, wurde durch die Rechtsprechung bisher – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden.

Hinsichtlich der Aufwendungen für einen Corona-Test (PCR-Test ca. 170 €, Antigen-Schnelltest ca. 50 €) ist zunächst nach dem Grund der Testung – und damit verknüpft der Kostentragung zu unterscheiden. Weiterlesen

Corona-Rückholaktion: Kostenbeteiligung als außergewöhnliche Belastung abziehbar?

Urlauber, die nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie durch das Auswärtige Amt mit Charter-Flugzeugen ins Inland zurückgeflogen wurden, haben beginnend im Juni Kostenbescheide über die ausgelegten Rückreisekosten erhalten. Die Höhe der Kostenbeteiligung richtet sich nach der Entfernung des Rückflugs. Auf den einzelnen Touristen entfällt nach verschiedenen Medienberichten ein Kostenanteil zwischen 200 € und 1.000 €. Die Bundesregierung hatte im Rahmen der Rückholaktion ca. 56.000 deutsche Staatsangehörige eingeflogen.

Die Kostenbeteiligung ist für die Betroffenen eine ungeplante Zusatzbelastung, die der ungeahnten Dynamik der Pandemie geschuldet ist. Aber handelt es sich auch um eine steuermindernde außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG? Weiterlesen

Künstliche Befruchtung: Steuerlich keine Frage des Alters

Ob Krankenversicherungen tatsächlich einen Zuschuss für die Kosten einer künstlichen Befruchtung zahlen wird häufig vom Alter abhängig gemacht.

So auch eine Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018 (Az: 9 K 11390/16). Hierin hat das FG entschieden, dass wenn eine Unfruchtbarkeit nicht auf anormalen organischen Ursachen, sondern auf dem fortgeschrittenen Alters eines Menschen beruht, können die Kosten für die künstliche Befruchtung nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.

Dies ist jedoch offensichtlich eine Einzelmeinung. Weiterlesen

Bei Gericht: Interessante Steuerstreitigkeiten im August 2019

Im sommerlichen August geht es diesmal um Schulhunde die den Werbungskostenabzug ermöglichen sollen, der Frage ob Krankheitskosten in ganz bestimmten Fällen nicht doch ohne Berücksichtigung der zumutbaren Belastung abgezogen werden dürfen und die Frage, ob das Finanzamt ganz einfach eine Zahlungsverjährung unterbrechen kann oder dafür doch ein wenig mehr zu tun ist.

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Außergewöhnliche Belastung: Zur Abzugsfähigkeit von Prozesskosten

Grundsätzlich sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtstreits vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Etwas anderes gilt, wenn es sich um Aufwendungen handelt ohne die der Steuerpflichtigen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr im üblichen Rahmen befriedigen zu können.

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