Zur (Nicht-)Berechtigung des Versorgungsfreibetrags

Nachdem das BVerfG mit Beschlüssen vom 07.11.2023 zwei Verfassungsbeschwerden zum Alterseinkünftegesetz, betreffend die Ermittlung einer Doppelbesteuerung, mangels substantiierten Vorbringens als unzulässig zurückgewiesen hat, bleibt die Frage der „richtigen“ Ausgestaltung der Vergleichsrechnung zur Ermittlung einer Doppelbesteuerung weiter letztlich ungeklärt. Es darf weiter geklagt werden, um eine Änderung der Rechtsprechung zu erreichen.

Im Folgenden versuche ich, in aller Kürze, darzustellen, warum die derzeitige Rechtslage, so oder so, nicht bestehen bleiben kann. Zentraler Angriffspunkt ist dabei der Versorgungsfreibetrag, der Versorgungsempfängern in der Übergangsphase des AltEinkG weiter gewährt wird, während Leibrentner ihre Bezüge voll versteuern müssen. Weiterlesen

Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfällt – Ein gutes Signal für Rentner!

Die Bundesregierung hat am 31.8.2022 das 8. SGB IV-Änderungsgesetz beschlossen. Danach soll ab dem 1.1.2023 die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfallen, bei Erwerbsminderungsrenten sollen die Hinzuverdienstgrenzen deutlich angehoben werden.

Hintergrund

Schon während der letzten beiden Corona-Jahre lag die Hinzuverdienstgrenze deutlich höher als zuvor. Da hiermit gute Erfahrungen gemacht worden sind, will die Bundesregierung nun dauerhaft ermöglichen, dass bei vorgezogener Altersrente und Erwerbsrente mehr hinzuverdient werden kann.

Das SGB IV-ÄndG enthält dabei Regelungen zur Fortentwicklung des elektronischen Datenaustauschs zwischen Arbeitgebern und den Trägern der sozialen Sicherung, aber auch der Sozialversicherungsträger untereinander. Vor allem bringt das Gesetz deutliche Verbesserungen bei Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten, hierzu sollen in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 1.1.2023 die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei vorgezogenen Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten grundlegend reformiert werden.

Rentner dürfen künftig unbegrenzt hinzuverdienen

Mit dem vom Bundeskabinett beschlossenen Wegfall der Hinzuverdienstgrenze soll der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand flexibler gestaltet werden. Das bedeutet: Weiterlesen

Rentendoppelbesteuerung (Teil 4): Vertrauensschutz in der Vergleichs- und Prognoserechnung

Das AltEinkG ist zweifellos verfassungsgemäß. Insbesondere verstößt die „unechte Rückwirkung“ dieses Gesetzes nicht gegen den Vertrauensschutz (BverfG, Beschlüsse vom 29.09./30.09.2015, 2 BvR 2683/11, 2 BvR 1066/10, 2 BvR 1961/10). Allerdings ist damit noch nicht geklärt, wie die (untergesetzliche) Vergleichsrechnung verfassungskonform unter Berücksichtigung von Vertrauensschutz auszugestalten ist.

Wertsteigerungen von Altersvorsorgebeiträgen bis zum 31.12.2004

Der BFH hatte sich im Verfahren X R 20/19 u.a. mit der Frage der Folgerichtigkeit des § 22 Nr. 1 S. 3 a)aa) S. 7 (Festschreibung des Rentenfreibetrags) zu befassen. Der BFH hält diese Festschreibung für Folgerichtig und führt weiter aus (TZ 101)

„…steuerlichen Bestandsschutz mit einem geringeren Besteuerungsanteil kann es nur für die Rentenbeträge in der zum 31.12.2004 vorliegenden Höhe geben. Wertzuwächse in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2039 genießen keinen besonderen Besteuerungsschutz…“

Gemäß BFH kommt demnach ein Bestandsschutz in der Vergleichsrechnung für Altersvorsorgebeiträge bis zum 31.12.2004 in Betracht. Eine andere Interpretation ist nicht möglich, weil ja auch Altersvorsorgebeiträge nach dem 31.12.2004 in der Übergangsphase nicht vollständig wie Sonderausgaben abziehbar sind und Rentenzuflüsse nicht vollständig besteuert werden. Insofern ergäbe eine unterschiedliche Behandlung vor und nach diesem Datum keinen Sinn. Weiterlesen

Rentendoppelbesteuerung (Teil 2): Berücksichtigung von Witwenrenten – BFH wirft Nebelkerzen!

Wie ist zu entscheiden, wenn ein Ehemann mit seiner Altersrente der Doppelbesteuerung unterliegt, unter Einbeziehung einer statistisch zu erwartenden Witwenrente aber nicht? Der BFH hat eine Meinung dazu, kann sie aber nicht begründen.

Steuerrechtlich eigenständige Renten

Bei der vorhergehenden Rente und der Witwenrente als Folgerente handelt es sich rechtlich – und unstreitig auch steuerrechtlich anerkannt – um eigenständige Renten. Das ergibt sich u.a. aus der Entscheidung des BFH vom 16.09.2004 (X R 29/02). Strittig war, ob ein Steuerpflichtiger bei einer Sofortrente gegen Einmalzahlung vorausgezahlte Zinsen für Darlehen, die er zur Finanzierung der Einmalzahlung aufgenommen hatte, als Werbungskosten geltend machen konnte; mithin, wie die erforderliche Totalüberschussprognose ausgestaltet war.

Der Kläger wollte, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, die Witwenrente für seine ihn statistisch überlebende Ehefrau in die Prognose einbeziehen. Das beklagte Finanzamt verneinte eine Einkommenserzielungsabsicht, da die Witwenrente ein eigenständiger Anspruch – und die Prognose subjektbezogen anzustellen sei.

Der BFH entschied zu Gunsten des Klägers und führte dazu aus, dass der gegenständliche Charakter der Einkunftsquelle bei einer Leibrente gegen Einmalzahlung im Vordergrund steht, in gleicher Weise etwa wie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Deshalb ist es wirtschaftlich geboten, die Totalüberschussprognose subjektübergreifend durchzuführen.

Dass die Witwenrente steuerrechtlich eine eigenständige Rente darstellt, wird auch im Rahmen der Überschussprognose dadurch berücksichtigt, dass insoweit der sich nach Maßgabe des Beginns der Folgerente ergebende – niedrigere – Ertragsanteil angesetzt wird (zustimmend dazu Killat-Rasthaus in HHR Lfg. 251 (April 2012), Rnr. 332 zu § 22. Gleicher Ansicht dazu EStH 22.4 2010 zu § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG. Dort wird auf das Urteil verwiesen und ausgeführt, dass zwei Renten vorliegen, wenn eine Person (z.B. die Ehefrau) nur für den Fall eine Rente erhält, dass sie die erste Person überlebt).

Es leuchtet ein, dass eine Totalüberschussprognose bei einer subjektbezogenen Betrachtung ihren Zweck nicht erfüllen kann – und steuerrechtlich deshalb die Einkunftsquelle als solche (subjektübergreifend) zu betrachten ist. Unabhängig davon handelt es sich aber um eigenständige Renten.

BFH-Urteil vom 19.05.2021 (X R 33/19)

Der BFH irrt nun allerdings, wenn er nunmehr (entgegen der Vorinstanz), u.a. unter Verweis auf die o.g. Entscheidung X R 29/02, die statistisch erwartbaren steuerfreien Zuflüsse aus einer Witwenrente in die Vergleichsrechnung zur Feststellung einer etwaigen Doppelbesteuerung bei der vorhergehenden Rente mit einbeziehen will.

Für seine Vorgehensweise gibt er, m.E. etwas irreführend, quasi zwei Begründungen, die m.E. aber in sich widersprüchlich sind: Weiterlesen

Aufreger des Monats Juli: Ein Jahr arbeiten für 46,20 Euro!

Zugegeben: Die Überschrift ist reißerisch. Doch inspiriert wurde ich dazu, als ich kürzlich die Broschüre der Deutschen Rentenversicherung mit dem Titel „Freiwilligendienste und Rente“ in Händen hielt, in der ich unter der schönen Überschrift „Dienstzeit ist Rentenzeit“ auf folgendes Beispiel gestoßen bin: Weiterlesen

Rentenurteile des BFH: Was ist nun zu tun?

Wenn ich mich derzeit mit Kollegen, aber auch mit Mandanten und Freunden unterhalte, scheint es beim Thema „Rentenurteile des BFH“ zwei Parallelwelten zu geben: Während mir die Steuerprofis immer wieder signalisieren, dass sie in der Praxis kaum Einsprüche, geschweige denn Klagen gegen eine vermeintliche Doppelbesteuerung geführt haben, erkenne ich bei den Bürgerinnen und Bürger hingegen ein großes Interesse. Weiterlesen

Doppelbesteuerung der Rente: Verfassungsrechtlich fraglich und ungerecht

Wer ein Leben lang einer Beschäftigung nachgegangen ist, der sollte im Alter von den Renteneinkünften leben können. So zumindest die Idealvorstellung. Diese Idealvorstellung geht allerdings nicht immer auf. Altersarmut wird immer mehr zu einem Thema und lässt sich nicht alleine mit steigenden Mieten und erhöhten Kaufpreisen begründen. In den kommenden Jahren könnte der Staat immer mehr zu dieser Entwicklung beitragen. Dies liegt an der Doppelbesteuerung der Renteneinkünfte. Weiterlesen

Leistungen aus dem Vertreterversorgungswerk werden voll besteuert

Viele Versicherungsvertreter erhalten im Ruhestand Zahlungen aus „ihrem“ Vertreterversorgungswerk. Es stellt sich dann die Frage, ob die Leistungen als Renteneinkünfte mit einem geringen Ertragsanteil oder aber als – nachträgliche – gewerbliche Einkünfte voll zu besteuern sind.

Jüngst hat das FG Nürnberg entschieden, dass Berufsunfähigkeitsrenten aus einem Vertreterversorgungswerk als nachträgliche gewerbliche Einkünfte voll zu besteuern sind und nicht nur dem Ertragsanteil unterliegen (Urteil vom 25.7.2019, 6 K 1733/18).

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Kein ermäßigter Steuersatz für Nachzahlung von Erwerbsminderungsrente

Zuweilen werden Renten nach der Beilegung eines Streits für mehrere Jahre in einem Betrag nachgezahlt. Eine solche Nachzahlung gilt steuerlich als „Vergütung für mehrjährige Tätigkeit“ und gehört damit zu den außerordentlichen Einkünften. Diese sind nach der sog. Fünftel-Regelung begünstigt. Voraussetzung ist, dass sich die Nachzahlung über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst
(§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG).

Doch ganz so einfach ist die Sache dann nicht immer, wie ein aktuelles Urteil des FG Münster für den Fall der Rente wegen Erwerbsminderung zeigt. So hat das FG Münster entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz aufgrund Fünftel-Regelung nach § 34 EStG nicht auf eine Rentennachzahlung angewandt wird, die für eine rückwirkend bewilligte Erwerbsminderungsrente gezahlt wird (FG Münster vom 19.9.2019, 5 K 371/19 E).

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Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ohne Kostenübernahme für Pflegeheim

Die Übertragung von Vermögen erfolgt oftmals gegen Zahlung von lebenslangen Versorgungsleistungen an die Eltern. Dieses können Renten oder dauernde Lasten sein. Kinder, die von ihren Eltern produktives Vermögen, also z.B. einen Betrieb oder einen land -und forstwirtschaftlichen Hof übernommen haben, dürfen die Versorgungsleistungen grundsätzlich in voller Höhe als Sonderausgaben abziehen, während die Eltern den entsprechenden Betrag versteuern müssen.

Dabei ist die Steuerermäßigung der Kinder üblicherweise wesentlich höher als die Steuerlast der Eltern. Die Übertragung von Mietwohnimmobilien ist seit einigen Jahren nicht mehr begünstigt.

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