Auch Kindererziehungszeiten im EU-Ausland zählen für die Rente!

Das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit kann dazu führen, dass in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegte Erziehungszeiten bei der Berechnung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu berücksichtigen sind – das hat der EuGH (v. 22.2.2024 – C 283/21) ganz aktuell entschieden.

Worum ging es im Streitfall?

Eine deutsche Staatsangehörige, die in den Niederlanden gelebt hatte und wieder in Deutschland lebt, erhält dort eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Klägerin hatte weder vor noch zu dem Zeitpunkt, zu dem sie mit der Erziehung ihrer Kinder begonnen hat, in Deutschland eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt. Dagegen hatte sie dort sowohl vor als auch nach diesen Zeiten Versicherungszeiten für Ausbildungs- oder Beschäftigungszeiten zurückgelegt; in den Niederlanden hatten sie nie gearbeitet.

Sie wandte sich vor den deutschen Gerichten dagegen, dass die Erziehungszeiten, die sie für ihre beiden Kinder in den Niederlanden zurückgelegt hatte, bei der Berechnung dieser Rente nicht berücksichtigt wurden. Das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht wollte vom EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) wissen, ob diese Nichtberücksichtigung von in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Erziehungszeiten mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Wie hat der EuGH entschieden? Weiterlesen

Update: EU-Lieferketten-Richtlinie vor dem Aus

Die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) hat am 28.2.2024 im Rat der EU-Mitgliedstaaten keine Mehrheit gefunden. Ist das das Aus für das EU-Lieferkettenrecht?

Hintergrund

Ich habe wiederholt im Blog berichtet: Die EU-Kommission hatte am 23.2.2022 den Entwurf einer RL zur nachhaltigen Unternehmensführung, den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die neben Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten definiert.

Am 14.12.2023 hatten sich die Verhandlungsführer von EU-Rat und EU-Parlament über die CSDDD (sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) geeinigt, deren Inhalt die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes noch verschärfen würde. Die für den 14.2.2024 geplante finale Abstimmung über die EU-Lieferketten-Richtlinie hat Rat der Europäischen Union (Rat) zunächst verschoben, um eine Kompromisslösung noch vor den Europawahlen im Juni zu finden.

CSDDD im Rat gescheitert – Welche Folgen hat das? Weiterlesen

Bundestag beschließt Änderungen des Onlinezugangsgesetzes

Am 23.2.2024 hat der Bundestag mehrheitlich das Onlinezugangs-ÄnderungsG (OZGÄndG) beschlossen, der Bundesrat muss noch zustimmen. Was bedeutet das für Wirtschaft und Bürger?

Hintergrund

Das bereits 2017 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ (Onlinezugangsgesetz-OZG vom 14.8.2017, BGBl 2017 I S. 3122, 3138, zuletzt geändert am 28.6.2021, BGBl 2021 I S. 2250) ist die rechtliche Grundlage für das bis dato größte Modernisierungsprojekt der öffentlichen Verwaltung seit Bestehen der Bundesrepublik. Im OZG werden die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sowie deren Bereitstellung über Verwaltungsportale geregelt. Hiermit wurden alle Behörden verpflichtet, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch digital über Verwaltungsportale anzubieten, durch effiziente Arbeitsteilung, moderne IT-Infrastruktur sowie gemeinsame Standards zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Weiterlesen

Ampelregierung einigt sich über Eckpunkte des Onlinezugangsgesetzes 2.0

Nachdem sich die Koalitionspartner über den finalen Entwurf eines OZG 2.0 geeinigt haben, soll der Innenausschuss am 21.2.2024 darüber beschließen. Worum geht es?

Hintergrund

Das im Jahr 2017 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ (Onlinezugangsgesetz vom 14.8.2017, BGBl 2017 I S. 3122, 3138, zuletzt geändert am 28.6.2021, BGBl 2021 I S. 2250) ist die rechtliche Grundlage für das bis dato größte Modernisierungsprojekt der öffentlichen Verwaltung seit Bestehen der Bundesrepublik. Im OZG werden die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sowie deren Bereitstellung über Verwaltungsportale geregelt. Hiermit wurden alle Behörden verpflichtet, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch digital über Verwaltungsportale anzubieten. Im OZG werden die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sowie deren Bereitstellung über Verwaltungsportale geregelt. Für die Umsetzung des Gesetzes bedarf es unter anderem einer effizienten Arbeitsteilung, einer modernen IT-Infrastruktur sowie gemeinsamer Standards zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

Weiterentwicklung des OZG durch das OZG-Änderungsgesetz (OZG 2.0)

Allerdings konnte das ambitionierte Ziel, bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen auch online anzubieten, nicht oder nicht vollständig erreicht werden, unter anderem aufgrund komplexer föderaler Strukturen, unterschiedlicher Digitalisierungsstände und einer heterogenen IT-Landschaft. Weiterlesen

Zur (Nicht-)Berechtigung des Versorgungsfreibetrags

Nachdem das BVerfG mit Beschlüssen vom 07.11.2023 zwei Verfassungsbeschwerden zum Alterseinkünftegesetz, betreffend die Ermittlung einer Doppelbesteuerung, mangels substantiierten Vorbringens als unzulässig zurückgewiesen hat, bleibt die Frage der „richtigen“ Ausgestaltung der Vergleichsrechnung zur Ermittlung einer Doppelbesteuerung weiter letztlich ungeklärt. Es darf weiter geklagt werden, um eine Änderung der Rechtsprechung zu erreichen.

Im Folgenden versuche ich, in aller Kürze, darzustellen, warum die derzeitige Rechtslage, so oder so, nicht bestehen bleiben kann. Zentraler Angriffspunkt ist dabei der Versorgungsfreibetrag, der Versorgungsempfängern in der Übergangsphase des AltEinkG weiter gewährt wird, während Leibrentner ihre Bezüge voll versteuern müssen. Weiterlesen

Update: Abstimmung über EU-Lieferketten-RL auf unbestimmte Zeit verschoben – Ist das europäische Projekt gescheitert?

Die für den 14.2.2024 geplante finale Abstimmung über die EU-Lieferketten-Richtlinie hat Rat der Europäischen Union (Rat) auf unbestimmte Zeit verschoben. Ist das das Aus für das europäische Lieferkettengesetz?

Hintergrund

Ich habe im Blog bereits berichtet: Die EU-Kommission hatte am 23.2.2022 den Entwurf einer RL zur nachhaltigen Unternehmensführung, den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die neben Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten definiert. Betroffene Unternehmen müssen danach entlang der gesamten Wertschöpfungskette Risiken ermitteln, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen und darüber berichten; dies gilt auch für vorgelagerte Ketten (z.B. Rohstoffabbau) wie nachgelagerte Ketten (Entsorgung). Am 14.12.2023 hatten sich die Verhandlungsführer von EU-Rat und EU-Parlament über die CSDDD (sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) geeinigt, deren Inhalt die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LKSG, v. 16.7.2021, BGBl 2021 I S.2159) noch verschärfen würde.

FDP-Blockade führt zur Verschiebung auf unbestimmte Zeit

Innerhalb der Bundesregierung hat die FDP zuletzt ihre Bedenken gegen die europäische CSDDD bekräftigt: gegen den erklärten Willen der anderen beiden Koalitionspartner. Weiterlesen

Update: Abstimmung über EU-Lieferketten-RL verschoben – Ist Deutschland kein verlässlicher EU-Partner?

Der Rat der Europäischen Union (Rat) hat am 9.2.2024 die Abstimmung über die EU-Lieferketten-Richtlinie verschoben

Hintergrund

Die EU-Kommission hatte am 23.2.2022 den Entwurf einer RL zur nachhaltigen Unternehmensführung, den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die neben Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten definiert. Betroffene Unternehmen müssen danach entlang der gesamten Wertschöpfungskette Risiken ermitteln, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen und darüber berichten; dies gilt auch für vorgelagerte Ketten (z.B. Rohstoffabbau) wie nachgelagerte Ketten (Entsorgung).

Am 14.12.2023 hatten sich die Verhandlungsführer von EU-Rat und EU-Parlament über die CSDDD (sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) geeinigt, deren Inhalt die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LKSG, v. 16.7.2021, BGBl 2021 I S. 2159) noch verschärfen würde.

FDP blockiert weiterhin deutsche Zustimmung

Innerhalb der Bundesregierung hat die FDP zuletzt ihre Bedenken gegen die europäische CSDDD bekräftigt: gegen den erklärten Willen der anderen beiden Koalitionspartner. Deshalb war Deutschland gehindert, bei der finalen Abstimmung im EU-Rat am 9.2.2024 zuzustimmen; die Abstimmung wurde verschoben. Weiterlesen

Update: EU-Lieferkettengesetz vor dem Aus?

Die FDP will im EU-Ministerrat „in letzter Minute“ die Verabschiedung der sog. EU-Lieferketten-Richtlinie blockieren. Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?

Hintergrund

Ich hatte bereits im Blog berichtet: Die EU-Kommission hatte am 23.2.2022 den Entwurf einer RL zur nachhaltigen Unternehmensführung, den Entwurf einer Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die neben Vorgaben für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten definiert. Betroffene Unternehmen müssen danach entlang der gesamten Wertschöpfungskette Risiken ermitteln, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen und darüber berichten; dies gilt auch für vorgelagerte Ketten (z.B. Rohstoffabbau) wie nachgelagerte Ketten (Entsorgung).

Am 14.12.2023 hatten sich die Verhandlungsführer von EU-Rat und EU-Parlament über die CSDDD (sog. EU-Lieferkettenrichtlinie) geeinigt, deren Inhalt die Anforderungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LKSG, v. 16.7.2021, BGBl. I S.2159) noch verschärft; das deutsche LKSG müsste bei Umsetzung der EU-Lieferketten-RL angepasst werden.

Reichweite der unternehmerischen Verantwortung nach der CSDDD

Über das LKSG hinausgehend erfasst die CSDDD folgende Unternehmen: Weiterlesen

Update: Scheitert die EU-Lieferkettenrichtlinie auf der Ziellinie?

Die EU-Mitgliedstaaten und ihre Unterhändler hatten sich Mitte Dezember auf neue EU-Standards bei Lieferketten geeinigt, eine neue CSDDD-Richtlinie (sog. EU-Lieferketten-Richtlinie). Doch könnte die Verschärfung in letzter Minute im EU-Ministerrat doch noch scheitern. Welche Folgen hätten das für die deutsche Wirtschaft?

Hintergrund

Seit 1.1.2023 stellt das Lieferkettensorgfaltspflichtengsetz (LKSG v. 16.7.2021, BGBl 2021 I S. 2159) verbindliche Sorgfalts- und Handlungspflichten für deutsche Unternehmen bei der Beachtung bei Arbeitsschutz und Umweltschutzstandards auf. Seit 1.1.2023 müssen Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten umfangreiche Verpflichtungen zum Schutz von Menschenrechten entlang ihrer Lieferketten überprüfen. Hierzu müssen Risikoanalysen erstellt, Menschenrechtsbeauftragte bestellt und auf den eigenen Internetseiten berichtet werden. Tun das die betroffenen Unternehmen nicht, drohen hohe Geldbußen. Seit 1.1.2024 werden auch Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten von diesem Gesetz erfasst.

Die Ende 2023 endverhandelte EU-Lieferketten-RL (CSDDD) geht weiter als das aktuell geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Insbesondere sieht der Entwurf, auf den sich Unterhändler von EU-Rat und Parlament geeinigt haben, eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen vor und stellt umfassende Anforderungen an deren Strategie zur Einhaltung der auferlegten Sorgfaltspflichten. Die EU-Regelung sieht eine Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette vor. Unternehmen haften demnach nicht nur für direkte Vertragspartner, sondern indirekt auch für deren Zulieferer. Betroffen wären – unabhängig von ihrem Sitz – Unternehmen ab 500 Beschäftigten und einem Mindestumsatz von 150 Millionen Euro sein, sowie Unternehmen ab 250 Beschäftigten und einem Mindestumsatz von 40 Millionen Euro, wenn sie in Branchen mit „hohem Schadenspotenzial“ tätig sind.

FDP will EU-Lieferketten-Richtlinie stoppen

Meldungen von Presseagenturen von Ende Januar 2024 zufolge könnte die geplante Verschärfung des Lieferkettensorgfaltsrechts auf EU-Ebene in letzter Minute doch noch scheitern. Weiterlesen

BEG IV: Kommt die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen?

Das BMJ hat am 11.01.2024 den Referentenentwurf für ein Viertes Bürokratieentlastungsgesetz veröffentlicht. U.a. wird eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege nach Handels- und Steuerecht angestrebt.

Hintergrund:

Die steuerrechtliche Aufbewahrungsfrist ist in § 147 Abs. 3 AO kodifiziert; sie beträgt für Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Bilanzen, Arbeitsunterlagen und Buchungsbelege 10 Jahre. Die Regelung gilt entsprechend für das HGB, hier sind die Zeiten in § 257 Abs. 4 HGB dargelegt. Andere Unterlagen sind 6 Jahre aufzubewahren.

Bereits im Jahre 2013 war ein Gesetzgebungsvorhaben gestartet worden, das die Aufbewahrungsfristen auf 8 bzw. 6 Jahre verkürzen sollte. Umgesetzt wurde dies (bislang) nicht. Weiterlesen