Vordruck Anlage SO 2023 und amtliche Anleitung sind – und bleiben (!) – falsch

Die Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe 2022) sollte nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers im Jahre 2023 steuerpflichtig sein – und zwar nach einem extrem komplizierten und verfassungsrechtlich umstrittenen Verfahren. Glücklicherweise wurde diesem Unfug später ein Ende bereitet – die Regelungen zur Versteuerung wurden mit dem „Kreditzweitmarktförderungsgesetz“ ersatzlos gestrichen. Allerdings ist diese Streichung erst Ende des vergangenen Jahres erfolgt – zu spät für die „Vordruckmacher“ der Finanzverwaltung.

In der Anlage SO zur Einkommensteuererklärung 2023 gibt es daher in Zeile 17 eine Abfrage zur Gas- / Wärmepreisbremse. In der amtlichen Anleitung zur Anlage SO (Zeile 17) heißt es denn auch: „Wurden Sie durch die Gas- /Wärmepreisbremse entlastet, müssen Sie die Entlastung ganz oder teilweise versteuern, …“

Die Eintragung ist aufgrund der besagten Gesetzesänderung aber überflüssig geworden. Die Anlage SO und vor allem die amtliche Anleitung sind daher falsch. Weil sie jedoch bereits offiziell genehmigt wurden, werden sie nicht mehr geändert. In einer Pressemitteilung des Senators für Finanzen Bremen heißt es vom 29.1.2024 heißt es dazu: Weiterlesen

Zum Widerruf der Gestattung der Ist-Besteuerung

Falls ein Leistungsempfänger bereits zur Vornahme des Vorsteuerabzugs berechtigt ist, obwohl beim leistenden Unternehmer aufgrund der Gestattung der Ist-Besteuerung noch keine Umsatzsteuer entstanden ist, beruht dies umsatzsteuerrechtlich nicht auf einer missbräuchlichen Gestaltung durch die am Leistungsaustausch beteiligten Steuerpflichtigen, sondern auf einer unzutreffenden Umsetzung oder Anwendung des Art. 167 MwStSystRL durch den Mitgliedstaat Deutschland (BFH-Urteil vom 12.07.2023, XI R 5/21).

Hintergrund:

Der Vorsteueranspruch eines Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG entsteht bereits mit der Ausführung der Leistung und nicht erst mit der Entrichtung des Entgelts. Unerheblich ist, ob der Leistende Soll- oder Ist-Versteuerer ist. Dies ermöglicht eine Vorfinanzierung zu Lasten des Fiskus, wenn der Leistende ein Ist-Versteuerer ist. Das heißt, der Leistungsempfänger zieht die Vorsteuer ab, obwohl er die Leistung – zum Beispiel aufgrund einer Stundung – noch nicht bezahlt hat, während der Leistungsempfänger die entsprechende Steuer noch nicht schuldet. Dieses Ergebnis ist vom nationalen Gesetzgeber im Prinzip gewollt, da er die Regelung über § 20 UStG „ohne Not“ geschaffen hat, denn EU-rechtlich hätte er auch eine zeitliche Korrespondenz von Umsatzsteuer-Entstehung und Vorsteuerabzug regeln können.

Ein Finanzamt witterte in der offenbar bewussten Ausnutzung des Zeitgefälles einen Gestaltungsmissbrauch und wollte dem Leistenden die Gestattung der Ist-Besteuerung versagen bzw. die Genehmigung widerrufen. Allerdings scheiterte es mit seinem Ansinnen beim BFH. Weiterlesen

Geerbter Ausschüttungsanspruch: Fiskus langt doppelt hin

Angenommen, Sie haben eine GmbH-Beteilung, Aktien oder eine Anleihe mit Stückzinsanteil geerbt, und weiter angenommen, in den Kapitalanlagen sind noch Erträge „enthalten“ (Ausschüttungsanspruch, Dividenden, Stückzinsen), so unterliegen auch die Ertragsansprüche, also die Forderungen, der Erbschaftsteuer. Das können schnell 30 Prozent oder sogar noch mehr sein.

Eines Tages vereinnahmen Sie die Erträge, allerdings unter Abzug der Kapital- bzw. Abgeltungsteuer von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag. Sie erkennen, dass Ihnen unterm Strich vielleicht nur 45 Prozent des Ertrages verblieben sind und sich der Fiskus den Rest geholt hat.

Wenn Sie nun der Auffassung sind, dass diese Doppelbelastung mit Erbschaft- und Kapitalertragsteuer verfassungswidrig ist, muss ich Sie leider enttäuschen. Genauer gesagt werden Sie vom FG Münster enttäuscht werden, denn dieses hat in jüngster Zeit gleich zweimal entschieden, dass die Doppelbelastung mit Erbschaft- und Kapitalertragsteuer rechtens ist. Weiterlesen

Kuchenverkauf an Schulen – das Finanzamt will nicht mitessen

Wenn sich die öffentliche Hand in Wettbewerb zur Privatwirtschaft begibt oder sie – anders ausgedrückt – keine rein hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt, sollen die entsprechenden Institutionen mit ihren Umsätzen spätestens ab 2025 der Umsatzsteuer unterliegen. Betroffen sind prinzipiell auch Schulen und Kitas. Und auch der Kuchenverkauf anlässlich von Schulfesten könnte dann der Umsatzsteuer unterliegen.

Glücklicherweise hat sich die Finanzverwaltung dazu durchringen können, den Kuchenverkauf unbesteuert zu lassen – das Finanzamt sitzt also nicht mit am Tisch.

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Gleichgeschlechtliche Ehe: Zusammenveranlagung für Altjahre auch bei „verspäteter“ Umwandlung der Lebenspartnerschaft?

Viele gleichgeschlechtliche Paare haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umzuwandeln. Natürlich stand bei den meisten wohl nicht das Steuerrecht im Vordergrund, doch immerhin hatte die Umwandlung einen steuerlichen Vorteil: Die Partner konnten nämlich bis zum 31.12.2020 rückwirkend die Zusammenveranlagung beantragen – und zwar für alle Jahre bis zum Beginn der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Dies war auch dann möglich, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig waren. Voraussetzung war allerdings, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum 31.12.2019 in eine Ehe umgewandelt worden ist.

Doch ob die Frist „31.12.2019“ – in steuerlicher Hinsicht – überhaupt eingehalten werden musste, beschäftigt nun den BFH in dem Revisionsverfahren III R 18/23. Die Frage lautet: Ist das Ehegattenwahlrecht aufgrund einer rückwirkenden Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe auch rückwirkend zu gewähren? Weiterlesen

Wofür ist eigentlich die „Überbrückungshilfe Plus“ gezahlt worden?

Wer weiß eigentlich noch genau, welche Förderrichtlinien während der Corona-Pandemie für die jeweiligen Sofort- und Überbrückungshilfen galten? Die haben sich damals so oft geändert, dass man schon einmal durcheinander geraten konnte. Unzählige Verwaltungsgerichte durften und dürfen sich noch mit der Frage befassen, nach welchen Parametern die Soforthilfen tatsächlich zu berechnen waren. Neben den Verwaltungsgerichten sind nun auch die Finanzgerichte an der Reihe, um eine Art Ahnenforschung zu betreiben.

Kürzlich ist das FG Düsseldorf der Frage nachgegangen, ob die Überbrückungshilfe Plus des Landes Nordrhein-Westfalen den steuerpflichtigen Betriebseinnahmen zuzurechnen ist oder steuerfrei bleiben kann, weil sie vermeintlich oder tatsächlich – auch – zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten gezahlt wurde. Es hat sich für eine Besteuerung entschieden, aber die Revision zugelassen (FG Düsseldorf, Urteil vom 7.11.2023, 13 K 570/22 E). Weiterlesen

Erstattungszinsen tarifermäßigt besteuern? BFH rückt von seiner Linie ab!

Erstattungszinsen werden als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert, es sei denn, sie gehören zu einer anderen Einkunftsart, etwa zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb – beispielsweise, weil sie im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer oder Gewerbesteuer stehen. Manchmal kommt es vor, dass Steuererstattungen und Erstattungszinsen mehrere Jahre betreffen, beispielsweise nach einer Betriebsprüfung oder nach langjährigen Gerichtsverfahren.

Die Frage ist, ob in diesem Fall die Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 1 EStG in Betracht kommt. Bislang haben die Finanzverwaltung und der BFH die Anwendung der Fünftel-Regelung abgelehnt.

Gegen eine Erstreckung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf die Erstattungszinsen spreche unter anderem, dass ihre Festsetzung für einen längeren, periodenübergreifenden Zeitraum und der daran anknüpfende Zufluss in einem Betrag keineswegs untypisch sind (BFH-Urteil vom 12.11.2013, VIII R 36/10). Doch nun hat der BFH seine Auffassung geändert. Weiterlesen

Kinderbetreuungskosten: Streit ums Tatbestandsmerkmal „Haushaltszugehörigkeit“ geht nach Karlsruhe

§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG regelt den Abzug von Kinderbetreuungskosten. Der Abzug ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft. Unter anderem muss das Kind zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören. Der Bundesfinanzhof hat kürzlich bestätigt, dass es maßgebend auf die Haushaltszugehörigkeit ankommt. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG verstoße jedenfalls dann nicht gegen das Grundgesetz, wenn die Betreuungsaufwendungen desjenigen Elternteils, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, durch den ihm gewährten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG) abgedeckt werden (BFH-Urteil vom 11.5.2023, III R 9/22).

Doch ob die Haltung des BFH zutreffend ist, muss nun in Karlsruhe entschieden werden, denn der Kläger hat Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Az. beim BVerfG lautet 2 BvR 1041/23. Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung bei Wegzug vom Arbeitsort?

Die Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung werden als Werbungskosten berücksichtigt. Natürlich geht es in erster Linie um die Fälle, in denen ein Arbeitnehmer weit entfernt von seinem Familienwohnsitz eine neue Arbeitsstelle antritt oder in die Ferne versetzt wird und daher ein zweiter Haushalt begründet wird.

Aber es gibt auch die so genannten Wegverlegungsfälle, also Fälle, in denen ein Arbeitnehmer bereits seit längerem eine Wohnung am Arbeitsort nutzt, sich die Familie aber entschließt, vielleicht aufs Land oder in die Heimat zu ziehen. Wird die Wohnung am Arbeitsort beibehalten und erst durch den Wegzug eine doppelte Haushaltsführung begründet, so können die Kosten dennoch beruflich begründet und damit als Werbungskosten abziehbar sein. Dies hat das FG Köln kürzlich bestätigt, auch wenn es im Urteilsfall selbst die berufliche Veranlassung verneint hat (FG Köln, Urteil vom 22.6.2023, 11 K 3123/18). Weiterlesen

Steuerberichtigung bei Forderungsausfall – wie man´s macht, macht man´s falsch

Ist das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung uneinbringlich geworden, muss der Unternehmer den dafür geschuldeten Steuerbetrag berichtigen. So in etwa lautet § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UStG. Es wird zuweilen etwas vergessen, dass es sich hierbei nicht um eine „Kann-„, sondern um eine „Muss-Vorschrift“ handelt und folglich steht dem Unternehmer kein Wahlrecht hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts der Berichtigung zu.

Diese bittere Erfahrung musste kürzlich ein Unternehmer beim FG München machen.

Der – stark verkürzte – Sachverhalt:

Der zugrunde liegende Sachverhalt war recht komplex. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Unternehmer erbrachte Leistungen für eine Kommune, die aber nicht gezahlt hat, obwohl die Schlussabnahme der Arbeiten Mitte 2015 fast ohne Mängelrügen erfolgte. Der Unternehmer verklagte die Stadt daraufhin, deren Klageerwiderung erfolgte noch in 2015. Weiterlesen