Bürokratieabbau? EU-Kommission will Schwellenwerte für Größenklassen von Kapitalgesellschaften nach zehn Jahren endlich wieder anheben

Die Größenklassen für Kapitalgesellschaften. Schon wieder ist es zehn Jahre her, dass die Schwellenwerte nach oben angepasst wurden. Wie schnell doch immer die Zeit vergeht. Erfreulich daher, dass die EU-Kommission das Thema nun angehen will. Um sich künftig die Arbeit zu erleichtern, sollte sie jedoch noch einen Schritt weiter gehen.

Was es mit den Größenklassen auf sich hat

Für Kapitalgesellschaften gibt es verschiedene Größenklassen, die in § 267 und § 267a HGB geregelt sind. Die Einordnung der Gesellschaften entscheidet beispielsweise darüber, welche Fristen für die Erstellung des Jahresabschlusses gelten, ob ein Lagebericht erstellt werden und ein Wirtschaftsprüfer den Abschluss prüfen muss.

Es ist erfreulich, wenn ein Unternehmen wächst. Doch dies bringt dann in einigen Fällen mehr Pflichten und damit höhere Kosten mit sich. Und durch die derzeit hohe Inflationsrate bedeuten mehr Umsatzerlöse nicht automatisch einen höheren Gewinn, denn eine der drei Kriterien für die Bestimmung der Größenklasse sind die Umsatzerlöse.

Was die EU-Kommission vorschlägt

Die EU-Kommission schlägt die Anhebung der Schwellenwerte vor, die bereits ab dem 1. Januar 2024 gelten soll. Eine schnelle Umsetzung ist aus Unternehmenssicht erfreulich, insbesondere wenn ansonsten ein Wechsel in eine größere Größenklasse ansteht. Vor allem bei Erfüllung der Kriterien für die Kategorie „groß“ bringt dies für Unternehmen neue Pflichten mit sich. Weiterlesen

Folgen des Wirecard-Skandals: Die schwierige Suche nach einem neuen Abschlussprüfer

„Demnächst steht bei uns der Wechsel des Abschlussprüfers an. Die Suche wird schwierig werden.“ Eine Aussage aus meinen Gesprächen mit Vorständen und der Investor-Relations-Abteilung von börsennotierten Unternehmen bei meiner Tätigkeit als Hauptversammlungssprecherin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

Ein Problem, dass künftig sicherlich noch mehr Unternehmen beschäftigen wird. Denn durch das FISG steht die Pflichtrotation für die betroffenen Unternehmen nun branchenunabhängig nach zehn Jahren an.

Gründe für die schwierige Suche

Wir haben spezielle Anforderungen an den Abschlussprüfer. Das ist einer der Gründe, die die Suche nach einer neuen Prüfungsgesellschaft schwierig gestaltet. So wurde mir dies seitens der Unternehmen berichtet. Eine Branche mit besonderer Komplexität wie beispielsweise eine Versicherung, die Kombination von Internationalität mit Expertise der Rechnungslegung nach US-GAAP und einige weitere gestalten beim anstehenden Wechsel des Abschlussprüfers die Suche nach einer neuen Gesellschaft als schwierig. Weiterlesen

Update Adler Immobilien: Adler verbrennt immer mehr Geld

Eine kurze Analyse der Halbjahreszahlen

Ende August hat Adler die Halbjahreszahlen für das erste Halbjahr 2023 veröffentlicht. Die Ergebnisse sind für Adler-Beobachter sicherlich wenig überraschend: Adler verbrennt immer mehr Geld, die Immobilien mussten deutlich nach unten korrigiert werden und der Immobilien-Konzern weist für das erste Halbjahr einen Verlust in Höhe von einer Milliarde Euro aus.

Bald geht es auf den Jahresendspurt zu und noch immer sucht Adler einen Abschlussprüfer. Inzwischen wurden auch die Fristen für die Veröffentlichung des geprüften Abschlusses für das Jahr 2022 großzügig in die Zukunft verschoben: Auf Ende September 2024. Kein Wunder, dass Adler immer noch einen Prüfer sucht. Das Unternehmen ist sicherlich für jeden Abschlussprüfer ein Horror-Mandat.

Ein Blick auf die Zahlen von Adler

Durch die Immobilienverkäufe der Vergangenheit sind die Umsatzerlöse im ersten Halbjahr weiter gesunken. Sie liegen inzwischen bei lediglich 193 Mio. € und damit knapp 20 % unter dem Wert des Vorjahreszeitraumes.

Zur besseren Einordnung der Umsatzerlöse hier ein paar Vergleiche: Weiterlesen

Wie ein Wechsel des Abschlussprüfers die Bilanz beeinflussen kann

Ausweis von Kryptowährungen in der Bilanz

Wo werden Kryptowährungen in der Bilanz ausgewiesen? Das kommt auf den Wirtschaftsprüfer an. So ist es zumindest bei der Euwax AG, die Finanzdienstleistungen für die Börse Stuttgart erbringt. Durch den Wechsel des Abschlussprüfers hat sich der Ausweis der Kryptowährungen in der Bilanz geändert.

Auf den ersten Blick, ein kleiner Unterschied. Dennoch ein Sachverhalt, den man bei der Analyse von betroffenen Unternehmen berücksichtigen sollte. Doch nun aber der Reihe nach.

Ausweis von Kryptowährungen in Bilanz und GuV

Kryptowährungen sind sog. digitale Vermögensgegenstände gem. § 340e HGB. Zu diesem Thema hat das IDW eine Stellungnahme zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands bei Kreditinstituten (IDW RS BFA 2) veröffentlicht.

Beim Ausweis von Kryptowährungen im Jahresabschluss hatte die Euwax AG die folgenden beiden Möglichkeiten angewendet:

  1. Ausweis als Finanzinstrumente (bis Geschäftsjahr 2021)
  2. Ausweis als sonstige Vermögensgegenstände (ab Geschäftsjahr 2022)

Warum dies relevant ist? Weiterlesen

Ende der Immobilienparty: Wieso eine IFRS-Vorschrift Vonovia einen Milliardenverlust beschert

Gewinn ist Silber, Cash ist Gold?

Die Party ist vorbei. Die Zeit der steigenden Preise auch. Nein, ganz im Gegenteil: Gerade hat der DAX-Konzern Vonovia wieder einen hohen Verlust verkündet. Die Gründe? Die sinkenden Immobilienpreise.

Ein paar Details zur IFRS-Vorschrift

Im letzten Jahrzehnt kannten die Immobilienpreise nur einen Weg: Steil nach oben. Dies hat börsennotierten Immobilienkonzernen zumindest auf dem Papier hohe Gewinne beschert. Denn im IFRS-Abschluss können die Wertsteigerungen der Immobilien sofort als Gewinn ausgewiesen werden. Die Voraussetzung? Es handelt sich um sog. Investment Properties gem. IAS 40. Dies sind Immobilien, die als Finanzinvestitionen gehalten werden und damit beispielsweise Mieteinkünfte erzielt werden.

Wie schnell die ausgewiesenen Gewinne sich jedoch ins Gegenteil umkehren können, sieht man derzeit in den Bilanzen vieler Immobilienkonzerne: Da der Fair Value bei vielen Immobilien sinkt, führt die Wertverringerung zu einem Aufwand und bei vielen Unternehmen damit zu einem (hohen) Verlust. Weiterlesen

Neue Bilanzierungsregeln für Versicherungsverträge – Kennzahlenvielfalt und neue Ermessensspielräume

Seit diesem Jahr muss er angewendet werden: Der neue IFRS 17. Der erste umfassende internationale Rechnungslegungsstandard für Versicherungsverträge. Das Ziel? Mehr Transparenz der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Versicherungsunternehmen und die Vergleichbarkeit der Abschlüsse mit Wettbewerbern und Unternehmen anderer Branchen.

Zugegeben, die stärkere Zuordnung der Erträge nach dem Periodisierungsprinzip klingt einleuchtend. Doch ob dies die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Versicherungsunternehmen erhöht, da bin ich mir unsicher.

Der neue IFRS 17 und sein Ermessensspielraum

Um ehrlich zu sein, finde ich den neuen Standard komplex. Eine kurze Zusammenfassung von EY (Quelle siehe am Ende des Beitrags) zeigt die wichtigen Fakten verständlich auf, wie ich finde: Weiterlesen

Gewinn oder Verlust? – Wie Benko sein Immobilienimperium den Banken präsentiert

Im letzten Jahr sorgte der österreichische Unternehmer René Benko in Deutschland mit der Forderung nach Staatshilfen für Galeria Karstadt Kaufhof für Schlagzeilen. Nun weist eine seine Immobilien-Gesellschaft Signa Prime für das letzte Jahr einen hohen Verlust aus. Aus einer Präsentation für Banken, die dem Handelsblatt vorliegt, geht noch einiges andere hervor.

Ein Blick in die Zahlen des Immobilienriesen

Ende Juli hat das Handelsblatt von einer hohen Wertberichtigung der Signa Prime, einer Immobiliengesellschaft von René Benko berichtet. Die Neubewertung der Immobilien führte schlussendlich auch zu einem Nettoverlust in Höhe von 1 Mrd. €. Laut der Unterlagen, die dem Handelsblatt vorliegen, wurde das Immobilienimperium um 1,2 Mrd. € niedriger angesetzt. Damit wurde das Portfolio um sechs Prozent abgewertet, den es wird laut dem Handelsblatt auf 20,4 Mrd. € beziffert.

Doch das ist noch nicht alles: Das Handelsblatt berichtet über stille Reserven des Immobilienportfolios, die nach den Unterlagen zufolge bei Signa Prime zu einem Nettogewinn in Höhe von 90 Mio. € geführt hätten.

Trotz des Verlustes ist das Eigenkapital mit 6,8 Mrd. € stabil geblieben, denn im August 2022 konnte eine Kapitalerhöhung in Höhe von 750 Mio. € platziert werden. So heißt es nach dem Handelsblatt in Signa-Kreisen.

Eine kurze Stellungnahme

Was mir beim Lesen des Artikels im Handelsblatt auffällt? Weiterlesen

Rote Karte für die Schwarz-Gelben: Der BVB hat Stress mit der BaFin

Von wegen Sommerloch. Die BaFin hat am 3. August mit der nächsten Fehlerfeststellung nachgelegt. Nach Social Chain hat nun auch der BVB Ärger mit der Behörde. Interessant: Schon wieder geht’s um das Thema Kapitalflussrechnung. Was die beiden Fälle gemeinsam haben? Beide Unternehmen haben Geld verbrannt, wenn man die Fehler der BaFin-Feststellungen liest. Auch beim BVB frage ich mich, wie ein solcher Fehler passieren kann.

Und was bei den Schwarz-Gelben noch dazu kommt: In diesem Fall stelle ich mir die Frage, ob nicht auch weitere Jahresabschlüsse korrigiert werden müssen. Zumindest bei den ausgewiesenen Umsatzerlösen. Dabei hat der Fußballclub gerade erst den Abschlussprüfer gewechselt: Seit dem Geschäftsjahr 2021/2022 prüft nicht mehr KPMG, sondern Deloitte. Doch nun der Reihe nach.

Erhaltene Transferzahlungen sind keine Umsatzerlöse

Der BVB hat die Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 2017/2018 um 223 Mio. € zu hoch ausgewiesen. Wie denn das? In den Umsatzerlösen sind erhaltene Transferzahlungen aus dem Transfer von Fußballspielern enthalten. Dafür wurde in den Vorjahren ein immaterieller Vermögenswert erfasst, als die Spieler gekauft wurden.

Die BaFin ordnet dies als einen Verstoß gegen IAS 38.113 ein. Demnach dürfen bei der Veräußerung eines immateriellen Vermögenswertes der daraus erzielte Gewinn oder Verlust nicht als Umsatzerlöse erfasst werden. Kurz gesagt: Wenn die erhaltene Transferzahlung für einen Spieler höher ist als Buchwert des immateriellen Vermögenswertes (d.h. gezahlte Transferzahlungen abzüglich Abschreibungen), führt dieser Gewinn nicht zu einer Erhöhung der Umsatzerlöse.

Ein Blick in den Anhang des entsprechenden Geschäftsberichtes zeigt: Der Anteil des Transfergeschäftes an den Umsatzerlösen macht mit 223 Mio. € nicht ganz die Hälfte des Gesamtumsatzes in Höhe von 536 Mio. € aus. Wer es selbst Nachlesen möchte: Die Zusammensetzung der Umsatzerlöse findet sich auf S. 178 im Geschäftsbericht 2017/2018. Weiterlesen

Serie Bilanzskandale: Gewinn schönrechnen durch Unterlassung der Bildung von Rückstellungen

Anders als bei fingierten Umsatzerlösen ist das Auffinden von nicht gebuchten Rückstellungen deutlich komplexer. Denn hier findet sich kein Buchungssatz ohne realen Geschäftsvorfall in der Buchhaltung, sondern kein Buchungssatz trotz eines realen Geschäftsvorfalls. Anstatt der Buchhaltung müssen daher also Dokumente wie E-Mails, Verträge und weitere Dokumente überprüft werden.

Beim Thema Rückstellungen fällt mir gerade ein Fall zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit in einer Steuerkanzlei ein. Dort ging es auch um eine sehr hohe Rückstellung für einen möglichen Schadensersatz eines Geschäftspartners. Doch anders als im Falle einer manipulierten Bilanz gab es damals mit der Steuerfahndung den Streit darüber, in welchem Jahr die Rückstellung mangels Verjährung aufgelöst werden musste. Aufgrund der Höhe des Betrages, den der Geschäftspartner aber schlussendlich doch nicht gerichtlich einforderte, wurde der Gewinn durch die Auflösung der Rückstellung deutlich erhöht.

Im Falle von Bilanzmanipulationen ist es genau umgekehrt: Weiterlesen

Bilanzierungsfehler bei Social Chain: Statt Liquiditätszuflüssen verbrennt das Unternehmen viel Geld

Bafin moniert die Kapitalflussrechnung des Social-Media-Unternehmens

Peinlich. Das ist das Erste, was mir zu den Bilanzierungsfehlern bei Social Chain einfällt. Der operative Cashflow wurde zu hoch ausgewiesen. Und zwar durch einen Fehler, der mehr als unangenehm ist. Erhaltene Zahlungen aus einem Bankdarlehen wurden fälschlicherweise zum operativen Cashflow gerechnet. Das dies eindeutig zum Cashflow aus Finanzierungstätigkeit zählt, sollte jedem Studierenden bekannt sein, der in der Vorlesung die Kapitalflussrechnung kennengelernt hat. Für BWL-Absolventen ist dies die Regel. Das Übersehen des Fehlers ist nicht nachvollziehbar.

Wie aus einem positiver ein negativer operativer Cashflow wird

Was die Korrektur so erschreckend macht? In dem ausgewiesenen Konzernabschluss weist Social Chain einen Verlust in Höhe von 82 Mio. € aus, dennoch ist der operative Cashflow erstaunlicherweise mit 23 Mio. € positiv. Jetzt wissen wir, wie es zu dieser großen Differenz kommt: Denn 50 Mio. € kamen nicht durch Zuflüsse aus dem operativen Geschäft, sondern durch Bankdarlehen. Weiterlesen