Rentendoppelbesteuerung (Teil 4): Vertrauensschutz in der Vergleichs- und Prognoserechnung

Das AltEinkG ist zweifellos verfassungsgemäß. Insbesondere verstößt die „unechte Rückwirkung“ dieses Gesetzes nicht gegen den Vertrauensschutz (BverfG, Beschlüsse vom 29.09./30.09.2015, 2 BvR 2683/11, 2 BvR 1066/10, 2 BvR 1961/10). Allerdings ist damit noch nicht geklärt, wie die (untergesetzliche) Vergleichsrechnung verfassungskonform unter Berücksichtigung von Vertrauensschutz auszugestalten ist.

Wertsteigerungen von Altersvorsorgebeiträgen bis zum 31.12.2004

Der BFH hatte sich im Verfahren X R 20/19 u.a. mit der Frage der Folgerichtigkeit des § 22 Nr. 1 S. 3 a)aa) S. 7 (Festschreibung des Rentenfreibetrags) zu befassen. Der BFH hält diese Festschreibung für Folgerichtig und führt weiter aus (TZ 101)

„…steuerlichen Bestandsschutz mit einem geringeren Besteuerungsanteil kann es nur für die Rentenbeträge in der zum 31.12.2004 vorliegenden Höhe geben. Wertzuwächse in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2039 genießen keinen besonderen Besteuerungsschutz…“

Gemäß BFH kommt demnach ein Bestandsschutz in der Vergleichsrechnung für Altersvorsorgebeiträge bis zum 31.12.2004 in Betracht. Eine andere Interpretation ist nicht möglich, weil ja auch Altersvorsorgebeiträge nach dem 31.12.2004 in der Übergangsphase nicht vollständig wie Sonderausgaben abziehbar sind und Rentenzuflüsse nicht vollständig besteuert werden. Insofern ergäbe eine unterschiedliche Behandlung vor und nach diesem Datum keinen Sinn. Weiterlesen

Vertrauensschutz in der “Kopf und Seele”-Rechtsprechung des BSG?

Im Jahre 2012 hatte das Bundessozialgericht (BSG) die so genannte “Kopf und Seele”-Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern aufgegeben (andere sprechen von “modifiziert”). Zuvor hatte das BSG jedenfalls auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war.

Nun werden zahlreiche Betroffene erneut nach Kassel schauen, denn es geht dort am 19. September 2019 um die Frage, ob mindestens bis zu den BSG-Urteilen vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R und B 12 R 14/10 R) ein Vertrauensschutz bestanden hat.

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EuGH: Doch Vorsteuerabzug aus Briefkastenrechnung – Welche Folgen hat das?

Vor einer Stunde hat der EuGH seine Entscheidung zu den Anforderungen an die Rechnungsanschrift veröffentlicht. Das Urteil zur Briefkastenrechnung fällt nur auf den ersten Blick unternehmerfreundlich aus. Weiterlesen

Bauträger-Fälle – Frist zum Jahresende beachten

Die umsatzsteuerliche Abwicklung der Bauträger-Fälle beschäftigt alle Beteiligten weiterhin in höchstem Maße. Nicht zuletzt spiegelt sich das in der Vielzahl an Beiträgen zum Thema hier im Blog wider. Zum Jahresende läuft nun die entscheidende zivilrechtliche Frist ab. Betroffene sollten aufmerksam bleiben. Weiterlesen

Korrektur der USt-Festsetzung in Bauträgerfällen

Über die Entscheidung des BFH vom 23.02.2017 (V R 16, 24/16) kann ich mich immer noch aufregen. Auch mit zeitlichem Abstand bin ich enttäuscht über diese einseitige zugunsten des Fiskus ergangene Entscheidung. Der BFH hat nicht die Aufgabe, Steuerausfälle zu verhindern! Erst Recht nicht, wenn die Steuerausfälle durch ständige, fragwürdige Abgrenzungsprobleme bei der Beurteilung der Steuerschuldnerschaft heraufbeschwört wurden (§ 13b UStG). Weiterlesen

Finanzämter stoppen Abwicklung der Bauträgerfälle

Neue Entwicklung

Der BFH hatte mit Beschluss vom 27.01.2016 – V B 87/15 zur Frage der Aussetzung der Vollziehung in den Bauträgerfällen Stellung genommen und dargelegt, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Subunternehmers durch § 27 Abs. 19 UStG bestehen. Darüber hinaus sieht der BFH in diesem Beschluss es für ernstlich zweifelhaft, ob der Anspruch des Subunternehmers auf Nachbelastung der Umsatzsteuer entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG uneinbringlich geworden ist.

Die Finanzverwaltung interpretiert nun diesen Beschluss wie folgt: Weiterlesen

BFH kennt den Vertrauensschutz! – Gedanken zu § 13b UStG

Auf den ersten Blick ist die Entscheidung des V. Senates des BFH etwas Ausgefalleneres, denn ein Urteil zur umsatzsteuerlichen Beurteilung der “ehrenamtlichen” Tätigkeit eines Vorstandes des Sparkassenverbandes ist nicht so spannend (V R 45/14). Das FA hat die Revision verloren, obwohl das FG die Sache falsch entschieden hatte. Das kommt nicht alle Tage vor. Aber es hat ja auch Seltenheitswert, dass der Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO zur Anwendung kommt! Weiterlesen

Wundersames Umsatzsteuerrecht ohne Beherrschung der Glaskugel nicht praktikabel? Teil II

Die zweite Entscheidung ist ein Donnerschlag gegen die praktische Handhabung der Option gem. § 9 UStG (XI R 40/13). Bei Grundstücksgeschäften muss die Option im Grundstückskaufvertrag seitens des Verkäufers ausgesprochen sein. Da häufig die umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen insbesondere hinsichtlich § 15 a UStG übersehen werden, kommt es immer wieder vor, dass zu diesem Vertrag eine Ergänzung notwendig wird. Diese Handhabung wird durch das BMF Schreiben unterstützt (BStBl I 2004, 453 Rz.4). Nur der XI. Senat haut jetzt dazwischen und “macht alles kaputt”. Weiterlesen

Rückwirkende Besteuerung des Handwerkers nach § 27 Abs. 19 UStG

Wer Bauträger und noch schlimmer die Handwerker berät, die an Bauträger leisten, muss nicht nur verzweifeln, sondern Zweifel an unserem Rechtsstaat haben. Dem Handwerker nachträglich (nach Jahren) die USt-Schuld zuzuschieben, weil der BFH die Steuerschuld des Bauträgers nach § 13b UStG nicht bestätigt hat (V R 37/10), ist der eigentliche Skandal. Das BMF und dem folgend der Gesetzgeber setzen den Vertrauensschutz außer Kraft (§ 176 AO). Man nehme ein neues Gesetz und so bleibt dann ein Steuerschuldner für den (schlafenden) Fiskus übrig. Ich nenne das “Steuerwäsche”.

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