Debatte um Solidaritätszuschlag geht weiter: BMWi legt Eckpunktepapier vor

Erst am 21.8.2019 hat das Bundeskabinett sich auf einen Gesetzentwurf „zur Rückführung des Solidaritätszuschlages („Soli“) verständigt. Eine gute Woche später fordert nun das BMWi abermals eine vollständige Abschaffung des Soli und kurzfristig „Freibeträge“ statt „Freigrenzen“. Das verspricht weiteren „Sprengstoff“ im Gesetzgebungsverfahren!

Hintergrund

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf beschlossen, nachdem ab VZ 2021 durch Anhebung der Freigrenzen in § 3 SolzG rund 90 Prozent der Steuerzahler vollständig, weitere 6,5 Prozent stufenweise vom Soli entlastet werden. Lediglich rund 3,5 Prozent der besserverdienenden Steuerzahler sollen auch weiterhin den ungekürzten Soli in Höhe von 5,5 Prozent der tariflichen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer zahlen.

BMWi legt Eckpunkte einer Mittelstandsstrategie vor

Zur Entlastung des Mittelstands, zu dem rund 99 Prozent der Unternehmen gerechnet werden, die knapp 80 Prozent der Ausbildungsplätze sowie knapp 60 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze stellen, hat das BMWi am 29.8.2019 ein Eckpunktepapier für eine Mittelstandsstrategie vorgelegt. Weiterlesen

Solidaritätszuschlag: „Framing“ wohin man schaut

In jüngster Zeit ist häufiger von dem englischen Begriff  „Framing“ (zu deutsch „Einrahmen“) zu hören. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Deutungen dieses Begriffs. Ich versuche, sie mit meinen eigenen Worten wiederzugeben: Es wird – insbesondere in der politischen Agenda – ein Schwerpunkt gesetzt. Die politischen Akteure verständigen sich darauf, zu diesem Schwerpunkt ein oder zwei Begrifflichkeiten zu finden, die sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholen und die irgendwann in den allgemeinen Sprachgebrauch übergehen. Wichtiger aber: Da die Begrifflichkeiten und vor allem ihr Zusammenhang von den Medien ungefiltert und unbedacht übernommen werden, gehen sie nicht nur in den Sprachgebrauch, sondern auch in das „Denken“ über.

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Solidaritätszuschlag und kein Ende: Jetzt droht riesige Klagewelle gegen den Soli

Am 21.8.2019 hat die Bundesregierung den nachgebesserten Gesetzentwurf zur Rückführung des Solidaritätszuschlages („Soli“) beschlossen. Schon jetzt zeichnet sich eine Klagewelle gegen die weitere Erhebung des „Soli“ ab 2020 ab. Doch von wem droht eine Klage, für wen macht eine Klage Sinn?

Bundesregierung hat Gesetzesbegründung nachgebessert

Am 21.8.2019 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf beschlossen, der jetzt in den Bundestag eingebracht wird. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich, weil eine Bundessteuer betroffen ist, deren Aufkommen allein dem Bund zusteht (Art. 106, Art. 105 GG). Der Bundestag kann also mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen das Gesetz schnell verkündungsreif machen, auch wenn seine Entlastungswirkungen mit einer Freistellung von rund 90 Prozent der Steuerzahler und einer stufenweisen Entlastung von weiteren rund 6,5 Prozent der Steuerzahler erst ab VZ 2021 greifen sollen.

Interessant ist, dass sich die Bundesregierung ihrer Sache offenbar selbst nicht ganz sicher ist: Denn auf Hinweis des Bundesjustizministeriums (BMI) hat sie die Gesetzesbegründung zur Zielsetzung und Notwendigkeit des Gesetzes ausgeweitet. Weiterlesen

Bundesregierung verabschiedet BMF-Gesetzentwurf zum Solidaritätszuschlag

Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags („Soli“) war noch bis zum 19.8.2019 ein steuerpolitischer Zankapfel der Regierungsparteien. Jetzt hat die Bundesregierung aber nun doch den BMF-Gesetzentwurf beschlossen: Ab 2021 soll der „Soli“ für rund 90 Prozent der Steuerzahler ganz entfallen, weitere 6,5 Prozent werden stufenweise entlastet, für „besserverdienende“ 3,5 Prozent der Steuerzahler bleibt der Soli aber unverändert – ob das vor den Gerichten halten wird? Weiterlesen

Wann kommt das vollständige Soli-Abschaffungsgesetz?

Auch im Koalitionsausschuss vom 18.8.2019 konnten sich die Regierungsparteien nach den unterschiedlichen Modellen vom BMF und BMWi nicht auf einen gemeinsamen Kurs zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags einigen. Dabei steigen die verfassungsrechtlichen Risiken immens.

Hintergrund

Ich hatte berichtet: Das BMF hat am 6.8.2019 einen Gesetzentwurf vorgelegt, nach dessen Inhalt ab 2021 rund 90 Prozent der Steuerzahler vom Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent der tariflichen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer befreit werden sollen. In einer sog. Milderungszone sollen rund weitere 6,5 Prozent der Steuerzahler stufenweise entlastet werden, weitere 3,5 Prozent (Spitzenverdiener) sollen den Soli unverändert zahlen.

Der Haken: Gerade diejenigen, die schon heute mehr als die Hälfte des Soli-Aufkommens beitragen, sollen weiterhin belastet werden. Das würde vor allem die Wirtschaft hart treffen, da 85 Prozent der Unternehmen Personengesellschaften mit einem Soli-Aufkommen von rund 3,2 Mrd Euro sind, im Übrigen Kapitalgesellschaften ein weiteres Soli-Aufkommen von rund 2 Mrd. Euro beisteuern. Weiterlesen

Endlich soll der Soli fallen – aber leider nicht für alle!

Noch im August wird es so weit sein: Nach mehr als zwei Jahrzehnten will die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags auf den Weg bringen; davon sollen nunmehr 96,5 Prozent aller Steuerzahler profitieren – mehr als bisher gedacht.

Hintergrund

Der Solidaritätszuschlag ist eine Finanzierungsquelle für die Herstellung der deutschen Einheit. Nachdem es bereits 1991/1992 einen zeitlich befristeten Vorläufer gegeben hatte, wurde der Solidaritätszuschlag ab 1995 unbefristet eingeführt. Bemessungsgrundlage dieser Zuschlagsteuer ist die festgesetzte Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer sowie deren Vorauszahlungen und Abzugssteuern (Lohn- und Kapitalertragsteuer). Der Zuschlagsatz wurde zum 1.1.1998 von 7,5 Prozent auf 5,5 Prozent gesenkt. Das Steueraufkommen steht allein dem Bund zu, abgabepflichtig sind alle unbeschränkt oder (erweitert) beschränkt Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflichtigen.

Das Steueraufkommen ist immens: In 2018 betrug das Aufkommen aus Solidaritätsbeitrag 18,9 Mrd. Euro. Die Finanzplanung des Bundes sieht für 2020 ein Aufkommen aus Solidaritätszuschlag in Höhe von 20 Mrd. € vor, für 2021 nochmals 20,9 Mrd. €. Bereits 1995 war angekündigt worden, dieses „finanzielle Opfer“ mittelfristig zu überprüfen (BT-Drucks. 12/4401); geworden ist daraus bislang nichts. Immerhin hat die Bundesregierung jetzt unlängst signalisiert, dass die Freigrenzen beim Soli ab 2020 angehoben werden sollen (BT-Drucks. 19/6780).

Was ist Inhalt des BMF-Gesetzentwurfs vom August 2019? Weiterlesen

Die „bösen Revisoren“ – Kritik am Bundesrechnungshof als schlechtes Beispiel für den Umgang mit Prüfern

Jüngst war zu lesen, Politiker auf Bundesebene mokierten sich über den Bundesrechnungshof, der mit seinen Berichten gerade auch schon in der Frühphase von Projekten Bedenken geltend macht. Kritisch geäußert hatte sich der Bundesrechnungshof im Hinblick auf Risiken aus der Reform des Euro-Rettungsfonds ESM und der Beibehaltung des Solidaritätszuschlags. Formal wird hier teils mit der Qualität der Berichte argumentiert. Dabei drängt sich sofort die Frage auf, ob es sich um „Hilfsargumente“ handelt, um die „Revisoren“ zum Schweigen zu bringen und selbst freie Hand bei Entscheidungen zu haben? Weiterlesen

Sprudelnde Steuereinnahmen – wann folgen spürbare Steuersenkungen?

Steuerschätzung mit abermaliger Zunahme der Steuereinnahmen

Im Frühjahr und Herbst gehen die Steuerschätzer ans Werk. Nach der nur wenige Tage alten Prognose werden trotz erster Bremsspuren am Konjunkturhimmel  die Steuereinnahmen in diesem Jahr und den nächsten  Jahren bis 2023 sogar noch höher ausfallen als bisher angenommen. Der aktuellen Schätzung zufolge steigen sie von knapp 735 Milliarden Euro im Jahr 2017 jedes Jahr um durchschnittlich gut 35 Milliarden Euro auf 941 Milliarden Euro bis Ende 2023! Das bedeutet: Allein der Bund wird bis 2023 gut 68 Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben als noch 2017 – das sind für diesen Zeitraum noch einmal zehn Milliarden Euro mehr als noch im Mai 2018 angenommen. Gleichzeitig schnellen auch  die Steuereinnahmen der Länder und Gemeinden in die Höhe. Damit erhöht sich der finanzielle Spielraum des Staates abermals. Weiterlesen

Der Koalitionsvertrag und die Besteuerung natürlicher Personen

Trotz schwieriger Verhandlungen haben sich CDU, CSU und SPD letztlich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Im folgenden Blogbeitrag sind die für natürliche Personen geplanten Neuerungen des 177 Seiten umfassenden Koalitionsvertrags zusammengetragen.

Die Große Koalition konzentriert die im Koalitionsvertrag für Steuersenkungen reservierten Mittel weitgehend auf natürliche Personen. Neben der Soli-Senkung ist die Erhöhung von Kindergeld/-freibetrag die umfangreichste Entlastungsmaßnahme.

Steuersenkung für Geduldige

Der Solidaritätszuschlag soll schrittweise abgeschafft werden. Der erste Schritt ist jedoch erst zum Ende dieser Legislaturperiode im Jahr 2021 geplant, damit die Wähler diese Entlastung vor der kommenden planmäßigen Bundestagswahl dann noch frisch im Gedächtnis haben. Ein Schelm, wer dort einen Zusammenhang hineininterpretiert. Dann sollen 90 Prozent aller Soli-Zahler vollständig entlastet werden. Das Entlastungsvolumen beträgt 10 Mrd. Euro. Technisch ist eine deutliche Anhebung der bisher sehr geringen Freigrenze für natürliche Personen mit anschließender Gleitzone vorgesehen. Personen oberhalb der Gleitzone zahlen wie bisher den vollen Solidaritätszuschlag. Nach der gewählten Formulierung des Koalitionsvertrags werden Kapitalgesellschaften, für die es derzeit keine Freigrenze gibt, wohl nicht entlastet. Die bis 2021 verbleibende Zeit sollte die Große Koalition nutzen, dies zu überdenken. Auch ein Datum für die vollständige Soli-Abschaffung wäre überfällig.

Kindergeld rauf

Das Kindergeld soll in zwei Teilschritten zum 01.07.2019 um zehn Euro und zum 01.01.2021 um weitere 15 Euro erhöht werden. Weiterlesen

Vorläufiger Rechtsschutz bei Verstoß gegen das Grundgesetz (Solidaritätszuschlag)

Der Streit, unter welchen Bedingungen vorläufiger Rechtsschutz im Sinne des § 361 AO, alternativ § 69 FGO, zu gewähren ist, wird wohl immer anhalten. Jüngst hat der II. Senat des BFH die „alte Leier“, dass das öffentliche Interesse gegenüber dem Steuerpflichtigen überwiegt, betont (II B 91/15). Es geht um den Solidaritätszuschlag, also um eine „vorübergehende“ Steuererhebung auf Zeit. Niemand weiß, wann diese Steuer erstmalig erhoben wurde, deshalb dürfte bei den jungen Richtern das „Zeitgefühl“ für eine richtige Entscheidung bereits fehlen. Der Mensch gewöhnt sich so schnell an das, was ihm vorgesetzt wird. Die kritischen Denkelemente werden zurzeit in unserer Gesellschaft immer mehr zurückgedrängt. Weiterlesen