Erbschaftsteuer, Solidaritätszuschlag – Bestimmt Karlsruhe die steuerpolitische Agenda bis zur Bundestagswahl?

Ein Fokus auf Umverteilungspolitik und Regulierung, fehlende gleichlaufende politische Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat und zuletzt Haushaltsnöte – es gibt eine Reihe von Gründen, warum die deutsche Politik in den letzten gut 15 Jahren keine richtungsweisenden steuerpolitischen Reformvorhaben jenseits der Einführung umfassender, international abgestimmter Anti-Steuervermeidungsvorschriften angestoßen hat.

Eine Resthoffnung mag noch bestehen, dass die derzeitige Koalition aus SPD, Grünen und FDP in Anbetracht der lahmenden Wirtschaft eine Art Wachstumschancengesetz 2.0 auf den Weg bringt. So richtig vorstellen kann sich das aber in Berlin derzeit niemand. Zu groß ist nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem November 2023 der Abstand zwischen Ausgabenwünschen und finanziellen Möglichkeiten.

Droht damit jenseits eher technischer Anpassungen wie dem Jahressteuergesetz 2024, diverser Kleinigkeiten wie z. B. dem Bürokratieentlastungsgesetz IV und einem aus steuerlicher Sicht vermutlich eher symbolischen Dynamisierungspaket ein weitgehender Stillstand der Steuergesetzgebung?

Der Solidaritätszuschlag im Visier

Ein kräftiger Impuls, steuerpolitisch aktiv zu werden, könnte ausgerechnet wieder aus Karlsruhe kommen. Weiterlesen

Update: Bundestag lehnt Abschaffung des Solidaritätszuschlags weiterhin ab

Am 5.6.2024 hat der Bundestag in namentlicher Abstimmung die Forderung nach Abschaffung des Solidaritätszuschlags erneut zurückgewiesen. Die Frage bleibt aber, wann und wie der Bundestag den „Soli“ neu regeln will.

Hintergrund

Der ursprünglich befristete Soli von 1991 zur Finanzierung des Golf Krieges war bis Mitte 1992 befristet, wurde dann Mitte der 90er Jahre aber zur Finanzierung der Zusatzlasten aus der deutschen Wiedervereinigung eingeführt. Er wurde durch das Solidaritätszuschlagsgesetz (SolzG 1995, BGBl. 1995 I S. 1959) entfristet. Seit etlichen Jahren wird um die Abschaffung dieser Ergänzungsabgabe (Art. 106 GG) gerungen, auch vor den Finanzgerichten bis hin zum BVerfG. Nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II Ende 2019 erfolgte die Reform des Soli ab VZ 2020. Im Gesetz zur Rückführung des Solidaritätsausgleichs aus dem Jahr 2019 beschloss die damalige Große Koalition, dass Besserverdiener – die oberen 10% der Einkommen – den Zuschlag weiterhin zahlen müssen, die übrigen 90% wurden ausgenommen. Seitdem die Erhebung auf rund 10 Prozent „Besserverdienende“ beschränkt ist, wird darum gestritten, ob diese Ungleichbehandlung der Steuerzahler noch verfassungsmäßig ist.

Bundestag folgt ablehnender Beschlussempfehlung des Finanzausschusses

Die Fraktion der AfD hatte die vollständige Abschaffung des Soli beantragt (BT-Drs.20/11149), allerdings ohne ein Finanzierungskonzept für den hierbei entstehenden Steuerausfall in Höhe von rund 11 Mrd. Euro/Jahr vorzulegen. Deswegen war absehbar, dass dieser Antrag schon deshalb im Bundestag keinen Erfolg haben wird.

Interessant sind aber die Einlassungen der anderen Fraktionen im Finanzausschuss, deren Empfehlung der Bundestag schließlich gefolgt ist: Weiterlesen

Update: Abschaffung des Solidaritätszuschlags weiterhin ungewiss

Die Fraktion der AfD hat im Bundestag die sofortige vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags gefordert (BT. Drs.20/11149), doch der federführende Finanzausschuss hat am 16.5.2024 mit parteiübergreifender Mehrheit empfohlen, den Antrag am 7.6.2024 im Bundestag abzulehnen. Eine Einordnung und Bewertung.

Hintergrund

Der ursprüngliche Soli von 1991 zur Finanzierung des Golf Krieges war bis Mitte 1992 befristet, wurde dann Mitte der 90er Jahre aber zur Finanzierung der Zusatzlasten aus der deutschen Wiedervereinigung eingeführt, unbefristet durch das Solidaritätszuschlagsgesetz (SolzG 1995).

Seit etlichen Jahren wird um die Abschaffung dieser Ergänzungsabgabe (Art. 106 GG) gerungen, auch vor den Finanzgerichten bis hin zum BVerfG. Mit Auslaufen des Solidarpaktes II Ende 2019 und der Reform des Soli ab VZ 2020, die seitdem die Erhebung auf rund 10 Prozent „Besserverdienende“ beschränkt, wird darum gestritten, ob diese Ungleichbehandlung der Steuerzahler noch verfassungsmäßig ist. Nach dem Inhalt des Koalitionsvertrages der aktuellen Regierung will die FDP den Soli in der laufenden Legislatur vollständig abschaffen. Auch die CDU/CSU will das, allerdings verbunden und eingebettet in eine grundlegende Unternehmenssteuerreform. Die AfD will die sofortige ersatzlose Streichung des Soli (BT-Drs. 20/11149).

Wie beurteilen die obersten Gerichte das Festhalten am Soli?

Der BFH hat bislang eine klare Linie: Er hält die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags für den Veranlagungszeitraum 2005, 2007, 2011 und für die Veranlagungszeiträume bsi 2021 (BFH vom 17.01.2023 – IX R 15/20) für finanzverfassungsrechtlich gerechtfertigt, also verfassungskonform. Weiterlesen

Neuigkeiten vom Solidaritätszuschlag – Wann wird der Gesetzgeber tätig?

Der BFH hat aktuell abermals die Verfassungsmäßigkeit des „Soli“ bestätigt, jedoch schon letztes Jahr eine gesetzgeberische Überprüfung des Soli-Fortbestands ab VZ 2025 angemahnt. Wann wird der Gesetzgeber endlich handeln?

Hintergrund

Der ursprünglich befristete Soli von 1991 zur Finanzierung des Golf Krieges war bis Mitte 1992 befristet, wurde dann Mitte der 90er Jahre aber zur Finanzierung der Zusatzlasten aus der deutschen Wiedervereinigung eingeführt, unbefristet durch das Solidaritätszuschlagsgesetz (SolzG 1995, BGBl 1995 I S. 1959). Seit etlichen Jahren wird um die Abschaffung dieser Ergänzungsabgabe (Art. 106 GG) gerungen, auch vor den Finanzgerichten bis hin zum BVerfG. Mit Auslaufen des Solidarpaktes II Ende 2019 und der Reform des Soli ab VZ 2020, die seitdem die Erhebung auf rund 10 Prozent „Besserverdienende“ beschränkt, wird darum gestritten, ob diese Ungleichbehandlung der Steuerzahler noch verfassungsmäßig ist

BFH bestätigt Verfassungsmäßigkeit des „Soli“

Die Position des BFH war zum „Soli“ bislang eindeutig: Der BFH hält die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags für den Veranlagungszeitraum 2005, 2007, 2011 und zuletzt für die Veranlagungszeiträume bis 2021 für finanzverfassungsrechtlich gerechtfertigt, also verfassungskonform.

Im September 2023 (BFH v. 26.9.2023 – IX R 9/22) ist abermals der Versuch gescheitert, die Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Soli ab 2020 ein weiteres Mal dem BVerfG zuzuführen. Zuletzt hat der BFH am 20.2.2024 (IX R 27/23) die Verfassungsmäßigkeit bestätigt: Die Erhebung des Solidaritätszuschlags für die Jahre 1999 bis 2002 war danach verfassungsgemäß. Der Zuschlag stellt in diesem Zeitraum eine finanzverfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG dar. Eine Richtervorlage des FG Niedersachsen blieb im Juni 2023 vor dem BVerfG ohne Erfolg (BVerfG v. 7.6.2023 – 2 BvL 6/14).

Haushaltsentwurf 2025 steht an

Seit 30.1.2023 wissen wir: Der BFH (17.1.2023 – IX R 15/20) hält den Soli auch ab 2020 für verfassungsgemäß, er darf also auch weiterhin erhoben werden, der Fiskus verdient damit satte rund 11 Mrd. Euro zusätzlich an Steuern im Jahr. Weiterlesen

Abschaffung des Solis erneut in der Diskussion

Immer wieder wird die (partielle) Abschaffung des Solidaritätszuschlags in der Politik, der Wissenschaft und der Praxis breit diskutiert. Nunmehr ist es der Bundesfinanzminister, der – gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsminister – den Stein erneut ins Rollen bringt.

Lindner: Abschaffung des Solis für Unternehmen

Es ist Christian Lindner, der zuletzt vorschlug, den Soli für Unternehmen abzuschaffen. Für ihn sei dies „der einfachste und schnellste Weg“, um Betriebe zu entlasten, sagte er in der ARD. Erleichternd komme hinzu, dass Gemeinden und Kommunen dadurch nicht in Anspruch genommen würden, sondern lediglich der Bund. Wichtig sei jedoch, dass innerhalb der Bundesregierung über Wege der Gegenfinanzierung gesprochen würde.

Gleichfalls sieht der Bundeswirtschaftsminister für die Unternehmerschaft Sparpotential: „Auch ich sehe, dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug ist.“ Es müssten aus diesem Grunde durch die Bundesregierung „Steuererleichterungen, Steueranreize für Investitionen in der Perspektive finanziert [werden], um die Kräfte wirklich zu entfesseln“. Weiterlesen

Neuigkeiten vom Solidaritätszuschlag

Mit einem aktuellen, am 2.11.2023 veröffentlichten BFH-Urteil (v. 26.9.2023 – IX R 9/23) ist abermals der Versuch gescheitert, die Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags (Soli) ab 2020 ein weiteres Mal dem BVerfG zuzuführen. Was bedeutet das für Steuerzahler?

Aktuelle BFH-Rechtsprechung

Streitig war im aktuellen Streitfall, ob die Erhebung des Solidaritätszuschlags im Jahr 2020 und ab dem Jahr 2021 gegen Verfassungsrecht verstößt. Das FG der ersten Instanz hatte die Klage, mit der sich die Kläger gegen vorläufig ergangene Vorauszahlungsbescheide zum Solidaritätszuschlag wehren, als unbegründet abgewiesen (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 16.5.2022 – 10 K 1693/21). Der BFH geht jetzt in seinem Urteil vom 26.9.2023 (IX R 9/23) noch einen Schritt weiter: Er hält die Klage mit Rücksicht auf das anhängige BVerfG- Verfahren (2 BvR 1505/20) bereits für unzulässig, weil wegen des Vorläufigkeitsvermerks im angefochtenen Steuerbescheid (§ 165 Abs.1 S. 2 Nr.3 AO) das Rechtsschutzbedürfnis fehle; in eine Sachprüfung ist der BFH diesmal also erst gar nicht eingestiegen. Das Verfahren 2 BvR 1505/20 war unter Berufung auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 GG; Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG aus der Mitte des Bundestages gegen die Fortgeltung des Soli ab 2020 eingeleitet worden.

Der BFH hält den „Soli“ auch in der ab 2020 geltenden Fassung nicht für verfassungswidrig (BFH v. 17.1.2023 – IX R 15/20), ich habe dazu Anfang des Jahres im Blog berichtet. Erst nach 30 Jahren bestehe eine Überprüfungspflicht des Gesetzgebers, meint der BFH: Das würde bedeuten, dass erst für den VZ 2025 eine Neubewertung des Gesetzgebers zu überprüfen wäre.

Ausblick

Was bedeutet das aktuelle Urteil nun für Steuerzahler, die den Soli unverändert zahlen müssen? Weiterlesen

Update: BFH hält Solidaritätszuschlag weiterhin für verfassungsgemäß

Paukenschlag: Der BFH hält den „Soli“ auch in der ab 2020 geltenden Fassung nicht für verfassungswidrig. Das urteilte das höchste deutsche Finanzgericht am 30.1.2023 (BFH v. 17.1.2023 – IX R 15/20, veröffentlicht am 30.1.2023). Und nun?

Hintergrund

Ich habe mehrfach im Blog berichtet, zuletzt über die jüngste mündliche BFH-Verhandlung von 17.1.2023: Der ursprünglich befristete Soli von 1991 zur Finanzierung des Golf-Krieges war bis Mitte 1992 befristet, wurde dann Mitte der 90er Jahre aber zur Finanzierung der Zusatzlasten aus der deutschen Wiedervereinigung eingeführt, unbefristet durch das Solidaritätszuschlagsgesetz (SolzG 1995, BGBl 1995 I S. 1959). Seit etlichen Jahren wird um die Abschaffung dieser Ergänzungsabgabe (Art. 106 GG) gerungen, auch vor den Finanzgerichten bis hin zum BVerfG.

Bislang hat der Damm gehalten: Für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2019 haben die Gerichte den Soli für verfassungsgemäß erklärt. Mit Auslaufen des Solidarpaktes II Ende 2019 und der Reform des Soli ab VZ 2020, die seitdem die Erhebung auf rund 10 Prozent der „Besserverdienenden“ beschränkt, kam aber neue Bewegung in die Diskussion: Ist die Beschränkung noch zeitgerecht, die Beschränkung auf einen kleinen Kreis von Steuerzahlern gerecht? Weiterlesen

Nochmals: Warum der Soli vor dem BVerfG landet – und was Steuerpflichtige beachten sollten

Am 30.1.2023 hat der BFH den Verkündungstermin im Verfahren IX R 15/20 angesetzt; dort geht es um die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages. Welche Szenarien sind denkbar?

Hintergrund

Ich habe mehrfach berichtet: Seit 1995 erhebt der Fiskus eine Ergänzungsabgabe in Höhe von 5,5% der tariflichen ESt oder KSt zur Finanzierung der Sonderlasten aus Anlass der deutschen Wiedervereinigung. Seit VZ 2020 und Auslaufen des Solidarpaktes II zahlen neben dem Zuschlag auf Einkünfte aus Kapitalvermögen nur noch rund 10 % der Steuerzahler den Soli, sog. „Besserverdienende“. Bislang haben BFH und BVerfG für VZ vor 2020 die Erhebung des Soli für verfassungskonform erklärt.

Worum geht es im aktuellen BFH-Verfahren? Weiterlesen

Umwidmung des Solis in eine Ukraine-, Klima- oder Corona-Abgabe?

Umwidmung des Solis in eine Ukraine-, Klima- oder Corona-Abgabe?

Erneut steht für den BFH die Frage auf der Agenda, ob die – weitere – Erhebung des Solidaritätszuschlags mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Könnte die Abgabe zukünftig etwa für andere Zwecke wie die Bekämpfung der Corona-Pandemie, den Klimawandel oder den Ukraine-Krieg erhoben werden?

Hintergrund

Am 17.1.2023 hatte der BFH sich erneut mit der möglichen Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlages auseinanderzusetzen. Zur Debatte steht, ob die Erhebung für den Zeitraum ab 2020 mit der deutschen Verfassung vereinbar ist. Mein Mitblogger Prof. Jahn hatte berichtet.

Bereits kurze Zeit nach der mündlichen Verhandlung machte der BFH auf seiner Internetseite zusammengefasst publik, worum es in der Sache IX R 15/20 geht und welche Fragestellungen sich dem BFH in dieser Sache stellen.

Grundfrage: Verfassungswidrigkeit des Solis?

Der Solidaritätszuschlag wurde 1995 eingeführt, um die Vollendung der Deutschen Einheit zu finanzieren, da sie einen immensen Finanzbedarf des Bundes auslöste. Dem Gesetzgeber steht grundsätzlich ein Entscheidungsspielraum zu, über die Regelung und den Fortbestand einer Ergänzungsabgabe zu entscheiden. Jedoch stellt sich die Frage, ob die Wiedervereinigung noch 30 Jahre nach der Wende einen besonderen Finanzbedarf begründet, die eine Fortführung des Solidaritätszuschlags weiterhin rechtfertigt. Soweit mit dem Auslaufen des Solidarpakts II der besondere Finanzbedarf des Bundes hinfällig geworden wäre, würde ggf. die Rechtfertigung für die weitere Erhebung des Solidaritätszuschlags entfallen. Damit wäre der Solidaritätszuschlag durch Zeitablauf verfassungswidrig geworden. Es stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, ggf. mit einem Wegfallen des zur Begründung angeführten aufgabenbezogenen Finanzbedarfs auch die dazugehörige Ergänzungsabgabe zu streichen.

Umwidmung in eine Ukraine-, Klima- oder Corona-Abgabe?

Von besonderem Interesse sind die weiteren Ausführungen des BFH auf seiner Internetseite. Denn: Sollte die verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die Erhebung der Ergänzungsabgabe weggefallen sein, stellt sich gem. BFH-Ausführung „die weitere Frage, ob andere Gründe die Erhebung ab dem Jahr 2021 rechtfertigen. Dabei kann es gem. BFH entscheidungserheblich werden, „ob ggf. ein erhöhter Finanzbedarf in der Folge der Corona-Pandemie, des Ukrainekriegs oder der erforderliche Finanzbedarf zur Bekämpfung des Klimawandels das Fortbestehen des Solidaritätszuschlags begründen können. Hierbei sei auch zu hinterfragen, „ob eine derartige „Umwidmung“ des Solidaritätszuschlags einer ausdrücklichen Entscheidung des Bundestags (Parlamentsvorbehalt) bedarf“.

Urteilsverkündung am 30.01.2023!

Bereits zum Ende des Januars, nämlich am 30.01.2023, wird der BFH in der Sache seine Entscheidung verkünden. Ob er in seiner Entscheidung weitere Ausführungen zu einer etwaigen Umwidmung des Solidaritätszuschlags aufführen wird, darf abgewartet werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürften darüber hinaus weitere Aussagen zum Verhältnis des Solidaritätszuschlags zum allgemeinen Gleichheitssatz und den Grundsatz der Steuergerechtigkeit in der Entscheidung getroffen werden. Denn vor diesem Hintergrund, stellt sich mit Sicherheit die Frage, ob es gerechtfertigt ist, den Solidaritätszuschlag nur noch für die obersten 10 Prozent der Einkommensbezieher zu erheben. Ab dem Jahr 2021 werden gut 90 Prozent der Abgabepflichtigen vom Solidaritätszuschlag entlastet. Das hierzu rechtfertigende Gründe vorliegen, die dem BFH genügen, dürfte zumindest fraglich sein.

Es bleibt damit spannend. Weitere Anmerkungen werden Sie spätestens zum Beginn des Februars an gewohnter Stelle von uns erhalten.

Update: Ist die Soli-Erhebung ab 2020 verfassungswidrig?

Am 17.1.2023 hat der BFH (IX R 15/20) abermals zur Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlages (Soli) verhandelt, diesmal für den Zeitraum ab 2020; seine Entscheidung will der BFH Ende Januar 2023 verkünden. Welche praktischen Folgen hat das BFH-Verfahren?

Worum geht es im Streitfall?

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Das beklagte Finanzamt setzte die Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag ab 2020 in Höhe von zuletzt 340 € fest. Die Kläger beantragten (erfolglos) die Herabsetzung der Vorauszahlungen auf 0 €: Zur Begründung beriefen sie sich auf das Auslaufen der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019. Da der Soli als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden dürfe, verbiete dieser Ausnahmecharakter eine dauerhafte Erhebung.

Den gegen die Ablehnung gerichteten Einspruch wies das Finanzamt unter Hinweis auf seine Bindung an die Steuergesetze zurück. Das Finanzgericht hat im Klageverfahren den Vorauszahlungsbescheid dahingehend geändert, dass die Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag ab 01.01.2021 – in Übereinstimmung mit den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Bestimmungen – herabgesetzt werden. Im Übrigen wurde die Klage unter Hinweis auf seine fehlende Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995 für Veranlagungszeiträume ab 2020 abgewiesen.

Rechtlicher Hintergrund des Soli

Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe i.S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes (GG). Der ursprüngliche Soli von 1991 zur Finanzierung des Golf-Krieges war bis Mitte 1992 befristet. Er wurde dann Mitte der 90er Jahre zur Finanzierung der Zusatzlasten aus der deutschen Wiedervereinigung eingeführt, unbefristet durch das Solidaritätszuschlagsgesetz – SolzG 1995, BGBl 1995 I S. 1959). Der Soli beträgt ab 1998 5,5 % der festgesetzten Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Seit der gesetzlichen Rückführung des Soli müssen seit dem Veranlagungszeitraum 2021 nur noch rund 10 % der Steuerpflichtigen den Solidaritätszuschlag zahlen, Besserverdiener oberhalb bestimmter Einkommensgrenzen unverändert in voller Höhe – ich habe im Blog berichtet. In der Begründung des Gesetzes heißt es, es bestehe weiterhin eine besondere wiedervereinigungsbedingte Finanzlast des Bundes, etwa in der Rentenversicherung, im Arbeitsmarkt, im Bereich der Anspruchs- und Anwartschaftsüberführung und im Hinblick auf besondere Leistungen für die ostdeutschen Bundesländer.

Aktuelle BFH-Sichtweise Weiterlesen