Bilanzkontrolle im einstufigen System– ein erstes Fazit der Arbeit der Bafin nach dem Wirecard-Skandal

Sicherlich erinnern Sie sich: Seit dem letzten Jahr ist die Bafin allein für die Bilanzkontrolle zuständig. Als Folge des Wirecard-Skandals war die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) abgeschafft worden. Was hat sich seither bei der Bilanzkontrolle getan? Ziehen wir ein erstes Fazit, denn seit kurzem liegt der Tätigkeitsbericht der Bafin aus dem letzten Jahr vor.

Ein Novum: Bekanntmachung von Prüfungsanordnungen und Teilfehlerfeststellungen

Neben der Abschaffung der DPR hat sich durch Wirecard noch etwas anderes geändert: Die Bafin kann bei öffentlichem Interesse bereits die Prüfungsanordnung veröffentlichen. Was das bedeutet? Die Öffentlichkeit erfährt nicht erst mit der Fehlerfeststellung von der Prüfung eines Unternehmens, sondern bereits zu Beginn der Bafin-Prüfung.

Von dieser neu geschaffenen Möglichkeit hat die Bafin unter anderem in der Causa Adler Immobilien Gebrauch gemacht. Doch damit nicht genug: Auch bereits während der Prüfung können sog. Teilfehlerfeststellungen veröffentlicht werden.

Hier gab es im August und November letzten Jahres zwei Meldungen der Bafin zur Adler Group. Dass der Immobilienriese mit den Fehlerfeststellungen nicht einverstanden war, ist bei der derzeitigen Lage von Adler wenig überraschend. Weiterlesen

Fortsetzung der einstufigen Bilanzkontrolle: Was die Bafin bereits getan hat und noch tun sollte (Teil 2)

Was ist denn nun eigentlich mit den Lehren aus Wirecard? Man liest gar nichts mehr. Diese Frage wird mir oft gestellt, da ich mich nicht nur mit Wirecard, sondern auch den Gesetzesreformen intensiver beschäftigt habe. Auch der Finanzausschuss im Bundestag hatte mich zu den Reformen gehört. In der Sitzung war auch der neue Präsident Mark Brason anwesend.

Sicherlich ist es an der ein oder anderen Stelle etwas „ruhiger“ geworden. Man könnte auch sagen: Das Tempo der Meldungen, für die sich die breite Masse interessiert, ist gesunken. Nun geht es vielmehr um langfristige Veränderungen und Reformen. Doch es passiert sicherlich auch vieles eher im Hintergrund und wird nicht so wahrgenommen wie die ersten Meldungen, dass bei Wirecard 1,9 Mrd. EUR „fehlen“ würden.

Ich bin weiterhin „dran“ und verfolge, wie die Versprechungen und Gesetzesreformen umgesetzt werden. Auch bei mir ist das Tempo wieder auf einem normaleren Niveau angekommen. Solche Gesetzesreformen benötigen Zeit, wie auch die Neuaufstellung der Bafin und die Umsetzung dessen.

Neuaufstellung des Hinweisgebersystems bei der Bafin

Sie kennen sicherlich alle die Nachricht, die bei Wirecard durch die Presse ging: Ein Englisch sprechender Hinweisgeber zu Wirecard wurde mangels Englischkenntnissen abgewimmelt. Wie die Erfahrung zeigt, werden viele Bilanzskandale durch Hinweisgeber aufgedeckt. Dies hat sicherlich mitunter auch dazu geführt, dass das Hinweisgebersystem der Bafin im vergangenen Jahr neu aufgestellt wurde.

Die Bafin hat die sog. Market Contact Group neu geschaffen und dort ein Hinweisgebersystem angesiedelt. Weiterlesen

Fortsetzung der einstufigen Bilanzkontrolle: Was die Bafin bereits getan hat und noch tun sollte (Teil 1)

Seit dem 1. Januar 2022 ist die Bilanzkontrolle nun allein bei der Bafin angesiedelt. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) ist nun Geschichte. Seit dem Zusammenbruch von Wirecard im Sommer 2020 – der den Anlass für die Reform gegeben hat – ist einiges passiert. Ob die Bafin nun „mehr Biss“ hat, wird sie erst beweisen müssen. Ein genauerer Blick auf die Website zeigt jedoch, dass sich einiges verändert hat. Allerdings müssen sich die verstärkten Instrumente erst noch in der Praxis beweisen.

Umbau aufs einstufige System bei der Bafin

Die Bafin hat die Gruppe „Bilanzkontrolle“ personell verstärkt. Das veröffentlichte Organigramm wurde im Dezember 2021 zuletzt aktualisiert. Demnach gibt es nunmehr vier Referate bei der Gruppe Bilanzkontrolle. Im Journal vom Dezember 2021 hat die Bafin dazu angegeben, dass 60 Mitarbeiter in der Bilanzkontrolle beschäftigt sein sollen. So, wie dies beschrieben wird, wird der Eindruck erweckt, dass noch nicht alle Stellen besetzt sind. Dies mag mitunter auch daran liegen, dass bisher nur etwa die Hälfte an Personal in diesem Tätigkeitsfeld arbeitete. Dabei sind die Mitarbeiter der abgeschafften DPR schon einbezogen.

Die Aufteilung der Bilanzkontrolle erfolgt in die folgenden vier Referate:

  1. Stichproben- und Anlassprüfungen, Grundsatz, Standards (Referat BilKo 1)
  2. Stichproben- und Anlassprüfungen, Marktrecherche/Prüfungsplanung (Referat BilKo 2)
  3. Stichproben- und Anlassprüfungen, Internationales (Referat BilKo 3)
  4. Stichproben- und Anlassprüfungen, TUG (Referat BilKo 4)

Alle vier Referate haben somit die Bilanzkontrolle als ihre Kernaufgabe. Die weiteren Aufgaben werden jeweils von einem der vier Referate übernommen. Weiterlesen

Bilanzkontrolle in der Zukunft – Ende des zweistufigen Systems naht

November – bisher war dies immer der Monat, in dem die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) ihre Prüfungsschwerpunkte für das kommende Jahr veröffentlichte. Doch zumindest für die DPR hat sich diese Aufgabe dieses Jahr erübrigt., denn Sie ist ab dem 1. Januar 2022 Geschichte.

Noch ist unklar, ob auch die Bafin künftig die Prüfungsschwerpunkte vorab veröffentlichen wird. Es ist davon auszugehen, dass die Bafin als „Nachfolgerin“ der DPR die ESMA-Richtlinien ebenfalls umsetzen wird. Die DPR hatte zu den Prüfungsschwerpunkten auf europäischer Ebene immer auch eigene nationale Prüfungsschwerpunkte festgelegt. Es ist derzeit noch abzuwarten, inwieweit die Bafin diese Vorgehensweise künftig fortsetzen wird. Weiterlesen

Lehren aus Wirecard (13): Zukunft der Abschlussprüfung?

Reformvorschläge sorgen nicht für Verbesserung der Prüfungsqualität

In den letzten Beiträgen hat die DPR immer ihren Senf abbekommen. Nun geht es wieder einmal um die Wirtschaftsprüfer: Denn schließlich haben diese die Aufgabe, die Abschlüsse der Unternehmen zu prüfen. Schließlich hat EY bis 2018 die Abschlüsse testiert. Und dies auch noch 2018, als es bereits Untersuchungen wegen Vorwürfen eines Whistleblowers wegen Bilanzunregelmäßigkeiten in Singapur gegeben hat.

Reformvorschläge Abschlussprüfung

Der Referentenentwurf sieht eine Rotationspflicht nach zehn Jahren vor. Bisher trifft diese kürzere Frist nicht alle Branchen. Auch soll bei Unternehmen von öffentlichem Interesse eine Trennung von Prüfung und Beratung vorgeschrieben werden. Neben der Ausweitung der Bußgelder soll auch die Haftung deutlich verschärft werden. Bisher galt eine Haftungsgrenze von vier Mio. €. Diese soll auf 20 Mio. € angehoben werden. Weiterlesen

Lehren aus Wirecard (12) – Zukunft der Bilanzkontrolle?

Kritische Analyse der Reformvorschläge

Der Bilanzskandal des ehemaligen DAX-Konzerns Wirecard wird die Bilanzkontrolle verändern. Dies ist auch dringend notwendig: Denn niemand will in diesem Fall die Verantwortung übernehmen. Weder die Bafin noch die DPR oder gar die Wirtschaftsprüfer, die immer einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilten. Das Image des deutschen Kapitalmarktes ist zwar bereits ruiniert, dennoch kann dieses nicht mit einem „Reförmchen“ der DPR wiederhergestellt werden. Es braucht eine effektive und strenge Bilanzkontrolle.

Lernen von den ausländischen Nachbarn: Keine private Bilanzpolizei (DPR)


Ein Blick ins benachbarte Ausland zeigt beispielsweise: Das zweistufige Enforcement-Verfahren mit einem staatlichen und einem privaten Verein gibt es so nur selten. Vor kurzem wurde ich im Oktober dazu von einem Journalisten eines englischen Magazins interviewt, der die Leser auf den deutschen Sonderfall einer teilweise privaten Bilanzkontrolle aufmerksam gemacht hat. Dies hat mir erneut gezeigt: Wir sollten mehr über den Tellerrand blicken, um von unseren Nachbarn zu lernen. Das unser Sonderweg in diesem Fall gnadenlos gescheitert ist, hat sich die letzten Monate deutlich gezeigt. Weiterlesen

Fortbestand der DPR ist eine Sackgasse

Interview mit Dietmar Hexel zur Zukunft der Bilanzkontrolle

Wie steht es mit der Zukunft der Bilanzkontrolle in Deutschland? Dazu habe ich mit Dietmar Hexel gesprochen. Er war bis 2015 Mitglied im Nominierungsausschuss der DPR. Seine Antworten sind ernüchternd, aber eine rosarote Brille hilft hier nicht weiter.

Das Deutsche Aktieninstitut befürwortet das Fortbestehen der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) in seiner bisherigen Form. Ist dies Ihres Erachtens der richtige Weg?

Nein, der Weg führt weiter in die Sackgasse und verhindert keinen neuen Bilanzskandal. Der Fall Wirecard zeigt deutlich: das zweistufige Enforcement (erst DPR, danach ggf. BaFin) hat sich leider nicht bewährt. Diese Idee eines zweistufigen Enforcements war schon 2005 umstritten. Damals schien es als Angebot an die Wirtschaft im Geiste neoliberaler Haltung richtig zu sein. Heute wissen wir: die Abhängigkeiten dieser privaten, von Unternehmen umlagenfinanzierten Einrichtung, sind zu groß, ebenso die Transaktionszeiten und -kosten. Es dauert einfach zu lange und dann gibt es, wie jetzt, auch noch Streit, wer zuständig ist. Weiterlesen

Lehren aus Wirecard (11): Ernste staatliche Bilanzkontrolle notwendig, aber ohne Dr. Ernst

Stellungnahme zur Veröffentlichung des Deutschen Aktieninstituts vom 2. Oktober 2020

Der Titel mag etwas verwirren: Die Bilanzkontrolle soll von staatlicher Seite erfolgen und sich einen Ruf erarbeiten, streng zu sein. Die Mitarbeit von Herrn Ernst ist aufgrund von Interessenskonflikten aber derzeit nicht möglich. Doch dazu gleich noch mehr. Weiterlesen