Anbieter von Online-Bildungsleistungen: Neues BMF-Schreiben sorgt für Unruhe

Egal ob Kultur oder Bildung – ohne Internetangebote geht heute kaum noch etwas. Selbst im Gesundheitssektor sind Leistungen, die online erbracht werden, auf dem Vormarsch. All diesen Leistungen ist gemein, dass sie in umsatzsteuerlicher Hinsicht – bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen – steuerbefreit oder ermäßigt besteuert sein können.

Ein aktuelles BMF-Schreiben sorgt bei diversen Anbietern oder Schöpfern von Inhalten für Klarheit, mitunter auch für Freude, doch insbesondere bei einigen Anbietern von Bildungsleistungen für Unruhe. Und um die Leistungen der letztgenannten Gruppe soll es in diesem Blog-Beitrag gehen (BMF-Schreiben vom 29.4.2024, III C 3 – S 7117-j/21/10002 :004). Weiterlesen

Die „Person“ des Leistungsempfängers – Nachweis der Unternehmereigenschaft auf verschiedenen Wegen

Im Umsatzsteuerrecht ist es oft entscheidend, ob eine Leistung an einen Unternehmer oder eine Privatperson erbracht wurde, insbesondere bei der Ortsbestimmung und beim Wechsel der Steuerschuld nach § 13b UStG. Doch wie kann der Leistende überhaupt den Nachweis erbringen, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist? Zumeist gilt hier die Empfehlung, der Leistungsempfänger möge mit seiner USt-IdNr. auftreten, die dann vom Leistenden auf ihre Gültigkeit hin geprüft werden sollte.

Doch nicht immer können oder wollen die Leistungsempfänger die USt-IdNr. angeben. Der BFH hat nun zugunsten der leistenden Unternehmer entschieden: Weiterlesen

Schluss, aus, Ende: Keine Reform der Umsatzsteuer in der laufenden Legislaturperiode!

In der laufenden Legislaturperiode wird es keine Reform der Umsatzbesteuerung mehr geben. Das hat die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage (BT-Drs. 20/10534) mitgeteilt (BT-Drs. 20/10856).

Hintergrund

Schon das Gesetzgebungsverfahren beim (Ersten) Corona-Steuerhilfegesetz, insbesondere mit der befristeten Senkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (vgl. Rondorf, NWB 2020, 1838), war zeitlich ziemlich ambitioniert. Der Rechtssetzungsprozess beim Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) wurde aber nochmals beschleunigt: Von der Vorstellung des Konjunkturpakets durch die Regierungskoalition am 3.6.2020 bis zur Verkündung des Gesetzes im BGBI waren es gerade mal vier Wochen (s.a. Rondorf NWB 2020, 2068). 

Die Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD hatte am 3.6.2020 beschlossen, zur Bekämpfung der Corona-Folgen und zur Stärkung der Binnennachfrage im Rahmen ihres Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets den allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 % auf 16 % und den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % auf 5 % – befristet auf das 2. Halbjahr 2020 – zu senken. Durch das Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise wurden die entsprechenden Regelungen in § 28 Abs. 1 bis 3 UStG  erlassen. Erstmals seit Einführung der Mehrwertsteuer in Deutschland im Jahr 1968 wurden damit – wenn auch nur befristet – die Umsatzsteuersätze gesenkt. Die sehr kurzfristig umzusetzenden Maßnahmen führten nicht nur zu einem erheblichen Aufwand für Unternehmer und ihre steuerlichen Berater. Sie warf zahlreiche materiell-rechtliche Fragen auf, die das BMF in einem sog. Einführungsschreiben v. 30.6.2020 (III C 2 – S 7030/20/10009 :004 BStBl 2020 I S. 584) beantwortete.

Eine dauerhafte Entfristung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen über den 31.12.2023 hinaus blieb bekanntlich – trotz wiederholter politischer Vorstöße, über die ich letztes Jahr im Blog berichtet habe – erfolglos.

Bundesregierung schließt weitere Reform in dieser Legislatur aus

Jetzt hat die Bundesregierung auf eine Anfrage der CDU/CSU-Opposition mitgeteilt, dass es eine Reform der Umsatzsteuersätze in dieser Legislatur nicht mehr geben werde (BT-Drs. 20/10856). Weiterlesen

„Strafsteuer“ nach § 14c Abs. 1 UStG – BMF äußert sich früher als erwartet

Erst kürzlich habe ich in dem Blog-Beitrag „Ohne Steuergefährdung keine Strafsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG“ auf das EuGH Urteil vom 8.12.2022 (C-378/21) und das Urteil des FG Köln vom 25.7.2023 (8 K 2452/21) hingewiesen. Danach gilt: Eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG kann nicht entstehen, wenn feststeht, dass durch den unrichtigen Steuerausweis in einer Rechnung keine Steuergefährdung eintreten kann.

Der Rechnungsaussteller muss in diesen Fällen weder die Rechnung berichtigen noch den zu viel vereinnahmten Steuerbetrag an den Rechnungsempfänger zurückzahlen. Bereits jetzt hat sich das BMF zu Wort gemeldet und verfügt die Anwendung des EuGH-Urteils (BMF-Schreiben vom 27.2.2024, III C 2 -S 7282/19/10001 :002). Weiterlesen

Umsatzsteuer auf Gas steigt wieder

Ende März 2024 endet die zeitlich befristete Senkung der Umsatzsteuer auf Gas und Strom, ab 1.4.2024 klettert die Umsatzsteuer wieder auf 19 Prozent. Das bedeutet höhere Kosten für Verbraucher.

Hintergrund

Steigende Energiepreise als Folge des Krieges in der Ukraine waren für viele Bürger zu einer großen finanziellen Belastung geworden. Deshalb senkte die Bundesregierung vorübergehend den Umsatzsteuersatz auf die Lieferung von Gas und Fernwärme. Um Haushalte während der Energiekrise finanziell zu entlasten, führte die Bundesregierung als Teil des sog. Dritten Entlastungspakets das „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ ein. Dadurch wurde der Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen rückwirkend ab dem 1.10.2022 von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Ende März läuft die Maßnahme des dritten Entlastungspakets aus und die Umsatzsteuer steigt also wieder auf 19 Prozent. Weiterlesen

EuGH und BFH werden wirtschaftsfreundlicher – BMF bleibt stur

Das Umsatzsteuerecht bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der wirtschaftlichen und der streng formellen Betrachtung eines Vorgangs. Dazu ein Beispiel: Benötigt ein Unternehmer händeringend ein neues Betriebsgrundstück, das aber nicht ohne Weiteres auf öffentlichen Wegen zu erreichen ist, so wird er ein Interesse daran haben, einen Weg dorthin zu errichten, notfalls auch auf eigene Kosten. Dass der neu errichtete Weg dann auch von der Allgemeinheit genutzt werden kann, wird dem Unternehmer herzlich egal sein, solange er sein Grundstück nun selbst bestens erreichen kann, etwa mit seinen Schwerlastwagen. Rein wirtschaftlich betrachtet kann es eigentlich keinen vernünftigen Grund geben, dem Unternehmer den Vorsteuerabzug aus den Kosten für den Straßenbau zu streichen, wenn er diesen – mit Zustimmung der Gemeinde – selbst finanziert hat.

Rein formal betrachtet hat der Unternehmer aber der Gemeinde bzw. der Allgemeinheit etwas unentgeltlich zugewendet, nämlich eine neue Straße. Und eine unentgeltliche Zuwendung ist nun einmal zu versteuern oder aber verhindert den Vorsteuerabzug.

Die deutsche Finanzverwaltung wäre nicht die deutsche Finanzverwaltung, wenn sie den Vorgang wirtschaftlich betrachten würde. Wäre ja auch noch schöner. Nein, der Vorgang muss rein formal betrachtet werden. Mit ihrer Haltung ist sie aber vor dem EuGH, vor dem BFH und aktuell auch vor dem FG Münster (in einem ähnlichen Fall) gescheitert. Alle Gerichte stellen den wirtschaftlichen Gehalt in den Vordergrund und ermöglichen den Vorsteuerabzug bzw. verzichten auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe. Weiterlesen

Ohne Steuergefährdung keine „Strafsteuer“ nach § 14c Abs. 1 UStG

Das Umsatzsteuerrecht hält eine Kuriosität bereit: Wenn ein Unternehmer – gegebenenfalls erst durch ein Urteil des EuGH nach acht oder zehn Jahren – erreicht hat, dass seine Umsätze als steuerfrei gelten, so kann er sich darüber oftmals nur bedingt freuen. Denn wenn er – entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung – Umsatzsteuer in seinen Rechnungen ausgewiesen hat, schuldet er diese nach § 14c Abs. 1 UStG – Urteil hin oder her. Er müsste schon alle Rechnungen berichtigen, um der Steuerschuld zu entgehen. Das ist aber vielfach faktisch unmöglich.

Der EuGH hat dieser Ungerechtigkeit ein Ende bereitet, soweit es um Rechnungen an Privatleute geht. Mit Urteil vom 8.12.2022 (C-378/21) hat er entschieden, dass durch den unrichtigen Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnungen gegenüber nicht vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfängern keine Steuergefährdung vorliegt und deshalb keine Steuerschuld gemäß Art. 203 MwStSystRL entsteht.

Nun hat – soweit erkennbar – das erste deutsche FG die EuGH-Rechtsprechung aufgegriffen und im Sinne des EuGH entschieden. Weiterlesen

Gilt der reduzierte Umsatzsteuersatz auf Gas doch bis 31.3.2024?

Eigentlich sollte die reduzierte Umsatzsteuer auf Gas (7%) vorzeitig Ende Februar 2024 auslaufen. Doch die Hängepartie um das Wachstumschancengesetz könnte zur Folge haben, dass die reduzierte Umsatzsteuer doch bis 31.3.2024 gilt.

Hintergrund

Mit der vom Bundestag am 22.9.2022 beschlossenen temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz (BT-Drs. 20/3530) wurde der Umsatzsteuersatz auf Gas und Fernwärme für die Zeit vom 1.10.2022 befristet bis 31.3.2024 von 19% auf 7% gesenkt (§§ 12 Abs.2; 28 Abs.5 UStG). Mit der Maßnahme beabsichtigte die Ampelregierung eine Entlastung der Verbraucher von den als Folge des Ukraine-Krieges gestiegenen Energiekosten.

Vorzeitiges Befristungsende im Wachstumschancengesetz geplant

Das vom Bundestag im November 2023 verabschiedete Wachstumschancengesetz sieht jedoch vor, dass die Mehrwertsteuersenkung bereits Ende Februar auslaufen soll. Denn die Energiepreise seien mittlerweile wieder gesunken, hieß es zu Begründung. Damit verbunden wäre eine erneute Änderung des zeitlichen Anwendungsbereiches von § 28 Abs. 5 UStG.

Auswirkungen des Vermittlungsausschussverfahrens

Allerdings hat das Wachstumschancengesetz den Bundesrat nicht passiert, der den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Grund hierfür war vor allem, dass die Bundesregierung etliche Änderungsvorschläge des Bundesrates nicht berücksichtigt hatte; jetzt soll das Entlastungsvolumen von ursprünglich rund 7 Mrd. Euro voraussichtlich auf weniger als die Hälfte abgeschmolzen werden – ich habe im Blog berichtet.

Der Vermittlungsausschuss soll sich nun erst am 21.2.2024 mit dem Wachstumschancengesetz befassen. Die nächste reguläre Bundesratssitzung wäre dann erst am 22.3.2024 erreichbar, es sei denn es gibt vorher eine Sondersitzung.

Das Auslaufen des ermäßigten Steuersatzes auf Gas und Fernwärme zu Ende Februar hätte nach Ansicht des finanzpolitischen Sprechers der SPD erfordert, dass der Bundesrat am 2.2.2024 die entsprechende Änderung des Umsatzsteuergesetzes beschließt: „Das ist nicht passiert. Wir gehen deswegen davon aus, dass es bei dem ursprünglich beschlossenen Zeitraum bis Ende März bleibt, denn ein rechtzeitiger Gesetzesbeschluss ist nun nicht mehr möglich. Im Ergebnis begrüßen wir das, denn wir haben uns von Beginn an dafür eingesetzt, dass die Menschen bis zum Ende der Heizperiode bei den Heizkosten entlastet bleiben.“, heißt es. Etwas anderes wäre nur denkbar, wenn bei Einigung im Vermittlungsausschuss die Umsatzsteuersenkung rückwirkend kassiert wird. Das ist aber praktisch kaum denkbar, weil die Energieversorger dann vor nicht lösbaren Abrechnungsproblemen stünden.

Einordnung und Bewertung

Sollte es wegen der zeitlichen Verzögerung im Vermittlungsausschussverfahren dabei bleiben, dass der reduzierte Umsatzsteuersatz von 7% – wie ursprünglich geplant – bis 31.3.2024 erhalten bleibt, wäre das nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Abrechner ein Segen. Allerdings zeigt sich abermals, dass die Entlastungspolitik bei den Energiekosten wenig verlässlich ist und viel Verunsicherung schafft. Bereits die ursprünglich bis 31.12.2023 befristeten Energiepreisbremsen nach dem StromPBG und dem EWPBG sollten auf Basis der in den Gesetzen enthaltenen Verordnungsermächtigungen durch die am 16.11.2023 beschlossene PreispremsenverlängerungsV (PBVV) zunächst bis 30.4.2024, später im Gesetzgebungsverfahrens „nur“ bis 31.3.2024 verlängert werden. Daraus wurde nichts: die beschlossene PBVV wurde schlicht verkündet, so dass beim Auslaufen per 31.12.2023 blieb. Politische Verlässlichkeit sieht anders aus.

 

Umsatzsteuer – Erleichterungen für Privatlehrer in Sicht?

Wer § 4 Nr. 21 UStG liest, in dem es um die Steuerbefreiung von Bildungseinrichtungen und von Referenten (Privatlehrern) geht, dem kann fast schwindelig werden. Neben einigen anderen Voraussetzungen ist für die Steuerfreiheit wichtig, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet wird. Zu Deutsch: Üblicherweise muss die Bezirksregierung bescheinigen, dass eine begünstigte „Bildungseinrichtung“ vorliegt.

Gilt der Privatlehrer nicht selbst als Bildungseinrichtung, sondern wird er nur „für“ eine solche tätig, benötigt zunächst die Bildungseinrichtung die entsprechende Bescheinigung und muss dann zusätzlich dem Referenten bestätigen, dass sie eine Bildungseinrichtung ist (vgl. dazu Abschnitt 4.21.3 Abs. 3 UStAE).

Alles klar? Wer sich mit diesem Wahnsinn näher befassen möchte, dem sei die Lektüre des BFH-Beschlusses vom 27.7.2021 (V R 39/20, BStBl 2021 II S. 964) empfohlen. Weiterlesen

Kuchenverkauf an Schulen – das Finanzamt will nicht mitessen

Wenn sich die öffentliche Hand in Wettbewerb zur Privatwirtschaft begibt oder sie – anders ausgedrückt – keine rein hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt, sollen die entsprechenden Institutionen mit ihren Umsätzen spätestens ab 2025 der Umsatzsteuer unterliegen. Betroffen sind prinzipiell auch Schulen und Kitas. Und auch der Kuchenverkauf anlässlich von Schulfesten könnte dann der Umsatzsteuer unterliegen.

Glücklicherweise hat sich die Finanzverwaltung dazu durchringen können, den Kuchenverkauf unbesteuert zu lassen – das Finanzamt sitzt also nicht mit am Tisch.

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