Die Steuerpolitik der Ampel – Teil 4: Klima- und Umweltsteuern

Klima und Umwelt als neuer Schwerpunkt der Steuerpolitik

Die Ampelkoalition schmückt sich mit Etiketten wie Aufbruch, Modernisierung oder Fortschritt. Diese Artikelserie geht der Frage noch, ob der Inhalt des Koalitionsvertrags aus steuerlicher Sicht hält, was die Überschrift („Mehr Fortschritt wagen“) verspricht.

Klimaschutz, der in einer künftig sozial und ökologischen Marktwirtschaft umgesetzt werden soll, hat für die neue Koalition oberste Priorität. Konsequenterweise wird auch die Steuer- und Abgabenpolitik durch Maßnahmen zum Klimaschutz geprägt sein.

Konkrete Pläne bei der Dienstwagenbesteuerung

Während der Koalitionsvertrag an vielen Stellen auf Details verzichtet, nimmt die erneute Überarbeitung der Dienstwagenbesteuerung bereits sehr konkrete Formen an. Womöglich geht damit auch eine Vereinfachung der in den vergangenen Jahren immer wieder um neue, zeitliche gestaffelte und einander überlagernde Sonderregelungen ergänzte Dienstwagenbesteuerung einher, die mittlerweile ein knappes Drittel des Textumfangs des wichtigen § 6 EStG einnimmt.

Insbesondere soll bei Plug-in Hybridfahrzeugen neben dem Kriterium der elektrischen Mindestreichweite an die tatsächliche rein elektrische Fahrleistung angeknüpft werden. Die günstige Besteuerung mit 0,5% anstelle 1% des Bruttolistenpreises soll künftig nur noch gewährt werden, wenn das Auto überwiegend elektrisch betrieben wird. Nach den gleichen Kriterien soll die Innovationsprämie umgestaltet werden, die derzeit für den Kauf von Elektro- oder Hybridfahrzeugen gewährt wird. Bis Ende 2025 soll die Innovationsprämie aber auslaufen. Weiterlesen

Die Steuerpolitik der Ampel – Teil 3: Besteuerung von Einkommen und Vermögen

Stillstand statt Fortschritt oder Mut zur Lücke?

 Die Ampelkoalition schmückt sich mit Etiketten wie Aufbruch, Modernisierung oder Fortschritt. Diese Artikelserie geht der Frage noch, ob der Inhalt des Koalitionsvertrags aus steuerlicher Sicht hält, was die Überschrift („Mehr Fortschritt wagen“) verspricht.

Schon Ludwig Erhard musste konstatieren: „Ich habe als Bundesminister 80 Prozent meiner Kraft dazu verwendet, gegen Unfug anzukämpfen.“ Aus dieser leicht fatalistischen Perspektive betrachtet, sind die wenigen Aussagen des Koalitionsvertrages zur Besteuerung von Einkommen und Vermögen wohl als Erfolg zu bezeichnen. Denn die befürchtete und ökonomisch äußerst schädliche Vermögensteuer, die alle vier Jahre zur Bundestagswahl kurz aus der Gruft emporzusteigen droht, bleibt auch diesmal eingemottet. Auch Unternehmenserben sowie international gefragte Leistungsträger mit hohen Einkommen und erfolgreiche Einzelunternehmer oder Mitunternehmer können aufatmen. Weder die Erbschaftsteuer noch der Einkommensteuertarif werden erhöht. Die Koalition verzichtet also darauf, die ganz große Steuerkeule zu schwingen, wie zuvor noch in einigen Wahlprogrammen angedroht wurde.

Aber es fehlen eben auch größere Entlastungen, die sich die Steuerzahler in Deutschland redlich verdient hätten. Zur Erinnerung: Die aktuelle Steuerschätzung sagt voraus, dass bereits im laufenden Jahr die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen das Vorkrisenniveau übersteigen. Ab dem kommenden Jahr soll auch der Bund wieder so viel in der Kasse haben, wie im Vorkrisenjahr 2019. Allein zwischen 2016 und 2019 hat der Gesamtstaat seine Steuereinnahmen vom 705 auf knapp 800 Mrd. Euro gesteigert. Im Jahr 2027 dürften die Steuereinnahmen sage und schreibe eine Billion Euro betragen, schreibt man die aktuelle Steuerschätzung fort. In der Ära Merkel stieg die Steuerquote (Abgrenzung der Finanzstatistik) von unter 20 auf gut 23% und soll nach einer Corona-Delle weiter steigen.

Da mutet es doch reichlich knauserig an, wenn die neue Bundesregierung lediglich ein paar Pauschbeträge um ein paar Euro erhöhen oder ein BFH-Urteil zur Rentenbesteuerung umsetzen will, um Doppelbesteuerung von Renten zu verhindern. In Anbetracht des an dieser Stelle ambitionslosen Koalitionsvertrags und der unersättlichen Ausgabenwünsche (Stichwort Nachtragshaushalt) fragt man sich, wie die Koalition eigentlich reagieren würde, sollte das Bundesverfassungsgericht doch noch ein Machtwort sprechen und den Rest-Solidaritätszuschlag kassieren. Wäre dann sichergestellt, dass die Entlastung wirklich bei den Menschen ankommt oder würden wir uns auf einmal in einer Diskussion wiederfinden, wie der Solidaritätszuschlag in den Einkommensteuertarif „integriert“ werden kann? Weiterlesen

Die Steuerpolitik der Ampel – Teil 2: Digitalisierung

Endlich Vorfahrt für Digitalisierung?

Die Ampelkoalition schmückt sich mit Etiketten wie Aufbruch, Modernisierung oder Fortschritt. Eine Artikelserie geht der Frage noch, ob der Inhalt des Koalitionsvertrags aus steuerlicher Sicht hält, was die Überschrift („Mehr Fortschritt wagen“) verspricht.

„Digitaler Staat und digitale Verwaltung“ lautet eine der ersten Überschriften im Koalitionsvertrag. „Die Verwaltung soll agiler und digitaler werden. … Wir wollen das Potenzial der Digitalisierung in Staat und Gesellschaft besser nutzen“ geht es weiter und es folgen auch eine Reihe konkreter steuerpolitischer Digitalisierungsprojekte. Dieser Schwerpunkt ist zweifellos richtig, aber allein aus der politischen Prosa des Koalitionsvertrags lässt sich noch nicht der grundlegende Paradigmenwechsel ableiten, der nötig wäre. Denn bereits im Jahr 2018 verkündete die damalige Große Koalition eine „Offensive für Bildung, Forschung und Digitalisierung“. 2013 formulierte die Vorgänger-GroKo eine „Digitale Agenda für Deutschland“. Erst ein Blick in die noch älteren Koalitionsverträge von 2009 und 2005 zeigt, dass Digitalisierung damals nur ein politisches Randthema war.

Das bedeutet aber auch, dass die Politik seit einem knappen Jahrzehnt voll auf Digitalisierung setzt. Zeit genug, um – hier mit Blick auf das Besteuerungsverfahren – eine Zwischenbilanz zu ziehen. Teilt man den Digitalisierungsgrad der Finanzverwaltung in fünf Level ein, landet Deutschland allenfalls im unteren Mittelfeld auf Level 2, da immerhin elektronische Steuererklärungen Standard sind (Level 1 „E-file“) und auch Bilanzdaten elektronisch übermittelt werden (Level 2 „E-accounting“).

Andere Länder führen bereits Echtzeit-Datenabgleiche auch über Steuerarten hinweg oder mit Bankdaten durch (Level 3 „E-match“) oder führen gar schon Echtzeit-Analysen der Steuerdaten durch (Level 4 „E-Audit“). Den theoretischen Endpunkt, in dem die Finanzverwaltung die Steuerberechnung selbständig auf Basis der Unternehmensdaten durchführt (Level 5 „E-asses“) erreicht derzeit noch kein Land.

Das führt vor Augen: Nirgendwo klaffen Anspruch und Wirklichkeit der Politik stärker auseinander als beim Zukunftsthema Nummer 1, der Digitalisierung. Die Ampel ist dann eine erfolgreiche Regierungskoalition, wenn sie diese Erwartungslücke schließt oder zumindest deutlich verringert. An diesem Maßstab ist auch die angekündigte Digitalisierung und Entbürokratisierung der Steuerverwaltung zu messen.

Das Kernprojekt der Koalition dürfte in diesem Zusammenhang die „schnellstmöglich“ angekündigte Einführung eines elektronischen Meldesystems sein, das für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verwendet wird. Damit ist ein sog. E-Invoicing gemeint, das in verschiedenen Formen, z.B. in Italien und Spanien, bereits vorhanden ist. Ein solches System, in dem Rechnungsdaten in Echtzeit an die Finanzverwaltung gehen, würde einen Levelaufstieg bedeuten, muss aber zwingend in enger Kooperation mit der Wirtschaft entwickelt werden. Weiterlesen

Die Steuerpolitik der Ampel – Teil 1: Unternehmensbesteuerung

Fortschritt nur in Trippelschritten? Jetzt kommt es auf den Finanzminister an.

Die Ampelkoalition schmückt sich mit Etiketten wie Aufbruch, Modernisierung oder Fortschritt. Eine Artikelserie geht der Frage noch, ob der Inhalt des Koalitionsvertrags aus steuerlicher Sicht hält, was die Überschrift („Mehr Fortschritt wagen“) verspricht.

Mit dem Koalitionsvertrag vom 24.11.2021 ist klar: Die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags wird nicht die von vielen erhoffte und von Wirtschaftsvertretern vehement geforderte Unternehmensteuerreform bringen. Der Körperschaftsteuersatz bleibt so hoch, wie er ist.

Zwar enthält der Vertrag der drei Ampelparteien durchaus Bekenntnisse zur Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Dem in den vergangenen Jahren im internationalen Vergleich zu beobachtenden Verfall der deutschen steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit setzt der Koalitionsvertrag jedoch nur punktuell etwas entgegen. An einigen Stellen dürfte die Steuerschraube für Unternehmen sogar angezogen werden.

Schon im Sondierungspapier groß und durchaus überraschend angekündigt, liegen die Hoffnungen der Wirtschaft auf einem – mehr oder weniger – neuartigen Instrument, das im finalen Koalitionsvertrag sowohl als Investitionsprämie als auch als „Superabschreibung“ bezeichnet wird. Damit will die Koalition in den Jahren 2022 und 2023 Investitionen in Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter fördern. Große Fragezeichen bleiben aber bei der konkreten Ausgestaltung. So weckt der Begriff Superabschreibung klare Assoziationen an eine im internationalen Kontext gebräuchliche „Super Deduction“. Unternehmen können dabei mehr als 100 % der eigentlichen Kosten geltend machen, erhalten also eine echte Förderung und nicht nur den Zinseffekt aus einem Steueraufschub einer beschleunigten Abschreibung; wobei dieser Effekt im Lichte des aktuellen Niedrigzinsniveaus ohnehin sehr bescheiden ausfällt.

Doch die im Koalitionsvertrag letztlich gefundene Formulierung, „einen Anteil der Anschaffungs- und Herstellungskosten der im jeweiligen Jahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens … vom steuerlichen Gewinn abzuziehen“ nährt gewisse Zweifel, ob die Ampel nicht eher kleinere Brötchen backen will und an eine gewöhnliche Sonderabschreibung oder degressive Abschreibung denkt. Kämen dann noch z.B. restriktive Einschränkungen in Bezug auf die abzuschreibenden Wirtschaftsgüter oder die abschreibenden Unternehmen o.ä. hinzu, blieben vom neuen Wunderinstrument nicht viel mehr als enttäuschte Erwartungen zurück. Zumal für zahlreiche digitale Wirtschaftsgüter (Computerhard- und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung) mit dem BMF-Schreiben vom 26.02.2021 ohnehin eine Nutzungsdauer von einem Jahr und damit ein Sofortabzug fingiert wurde. Weiterlesen

Steuerpolitischer Stillstand oder Durchfahrt? … was bringt das Ampel-Sondierungspapier aus steuerlicher Sicht

Die angehende Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen will nach eigenem Bekunden darüber verhandeln, Deutschland nachhaltig zu modernisieren und verkauft sich als Koalition des Aufbruchs. Das Sondierungspapier liefert erste Anhaltspunkte, ob dies auch für die Steuerpolitik gelten soll.

Das am 15.10.2021 vorgelegte 12-seitige Sondierungspapier trifft eine Reihe von wichtigen Vorfestlegung der zu erwartenden Ampelkoalition. Bis Mitte November wollen die drei Parteien auf dieser Basis den endgültigen Koalitionsvertrag festzurren. Aus Sicht der Steuerpolitik sticht im Papier die weitgehende und begrüßenswerte Absage an Steuererhöhungen hervor. Auch wenn die gewählte Formulierung, „wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen“ bei genauem Hinsehen das eine oder andere Schlupfloch bieten könnte, scheint in Kombination mit den persönlichen Aussagen der Beteiligten klar: Die Vermögensteuer kommt nicht, auch wenn sie streng genommen nicht „neu“ wäre.

Weniger klar scheint dagegen, ob bei der Erbschaftsteuer, die nach den Wünschen von SPD und Grünen insbesondere bei Betriebsvermögen spürbar erhöht werden sollte, mit der gefundenen Formulierung jegliche Erhöhung schon endgültig vom Tisch ist. Weiterlesen