Steuerfestsetzung „gegen Unbekannt“

Wer häufig Erbschaftsteuerfälle betreut, kann ein Lied davon singen, dass die Erbschaftsteuer-Finanzämter die Erklärungen oftmals sehr zeitnah anfordern und die Steuern festsetzen, obwohl Berater und Mandanten eigentlich noch einige Zeit für die Aufklärung von Sachverhalten oder die Beibringung von Unterlagen benötigen würden. Allein die Zusammenstellung aller Unterlagen für die ordnungsgemäße Bewertung von Immobilien benötigt Zeit, denn wer weiß bei einem etwas größeren Immobilienbestand schon genau, wie groß die jeweiligen Mietwohnungen oder Geschäftsräume exakt sind. Letztlich werden dann seitens des Finanzamts geschätzte Werte herangezogen, die mitunter viel zu hoch sind. Andererseits: Wer das eine oder andere Mal Immobiliengutachten hat erstellen lassen, die durch den Bausachverständigen der Finanzverwaltung geprüft werden müssen, hat auf diese Prüfung ein bis zwei Jahre warten müssen. Und zwar im Regel- und nicht im Ausnahmefall.

Nun gut, bei allem geht es um Fragen der sachlichen Steuerpflicht bzw. um die Höhe der Erbschaftsteuer. Irgendwie arrangiert und einigt man sich mit dem Finanzamt. Eine ganz andere Kategorie hatte aber ein Fall, den soeben der BFH entschieden hat. Hier waren nicht einmal die Erben bekannt. Und dennoch darf das Finanzamt Erbschaftsteuerbescheide „gegen Unbekannt“ erlassen (BFH-Urteil vom 17.6.2020, II R 40/17). Ich gebe zu: Dass dies zulässig ist, war mir bislang nicht bekannt und ich halte es – bei allem Respekt für den BFH – auch für seltsam. Weiterlesen

Wenn der Zugang eines Steuerbescheids bestritten wird….

Zwölf Jahre meines Lebens habe ich in der Finanzverwaltung verbracht. Ich weiß nicht, wie viele Male ich in dieser Zeit den Satz gehört habe „Den Steuerbescheid habe ich nicht erhalten.“ Wie durch ein Wunder sind Steuerbescheide mit Erstattungen eigentlich immer zugestellt worden, Bescheide an steuerliche Berater gleichermaßen; nur Schätzungsbescheide sind sehr häufig verloren gegangen.

Doch aus Sicht des Finanzbeamten musste ich die Behauptung fast immer wohl oder übel hinnehmen und den Bescheid erneut zustellen – sieht man einmal von den Fällen ab, in denen Steuerpflichtige in einem Schriftstück ihrerseits Bezug auf einen Bescheid genommen haben, den sie doch niemals erhalten haben (ja, die Fälle gab es auch).

Ein Finanzbeamter aus dem Raum Berlin-Brandenburg jedenfalls wollte sich mit der (Schutz-)Behauptung, der Bescheid sei nicht angekommen, nicht zufriedengeben. Und siehe da: Er hat einen verständnisvollen Richter gefunden (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.12.2019, 9 K 9073/18). Weiterlesen

Einsprüche der Folgejahre können den Streitwert erhöhen

Der Streitwert spiegelt den Wert und die Bedeutung des Klageverfahrens für den Steuerpflichtigen wider. Es gibt genügend Sachverhalte, die sich für mehrere Kalenderjahre auswirken. Soweit bereits Folgejahre durch Einspruchsverfahren betroffen sind, erhöht sich der Streitwert für das anhängige Klageverfahren (§ 52 Abs. 3 Satz 2 GKG). Auf diese Vorschrift konnte jüngst der BFH mit seinem Beschluss vom 17.08.15 aufmerksam machen (XI S 1/15). Weiterlesen