BFH: Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für eine Fettabsaugung

Aufwendungen für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems können jedenfalls ab dem Jahr 2016 ohne vorherige Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein. Das hat der BFH mit Urteil vom 10.08.2023 entschieden (BFH Az. VI R 36/20).

Zum Hintergrund

Die Klägerin (Kl.) machte in ihrer Einkommenssteuererklärung für das Streitjahr 2016 Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung (Liposuktion) infolge eines Lipödems als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Die Krankheit und die Erforderlichkeit der Operation wurde durch einen Arzt bestätigt. Die Krankenkasse der Kl. erstattete die entsprechenden Aufwendungen nicht.

Nach Durchführung der Operation bestätigte eine amtsärztliche Stellungnahme die medizinische Notwendigkeit der Liposuktion. Das FA verneinte das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung mangels Vorliegens eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vor Beginn der Behandlung gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. f EStDV. Nach erfolglosem Einspruch wies auch das angerufene FG die Klage mit der Begründung zurück, dass die Notwendigkeit der Liposuktion nicht durch ein vor Durchführung der Operation ausgestelltes amtsärztliches Gutachten nachgewiesen wurde und die Liposuktion (noch) keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode sei.

Entscheidung des BFH

Die Revision der Kl. war begründet und führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Weiterlesen

Erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht ist verfassungsgemäß

Der BFH hat entschieden, dass die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt noch ein Verstoß der unionsrechtlich gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt. Die Entscheidung hat erhebliche Relevanz für Wegzugsüberlegungen von Steuerpflichtigen (Urteil v. 12.10.2022 – II R 5/20).

Hintergrund

In dem vom BFH entschiedenen Fall erwarb der Kläger von seiner Mutter ein in der Schweiz belegenes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schenkweise. Beide, also Mutter und Kläger, waren deutsche Staatsangehörige, hatten jedoch Ihre Wohnsitze in Deutschland kurze Zeit vor Ausführung der Schenkung aufgegeben. Das Finanzamt setzte daraufhin Schenkungsteuer fest und nahm eine unbeschränkte Steuerpflicht des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG an. Im Rahmen des Klage- und Revisionsverfahrens machte der Kläger geltend, dies verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen Unionsrecht.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Weiterlesen

Vorsteuerabzug für Sportvereine nach Investitionen in die Sportanlage

Umsatzsteuer und Vorsteuerabzug für Sportvereine

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von gemeinnützigen Sportvereinen ist kompliziert: Ideelle Tätigkeit? Vermögensverwaltung? Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb? Zweckbetrieb? Vereine haben ihre Ein- und Ausgaben korrekt aufzuteilen. Jeder Verein verfolgt andere steuerliche Zielsetzungen. Eine Vielzahl der Vereine möchte möglichst steuerfreie Umsätze erzielen. Andere Vereine möchten in den Genuss des Vorsteuerabzugs kommen, da sie beispielsweise ihre Sportanlage renoviert, erweitert oder neu gebaut haben (z.B. Neu-/Ausbau einer Sporthalle, Flutlichtanlage etc.).

Sportkurse eines gemeinnützigen Vereins

Die Frage des Vorsteuerabzugs stellt sich insbesondere für Vereine, die Sportkurse gegen Entgelt anbieten. Ihnen stehen der Vorsteuerabzug und ggf. ein Vorsteuerüberhang nur dann zu, wenn diese Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen.

Gehen wir von einem Verein aus, dessen Zweck es ist, den Sport und die Jugendhilfe zu fördern (§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und Nr. 21 AO). Der Verein erhält für die Erbringung der Sportkurse von den Teilnehmern Gebühren, um die durch die Kurse entstehenden Kosten zu decken. Die Vereinssatzung sieht zudem vor, dass das Vereinsvermögen im Auflösungsfall nur zweckgebunden verteilt werden kann. Die Satzung orientiert sich insofern an § 5 der Mustersatzung aus Anlage 2 zum AEAO.

Vor diesem Hintergrund sind die Gebühren zur Teilnahme an den Sportkursen des Vereins regelmäßig weder nach § 4 Nr. 21 UStG, noch nach § 4 Nr. 22 UStG steuerbefreit. Der BFH verneint insbesondere eine sportliche Veranstaltung i.S.v. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (BFH, Urteil v. 25.07.1996 – V R 7/95, BStBl 1997 II S. 154 Rn. 18): Weiterlesen

Betriebsveranstaltungen mit No-Show Rate: Bewertung der Höhe des Arbeitslohns

Die korrekte Ermittlung des zu versteuernden Arbeitslohns anlässlich von Betriebsveranstaltungen hat für den Arbeitgeber im Rahmen der Lohnsteueranmeldung eine besondere Bedeutung, da er für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat, haftet. Zweimal jährlich kann er seinen Arbeitnehmern Zuwendungen in Form von Betriebsveranstaltungen bis zum Bruttobetrag der Aufwendungen von 110,- € steuerfrei zukommen lassen. Begleitpersonen des Mitarbeiters werden in den Freibetrag einbezogen, sofern in deren Teilnahme eine Entlohnung des Arbeitnehmers zu sehen ist und nicht die Förderung des Betriebsklimas im Vordergrund steht.

Wie ist aber bei einer betrieblichen Veranstaltung der jeweilige Arbeitslohn korrekt zu bewerten, wenn ein Teil der Arbeitnehmer der Veranstaltung (unerwartet) fernbleibt, die Gesamtaufwendungen des Arbeitgebers sich dadurch aber nicht verändern? Weiterlesen

Ermäßigter Steuersatz für die Veranstaltung von Techno- und House-Konzerten (DJ-Events)

Der V. Senat des BFH hat in seinen Urteilen vom 10.06.2020 (Az. V R 16/17) und vom 23.07.2020 (Az. V R 17/17) Leitlinien aufgezeigt, wann es sich bei Clubveranstaltungen mit bekannten DJs um Konzerte oder konzertähnliche Veranstaltungen handeln kann, mit der Folge, dass die Eintrittsgelder aus diesen Veranstaltungen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Für die von der Corona-Pandemie gebeutelte Veranstaltungs- und Clubbranche sind die Entscheidungen von großer Bedeutung, da sich aus ihnen für die Konzeptplanung für eine post-Corona Zeit wichtige Erkenntnisse ziehen lassen. Weiterlesen